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Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Titel: Die Lange Erde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Stephen Baxter
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ansah.
    »Was, noch einer?«, sagte eine Frau.
    Unter dem Schmutz war sie durchaus attraktiv. Eine attraktive Frau, die sich über ihn lustig machte. Jim schaute mit rotem Kopf zur Seite.
    »Sieht ganz so aus«, sagte der erste Mann. »Was hast du vor, Kumpel? Bist du hier, um mit Sutters Gold steinreich zu werden?«
    »Was geht dich das an?«
    Der Mann schüttelte den Kopf. »Was ist bloß los mit Leuten wie dir? Ihr denkt ungefähr einen Schritt weit, aber den nächsten schon nicht mehr, schon gar nicht den übernächsten.« Jim fand, dass sich der Typ wie ein Streber anhörte, spöttisch und arrogant. »Du hast dir gedacht, dass es hier jede Menge Gold zu holen gibt. Das stimmt auch. Aber wie sieht es mit der gleichen Stelle auf West 6, West 7 und West 8 aus, und immer so weiter? Was ist mit den vielen anderen, die genau wie du irgendwo da draußen in den vielen Wechselwelten im Fluss stehen und schürfen? Daran hast du nicht gedacht, stimmt’s?« Er zog einen Goldklumpen von der Größe eines Taubeneis aus der Hosentasche. »Lass dir eins gesagt sein, mein Freund: Alle anderen hatten genau dieselbe Idee!«
    »Jetzt sei doch nicht so herzlos, Mac«, sagte die Frau. »Wenn er sich beeilt, kann er trotzdem noch ein bisschen Geld verdienen. Noch ist Gold nicht völlig abgewertet, noch ist nicht allzu viel zurückgebracht worden. Und er kann es immer noch als Rohstoff verkaufen. Aber es stimmt schon, Gold ist einfach nicht mehr … na ja, es ist nicht mal mehr sein Gewicht in Gold wert!«
    Mehr Gelächter.
    Mac nickte. »Ein weiteres Beispiel für den erstaunlich belanglosen wirtschaftlichen Wert all dieser Wechselwelten. Ein echtes Paradoxon.«
    Das überhebliche Getue dieses Schlaumeiers ging Jim gehörig auf den Geist. »Wenn es nichts wert ist, Herr Professor, was habt ihr dann alle hier zu suchen?«
    »Ach, wir haben auch geschürft und gegraben«, antwortete Mac. »Wir haben die Spuren von Marshall und den anderen zurückverfolgt, genau wie du. Wir sind noch weiter rausgegangen. Wir haben sogar eine Kopie der Sägemühle gebaut, und eine Schmiede, um Eisenwerkzeuge herzustellen, damit wir das Gold auf die gleiche Art und Weise wie die Pioniere finden und einsammeln können. Uns geht es um Geschichte, um die Rekonstruktion von Geschichte. Kommt nächstes Jahr im Discovery-Channel. Schau’s dir an. Aber wegen des Goldes selbst sind wir nicht hier gewesen. Hier, fang!« Er warf Jim das Goldei zu. Es landete zu seinen Füßen im feuchten Kies.
    »Blöde Arschlöcher.«
    Macs Lächeln erstarb, als wäre er von Jims Manieren enttäuscht. »Meine Damen und Herren, ich glaube, unser neuer Freund ist kein guter Verlierer. Na, auch gut …«
    Fäusteschwingend trampelte Jim auf die Gruppe zu. Sie lachten noch, als sie einer nach dem anderen verschwanden. Er konnte keinen einzigen Hieb landen.

7
    S ally Linsays Abschied von der Datum-Erde, ein Jahr nach dem Wechseltag, war keineswegs ihr erster Schritt in die Lange Erde. Sie verließ diese Welt, weil ihr Vater schon vor ihr gegangen war. Und vor ihm bereits ein Großteil ihrer Familie. Sie war neunzehn Jahre alt.
    Sie hatte sich viel Zeit damit gelassen. Zeit, in der sie ihr Gepäck zusammenstellte und ihre Angelegenheiten regelte. Schließlich hatte sie nicht vor zurückzukommen.
    Dann streifte sie sich eines Morgens ihre ärmellose Anglerjacke mit den vielen Taschen über, nahm ihren Rucksack und verließ das Zimmer im Haus ihrer Tante zum allerletzten Mal. Tante Tiffany war nicht da, was Sally nicht ganz ungelegen kam, denn Abschiednehmen lag ihr nicht besonders. Sie ging hinüber zur Park Street und spazierte über das Universitätsgelände. Niemand war zu sehen, nicht einmal eine Putzkraft. Die Uni Wisconsin schlief noch. Außerdem war es an diesem frühen Morgen noch ruhiger als sonst, das spürte sie genau. Vielleicht waren schon mehr Leute weggewechselt, als sie angenommen hatte. Am Seeufer schlug sie den Fußweg nach Westen ein, vorbei an der Bibliothek und weiter bis zur Picknickstelle. Draußen auf dem Lake Mendota kreuzten ein paar Segelboote und ein zäher Windsurfer in einem grellorangefarbenen Neoprenanzug; auch eine Handvoll Boote vom Ruderklub der Uni waren unterwegs. Die von den Trainern durch Megafone geplärrten Befehle hallten über das Wasser zu ihr. Der Horizont war ein grüner Saum.
    Manche fanden diese Universität zwischen den Bäumen am See idyllisch. Sie nicht. Sally mochte die Natur, die wahre Natur. Für sie war die Lange Erde keine

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