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Die Landkarte der Finsternis

Die Landkarte der Finsternis

Titel: Die Landkarte der Finsternis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Yasmina Khadra
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er. »Ihr solltet wegen uns keine Zeit verlieren.« Nach einer halben Stunde fruchtloser Diskussion gibt die spanische Ärztin sich geschlagen, nunmehr in der Gewissheit, dass der junge Mann niemals mitkommen wird. Nachdem sie sich beraten haben, beschließen die drei Rotkreuzärzte, jetzt aber unverzüglich aufzubrechen, da zu befürchten sei, dass der Wüstenwind noch bis zu Sandsturmstärke anschwellen könne.
    Wir haben uns den ganzen langen Tag humpelnd vorwärtsbewegt und dabei vorzugsweise den Weg durch Bodensenken und trockene Flussbetten gewählt, um so unauffällig wie möglich voranzukommen. Trotz der bescheidenen Sichtverhältnisse gibt Jibreel, unser Guide, uns das Gefühl, genau zu wissen, wohin er uns führt, und das hilft uns, unsere Erschöpfung zu überwinden. Unser Marschtempo wird durch das Unwohlsein einiger alter Leute immer wieder gebremst. Wir wissen um die Notwendigkeit, über uns selbst hinauszuwachsen, denn jeder Halt, jede Verzögerung birgt ein Risiko. Gegen Abend legt sich der Wind, und die Staubfahnen verfliegen. Für die Nacht sucht Elena Juarez der Gruppe einen Platz in einer kahlen Bodenmulde.
    Bruno schmollt. Seit unserem Wortgefecht meidet er mich. Die wenigen Male, als unsere Blicke sich gekreuzt haben, hat er sich abgewandt, bevor ich ihm auch nur ein Zeichen geben konnte. Mir wird bewusst, wie sehr ich ihn verletzt habe, und ich ärgere mich über mich selbst, dass ich meine Meinung nicht für mich behalten konnte.
    Zwei kleine Jungen und ein Mädchen, allem Anschein nach Geschwister, nähern sich mir, während ich meinen Schlafsack im Sand ausbreite. Sie tragen ausgeblichene Hemdchen, die um ihre schrammigen Knie schlabbern, und verschlissene Shorts. Der Älteste, vielleicht acht oder neun Jahre alt, hat dieselben Oberarm-Amulette wie Joma. Das Mädchen und der andere Junge haben aufgedunsene Gesichter, verklebte Augen und Schniefnasen. Sie setzen sich stumm neben mich in den Sand. Ich hole eine Konservendose aus meinem Rucksack. Der Älteste macht mit dem Kinn eine ablehnende Bewegung und zeigt auf die Taschenlampe, die aus meiner Hosentasche lugt.
    Â»Willst du die?«
    Er nickt.
    Ich reiche ihm die Taschenlampe. Er nimmt sie mit seinen schwieligen Händen, deren Gelenke aufgeschürft sind, betrachtet sie strahlend, zeigt sie seinem Bruder und seiner kleinen Schwester. An der Art, wie er sie an sich presst, verstehe ich, dass er mich fragt, ob er sie behalten darf. Ich willige ein. Die drei Kinder kreischen kurz auf und rennen davon, aus Angst, ich könnte es mir anders überlegen. Der Jüngste kommt noch einmal kurz zurück, um schnell auch noch die Konservendose mitgehen zu lassen, und saust los, um die anderen einzuholen, ohne sich noch einmal umzudrehen. Elena Juarez, die unserem Spielchen zugeschaut hat, kommt aus dem Schatten hervor und kauert sich mir gegenüber hin, mit zwei Bechern dampfenden Kaffees in den Händen.
    Â»Ich hoffe, ich störe Sie nicht.«
    Â»Im Gegenteil.«
    Â»Danke …«
    Â»Ich wollte mich sowieso noch für mein gestriges Benehmen entschuldigen.«
    Â»Ach, halb so wild. Wir sind doch alle ziemlich angespannt, da tut es ganz gut, wenn man von Zeit zu Zeit ein wenig Luft ablassen kann.«
    Â»Es gehört keineswegs zu meinen Gewohnheiten, mich so danebenzubenehmen.«
    Â»Das bezweifle ich nicht.«
    Â»Manchmal kann ich kaum glauben, was aus mir geworden ist. Man könnte meinen, dass es mir eine geradezu krankhafte Freude bereitet, unangenehm zu sein. Dabei sieht mir das gar nicht ähnlich. Ich bin eher der Typ, der nicht allzu sehr insistiert, wenn die Diskussion zu hitzig wird. Nachdem Sie neulich gegangen sind, bin ich Bruno gegenüber richtig ausfallend geworden. Deshalb schmollt er jetzt mit mir.«
    Â»Komisch, er hat das Gefühl, dass er es ist, der sich Ihnen gegenüber schlecht benommen hat. Er hat mir von Ihrem kleinen Geplänkel erzählt.«
    Â»Nein, es ist meine Schuld. Bruno ist ein anständiger Kerl. Ich allein bin ausgeflippt. Ich gestehe, ich blicke immer weniger durch, was eigentlich mit mir los ist.«
    Sie bietet mir eine Zigarette an. Ich erkläre ihr, dass ich gleich nach dem Studium mit dem Rauchen aufgehört habe. Sie findet, das sei eine weise Entscheidung gewesen, und bekennt, sie habe es auch schon etliche Male versucht, sich aber nach zwei oder drei Monaten Abstinenz immer wieder mit einem

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