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Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Titel: Die Lange Erde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Stephen Baxter
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gehabt, als wir das alles auf die Beine gestellt haben. Persönlich bin ich noch keinem von ihnen begegnet …«
    Das hier waren die Leute, kam es Jack in den Sinn, mit denen er wahrscheinlich den Rest seines Lebens verbringen würde. Völlig fremde Menschen. Jack hatte alles Tilda überlassen, aber er wusste sehr wohl, dass es eines gewissen Geschicks bedurfte, um eine brauchbare Gemeinschaft für einen Treck zusammenzustellen. Natürlich heuerte man professionelle Treckführer an, ebenso Scouts und Träger. Sie ließen sich relativ einfach finden. Das Herzstück der Gruppe waren jedoch die Menschen, die hunderttausend Welten entfernt gemeinsam siedeln wollten. Dafür brauchte man Leute mit sich ergänzenden Fähigkeiten: Schneider, Zimmerleute, Böttcher, Schmiede, Wagner, Weber, Möbelbauer. Selbstverständlich auch Ärzte – und einen Zahnarzt, wenn man einen fand. Nachdem Tilda von den ersten Gesellschaften, bei denen sie angefragt hatte, abgelehnt worden war, hatte sie umgeschult und war jetzt als Lehrerin und Historikerin an Bord. Jack hatte sich Grundkenntnisse der Landwirtschaft angeeignet, dazu ein rudimentäres medizinisches Wissen.
    Beim ersten Blick in die Runde fiel Jack auf, dass die meisten seiner neuen Gefährten ihm und Tilda ähnelten. Eine Mischung aus verschiedenen Ethnien, aber alle sahen sie wohlhabend genug aus, ernsthaft, ein bisschen besorgt – eben Leute aus der Mittelklasse, die sich ins Unbekannte aufmachten. Sie entsprachen laut Tilda dem klassischen Profil der Pioniere der Langen Erde, genau wie damals im Wilden Westen. Wer sehr reich war, reiste nicht, weil es ihm auf der Datum-Erde viel zu gut ging, um alles aufzugeben. Ebenso wenig reisten die Armen, zumindest nicht in einer organisierten Gruppe wie dieser, weil ihnen schon die Mittel fehlten, allein den Treck zu bezahlen. Nein, es war die Mittelklasse, die in den Weiten Westen aufbrach, besonders jetzt in diesen unsicheren, wirtschaftlich schwierigen Zeiten.
    Der Angeber, der sich dort vorne produzierte, hieß, wie Jack erfahren hatte, Reese Henry, irgendein Geschäftsmann und Hobby-Überlebenskünstler. Mittlerweile hatte er den Latrinendienst abgehakt. »Wieder einmal gehen junge Amerikaner hinaus in die Wildnis, dorthin, wo keine Straßenlaternen leuchten, wo man nicht jederzeit mit dem Handy einen Polizisten herbeirufen kann. Urbanisiert, online, zivilisiert, gehätschelt und herausgeputzt – und jetzt in die raue Natur geworfen.« Er grinste. »Meine Damen und Herren, schön, dass Sie wieder in der Wirklichkeit angekommen sind. Ich heiße Sie herzlich willkommen.«

17
    D er einzige Buchhändler in Richmond West 10 jubelte bei jedem Buch, das er an die Möchtegernpioniere, die hier durchkamen, verkaufen konnte. Auf richtiges Papier gedruckte Bücher, jedes einzelne davon! Tote-Baum-Technologie! Informationen, die, wenn sie vernünftig gelagert wurden, Jahrtausende überdauerten! Und man brauchte keine Batterien dafür! Das sollte auf einer Reklametafel stehen, dachte er.
    Wenn es nach Humphrey Llewellyn III ginge, würde jedes Buch, das je geschrieben wurde, aufbewahrt, zumindest ein Exemplar davon, in Schafsleder gebunden und von Mönchen mit Illustrationen verziert (beziehungsweise von nackten Nonnen, was seinen Vorlieben weitaus eher entsprach). Jetzt war, wie er hoffte, die große Chance gekommen, die Menschheit wieder zu Bücherliebhabern zu machen. Er strahlte. Soweit er wusste, gab es in den Pionierwelten noch immer keine Elektronik. Wo ist denn jetzt euer Internet? Ha! Wo ist Google? Wo ist der alte Kindle deiner Mutter? Dein iPad 25? Wo ist Wickedpedia? (Er legte großen Wert auf diese Bezeichnung, allein schon, um seine Verachtung auszudrücken, was allerdings nur sehr wenigen Leuten auffiel.) Alles weg, ihr Ungläubigen! Sämtliche ach so tollen elektronischen Spielzeuge lagen ganz hinten in der Schublade, ihre Displays so blind wie tote Augen.
    Bücher hingegen – ganz genau, richtige Bücher! – wurden ihm geradezu aus den Regalen gerissen. Draußen in der Langen Erde fing die Menschheit noch einmal in der Steinzeit an. Dort hieß es, sich auf die alten Sitten und Gebräuche zu besinnen. Man musste wissen, was man essen konnte und was nicht. Man musste wissen, wie man einen Abtritt baute und wie man Felder mit menschlichen und tierischen Ausscheidungen in verträglichen Mengen düngte. Man musste über Brunnen Bescheid wissen. Wie man Schuhe herstellte! Klar, man musste wissen, wie man Eisenerz fand, aber

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