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Die Landkarte der Finsternis

Die Landkarte der Finsternis

Titel: Die Landkarte der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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fühl mich gut … Das Einzige, was ich ehrlich bedauere, ist, dass ich nie auf der Schule war.«
    Â»Was für einen Beruf hättest du dir denn ausgesucht, wenn du einen Schulabschluss hättest?«
    Â»Lehrer«, sagt er, ohne zu zögern. »In meinem Dorf gab es einen. Das war ein feiner, zurückhaltender Typ, und die Leute behandelten ihn mit Respekt. Immer, wenn er bei uns vorüberkam, bin ich aufgestanden. Das hat sich so gehört. Er hatte einfach Stil, dieser Dorfschullehrer. Mein Vater sagte, das komme daher, dass er Bildung hatte, und nichts geht über Bildung.«
    Â»Und deshalb trägst du eine Brille? Weil du damit wie ein Lehrer aussiehst?«
    Â»Ist doch nicht verboten zu träumen.«
    Â»Im Gegenteil, das ist das einzige Recht, das einem kein Gesetz nehmen kann … Ich nehme an, du bist Moussa gefolgt, weil er über Bildung verfügt?«
    Blackmoon grinst verächtlich:
    Â»Moussa verfügt über gar nichts. Joma sagt, dass er ein Intellektueller ist, und ein Intellektueller, sagt Joma, ist ein Klugscheißer, der sich aufführt wie ein Zirkuspferd. Ein Angeber ist er, weiter nichts, der gute Moussa. Der glaubt doch selber nicht ein Sterbenswort von den Ansprachen, mit denen er uns auf den Keks geht.«
    Â»Wenn das so ist, warum bleibst du dann bei ihm?«
    Â»Ich bin ja gar nicht bei ihm, ich bin bei Joma.«
    Â»Bist du verwandt mit ihm?«
    Â»Joma hat keine Familie. Er sagt, er sei vom Himmel gefallen wie eine Sternschnuppe.«
    Â»Und warum bleibst du bei Joma?«
    Â»Weil ich ihn mag. Man muss ihn zu nehmen wissen, aber er ist in Ordnung. Ich kenne ihn seit Jahren. Er war Schneider auf dem Marktplatz in meinem Dorf, und ich war sein Boy.«
    Â»Was ist denn ein Boy?«, frage ich Bruno.
    Â»Ein Junge für alle Fälle«, antwortet mir Blackmoon. »Ich habe sein Mofa geputzt, seine Stoffballen sortiert und für ihn eingekauft. Dafür hat er sich um mich gekümmert … War ein gutes Leben, damals«, seufzt er tief. »Wir hatten Frieden und stellten keine großen Ansprüche. Wir wussten ja noch nicht mal, ob es jenseits unseres Dorfes überhaupt noch etwas gab …«
    Betrübt lässt er den Kopf sinken, hängt den Erinnerungen an diese Epoche seines Lebens nach.
    Â»Was ist denn passiert?« Bruno lässt nicht locker.
    Â»Wie?« Blackmoon, der mit den Gedanken in der Vergangenheit ist, fährt hoch. »Was passiert ist? Das, was kein Ende mehr finden wird«, sagt er mit dumpfer, belegter Stimme: »Das Chaos …! Eine Bombe ist auf dem Marktplatz explodiert. Niemand hat verstanden, warum. Vielleicht gab es auch nichts zu verstehen. Joma hat seine Schneiderwerkstatt verloren und damit alles, was sein Leben ausmachte. Er hat seine Nähmaschine, seine Stoffballen und Scheren seinen Gläubigern vermacht und ist in den Krieg gezogen. Ich bin ihm gefolgt …«
    Er wird von Ewana unterbrochen, der von der Latrine zurückkommt.
    Â»Hört nicht auf den«, ruft er uns zu. »Der Typ ist eine Niete. Der ginge noch ’nem Toten im Grab auf den Sack, wenn er nur für sein Seelenheil betet.«
    Â»Ach, du kannst mich mal«, antwortet Blackmoon.
    Â»Ja, wie denn, du Vogelscheuche? Du hast doch keinen Arsch in der Hose.«
    Ewana verschwindet hinter einer Ruine.
    Blackmoon beginnt heftig zu atmen. Sein Adamsapfel hüpft so hitzig wie ein Kolben in seinem Kehlkopf auf und ab. Nur langsam wird das Zucken in seinem Gesicht schwächer und sein Blick versöhnlicher.
    Â»Und du, bist du auch allein auf der Welt?« Bruno ist wirklich hartnäckig.
    Blackmoon zieht die Brauen hoch, denkt nach, mustert den Franzosen von Kopf bis Fuß:
    Â»Hey, sag bloß, bist du vielleicht so ein Seelenklempner? Ziehst mir die Würmer aus der Nase, ohne dass ich es merke. Wie machst du das? Kann es sein, dass du mir gerade meine Seele stiehlst, wie unsere Griots?«
    Â»Ich bin doch keiner von euren afrikanischen Barden.«
    Â»Was für einen Trick hast du denn dann?«
    Â»Gar keinen Trick. Wir reden, das ist alles. Von Mann zu Mann. Ohne Hintergedanken. Ich höre dir zu, und du öffnest mir dein Herz.«
    Blackmoon grübelt eine Weile, findet die Argumente des Franzosen plausibel und entgegnet:
    Â»Vielleicht hast du recht. Nicht, dass ich kein Vertrauen hätte, aber hierzulande bist du ein toter Mann, wenn du nicht höllisch aufpasst. Du kannst nie wissen,

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