Die Lange Erde: Roman (German Edition)
sich fortbewegt«, sagte Lobsang. »Und wo wir gerade dabei sind, könnte der Himmel auch gleich eine Vermutung darüber anstellen, wieso das Wasser rings um sie auf einmal nur so vor Fischen wimmelt.«
Das stimmte, wie Joshua jetzt sah. Das Wasser glänzte und glitzerte vor lauter Flossen, Delfine schlugen Saltos in der Luft. Erste Person Singular reiste mit einer Ehrengarde. Joshua war daran gewöhnt, in den verschiedenen Welten auf vor Leben schier überquellende Flüsse zu treffen. Dort, wo es keine Menschen gab, schienen die Meere überall so voll zu sein wie die alten Grand Banks vor Neufundland, wo man früher angeblich auf den Unmengen von Kabeljau regelrecht über das Wasser spazieren konnte. Wer die Datum-Erde nie verlassen hatte, wusste nicht, was ihm entging. Allerdings waren wahrscheinlich nicht einmal die Grand Banks zu ihren besten Zeiten so fischreich gewesen wie das Meer rings um die gewaltige Reisende.
»Sie verfügt offensichtlich über die Gabe, weniger entwickelte Lebewesen anzulocken«, sagte Sally. »Wahrscheinlich zieht sie sie in ihren Bann, um sie dann zu absorbieren.«
Lobsang war in Plauderstimmung. »Was für ein überwältigender Anblick! Seht ihr diese Delfine? Die sind besser als jede Busby-Berkeley-Choreografie!«
»Wer um alles in der Welt ist Busby Berkeley?«, wollte Sally wissen.
Sogar Joshua konnte ihr diese Frage beantworten.
Sally warf einen misstrauischen Blick in die Runde. »Wenn ihr zwei jetzt wieder mit euren alten Filmen anfangt …«
Lobsang räusperte sich. »Hat jemand letzte Nacht irgendetwas Ungewöhnliches erlebt?«
Joshua und Sally wechselten einen Blick.
»Du hast damit angefangen, Lobsang«, sagte Sally. »Worauf willst du hinaus?«
»In meinem Fall war es etwas, was ich als Hacker-Angriff empfunden habe. Eine ziemliche Herausforderung, weil die Jungs von der Black Corporation mich schon aus sportlichen Gründen ständig zu hacken versuchen und ich deshalb ständig auf der Hut bin. Trotzdem hat in der vergangenen Nacht etwas einen ziemlich kühnen Versuch gestartet. Allerdings glaube ich, dass es ein durchaus wohlwollender Versuch gewesen ist. Nichts ist gestohlen, nichts verändert worden, aber ich glaube, dass ein paar Gedächtnisspeicher angezapft und kopiert worden sind.«
»Was denn zum Beispiel?«, fragte Sally.
»Informationen über die Trolle. Informationen zum Wechseln. Das passt zu dem, was du erzählt hast, Joshua. Aber es ist nur eine sehr lückenhafte Hypothese. Für mich ist es so, als würde man versuchen, eine Erinnerung wiederzuerlangen.«
» War es nur Wachtraum, oder eine Vision? «, fragte Sally. Die beiden anderen starrten sie an, dann wurde sie rot und raunzte trotzig: »Was denn? Bloß weil ich Keats kenne? Viele Leute kennen Keats, mein Großvater hat oft Gedichte von ihm vorgetragen.«
»Ich kenne Keats auch«, beruhigte sie Joshua. »Genau wie Schwester Georgina. Du solltest sie mal kennenlernen. Aber ich hatte auch einen Wachtraum. Ich habe mich wieder einsam gefühlt.«
»Ich auch«, gab Sally zu. »Aber in meinem Fall war es etwas Wunderbares. Eine Art Begrüßung.«
»War sie denn herzlich genug?«, fragte Lobsang, »So herzlich, dass du dir überlegt hast, ins Wasser zu springen und deine Identität aufzugeben? Wir kommen übrigens näher. Ich glaube, sie hat darauf gewartet, dass wir sie einholen, und ich würde sie unglaublich gern einholen.«
»Entschuldigung«, sagte Sally. »Ich habe nicht die Absicht, an Bord dieses schwimmenden Dingsbums zu gehen und mich in den Zoo in ihrem Inneren aufnehmen zu lassen.«
»Erfreulicherweise bin ich der Einzige, Sally, der einen Fuß auf Erste Person Singular setzen wird. Zumindest hat diese mobile Einheit das vor. Ich möchte noch ausführlicher mit ihr kommunizieren, ehe sie ihre Wechsel-Reise fortsetzt, und sie überreden, damit aufzuhören.«
Joshua dachte darüber nach. »Was ist, wenn sie nicht damit aufhört? Kann man sie denn aufhalten?«
»Was schlägst du vor, Joshua?«, fuhr Lobsang ihn an. »Wie willst du dich gegen sie stellen? Mal abgesehen davon, dass du jede Welt, die sie bewohnen kann, zerstören könntest, indem du dich mit einem Geschwader von Atombombern nach hinten zurückarbeitest …« Er hörte sich ein wenig herablassend an. »Ihr denkt so beschränkt, und zwar alle beide. Euch fällt nichts anderes ein, als zu drohen. Vielleicht hat es etwas mit eurer biologischen Gebrechlichkeit zu tun. Hört mir genau zu. Sie will von uns lernen, dabei können
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