Die Landkarte der Zeit
Hintertür geführt, und nachdem sie
ein etwas vernachlässigtes Gärtchen durchquert hatten, waren sie in die kleine Küche gestürmt.
«Wer sind Sie, und was machen Sie in meinem Haus?», fragte der Schriftsteller, ohne sich vom Stuhl zu erheben, vielleicht
weil sein Körper auf diese Weise ein weniger gutes Ziel für den Revolver abgab, der auf ihn gerichtet und zweifellos der Grund
dafür war, dass er seine Frage in diesem unangebracht wohlerzogenen Ton gestellt hatte.
Immer noch auf den Schriftsteller zielend, drehte sein Cousin sich zu ihm um und nickte ihm zu. Jetzt war für Andrew der Moment
gekommen, in Aktion zu treten. Er fand es übertrieben, mit Waffengewalt in das Haus des Schriftstellers einzudringen, und
bedauerte jetzt, die ganze Planung seinem Cousin überlassen zu haben, der sie in eine wahrhaft unbehagliche Lage gebracht
hatte. Aber es gab kein Zurück mehr, und so näherte sich Andrew dem |219| Schriftsteller, entschlossen, ebenfalls zu improvisieren. Er hatte nicht die geringste Vorstellung von dem, was er tun sollte.
Klar war ihm nur, dass er sich genauso entschlossen zeigen musste wie sein Cousin. Er zog den ausgeschnittenen Zeitungsartikel
aus der Jacke und knallte ihn auf den Tisch, genau zwischen die Hände des Autors.
«Ich will, dass dies dort nicht passiert», sagte er entschieden.
Wells betrachtete gleichgültig den Zeitungsausschnitt, dann die beiden Eindringlinge, wobei er seinen Blick wie ein Pendel
von einem zum andern schwingen ließ, schließlich begann er mit ausdrucksloser Miene zu lesen. Einen Moment später hob er den
Kopf.
«Ich muss Ihnen leider mitteilen, dass dieser tragische Vorfall bereits passiert ist und somit der Vergangenheit angehört.
Und wie Sie wissen werden, ist die Vergangenheit nicht zu ändern», sagte er höflich, während er Andrew das Papier zurückgab.
Andrew zögerte kurz, dann nahm er das angegilbte Papier etwas verwirrt in Empfang und verstaute es wieder in der Jackentasche.
Peinlich berührt durch die intime Nähe, zu der die enge Küche sie zwang, in der keine Stecknadel mehr Platz zu finden schien,
starrten die drei Männer sich wortlos an wie Bühnenschauspieler, die vergessen hatten, wie die Szene weitergehen sollte.
«Sie irren sich», sagte Charles wie in einer plötzlichen Erleuchtung. «Die Vergangenheit lässt sich sehr wohl ändern; und
zwar mit Hilfe einer Zeitmaschine.»
Wells warf ihm einen mitleidig müden Blick zu.
«Ich verstehe», murmelte er, als hätte er widerwillig und voller Enttäuschung begriffen, um was es eigentlich ging. |220| «Aber Sie irren sich, wenn Sie glauben, ich besäße eine. Ich bin nur ein Schriftsteller, Gentlemen.» Er zuckte entschuldigend
die Schultern. «Ich besitze keine Zeitmaschine. Ich habe sie mir nur ausgedacht.»
«Das glaube ich nicht», erwiderte Charles.
«Es stimmt aber», seufzte Wells.
Charles suchte Andrews Blick, als könne der ihm verraten, wie es mit diesem Wahnsinn weitergehen sollte. Sie waren in eine
Sackgasse geraten. Andrew wollte seinen Cousin gerade bitten, die Waffe herunterzunehmen, als eine Frau mit einem Fahrrad
in die Küche kam. Eine zierliche und überraschend hübsche junge Dame, die mit besonderer Liebe von einem Gott gestaltet schien,
der es leid gewesen war, immer nur gewöhnliche Menschen zu schaffen. Mehr noch jedoch wurde Andrews Aufmerksamkeit von der
Maschine angezogen, die sie mit sich führte, eines dieser sogenannten Fahrräder, die allmählich die Pferde verdrängten, weil
man mit ihnen ohne große Anstrengung und angenehm geräuschlos über die Landstraßen fahren konnte. Charles jedoch ließ sich
dadurch nicht ablenken. Er identifizierte die junge Dame unverzüglich als Wells’ Gattin, ergriff ihren Arm, riss sie zu sich
heran und drückte ihr den Lauf des Revolvers an die Schläfe. Seine Bewegungen waren so schnell und geschmeidig, dachte Andrew
überrascht, als hätte er sein Leben lang nichts anderes getan.
«Ich gebe Ihnen eine letzte Chance», sagte Charles zu Wells, der kreidebleich geworden war.
Es folgte ein ebenso nichtssagender wie blödsinniger Dialog, den ich hier trotz seiner geringen Aussagekraft wörtlich wiedergeben
will, weil es nicht in meiner Absicht |221| liegt, irgendeine Textstelle dieser Erzählung besonders aufzupolieren.
«Jane», rief Wells mit versagender Stimme.
«Bertie», antwortete Jane verstört.
«Charles …», begann Andrew.
«Andrew», schnitt Charles ihm das
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