Die Lange Erde: Roman (German Edition)
musste er nur noch dafür sorgen, dass er für die Dauer des Trecks sein Geheimnis wahrte, und deshalb musste er aufpassen, dass er nicht ohne eine Kartoffel in seinem Wechsler wechselte.
Er hatte im Netz schon von natürlichen Wechslern gehört. Und dann, eines Abends in West 1, hatte er einfach so aus Jux probiert, ohne Kartoffel in der Box, ohne Energieversorgung, zu wechseln. Er staunte nicht schlecht, als es funktionierte. Komischerweise brauchte er die Box trotzdem noch, um den Hebel zu betätigen. Allem Anschein nach brauchte er zum Wechseln dieses Klicken, auch wenn ihm das niemand glauben würde.
Ja, er hatte Gerüchte über Leute wie ihn gehört. Und andere Gerüchte, dass solche Leute verprügelt worden waren. Als wäre man irgendwie abartig oder widernatürlich. Deshalb hatte er beschlossen, das auf dem Treck für sich zu behalten und die Kartoffel zu ersetzen, außerdem würde er so tun, als wäre ihm genauso übel wie allen anderen. Wenn man sich erst einmal daran gewöhnt hatte, war es gar nicht so schwer.
Obwohl man sich natürlich gelegentlich fragte, wie viele um einen herum auf ähnliche Weise simulierten.
In dieser Nacht schlief er sehr gut und träumte von lodernden Essen und fernen Hügeln.
18
T ag 3 (seit Richmond West 10)
Schon drei Tage! Aber Treckführer Batson meint, dass wir hundert Tage brauchen, um den Eisgürtel zu durchqueren. Und dann brauchen wir noch Monate, um den Minengürtel zu durchqueren, keine Ahnung, was das sein soll. Jedenfalls müssen wir unser Ziel erreicht haben, bevor der Winter kommt. Und der Winter kommt auf allen Welten zur gleichen Zeit.
Wir gehen ungefähr einen Schritt pro Minute, ungefähr sechs Stunden am Tag. Wir nehmen ständig Tabletten, damit uns nicht immer so schlecht wird, aber es ist trotzdem anstrengend. Sie versuchen, uns an Stellen zu führen, wo von einer Welt zur anderen die Höhenunterschiede im Gelände nicht allzu groß sind. Es ist immer ein ziemlicher Stoß, wenn man ein Stück fällt, und wenn man mit den Knöcheln zehn Zentimeter in der Erde steckt, kann man überhaupt nicht wechseln. Es ist aber schon beeindruckend, wenn zweihundert Leute mitsamt ihrer Ausrüstung von einem Augenblick zum anderen verschwinden und dann in der nächsten Welt wieder auftauchen, und das immer und immer wieder.
Ich vermisse das Internet!
Ich vermisse mein Telefon!
Ich vermisse die Schule. Jedenfalls ein paar Leute aus der Schule. Andere weniger.
ICH VERMISSE ROD . Obwohl er manchmal ziemlich genervt hat.
Ich finde es auch blöd, dass ich kein Cheerleader mehr bin.
Papa sagt, ich soll aufschreiben, was mir gefällt. Sonst wollen seine Enkel dieses Tagebuch später bestimmt nicht lesen. Enkel? Da kann er lange drauf warten.
Tag 5
Zelten finde ich genial!
Wir haben schon in West 5 öfter gezeltet, und auch in Pionierkunde, aber hier draußen macht es viel mehr Spaß.
Nach den ersten Tagen haben wir uns mit einer Familie namens Doak angefreundet. Sie haben vier Kinder, zwei Mädchen und zwei Jungen, sie heißen Betty und Marge, und es ist so, als würden wir jede Nacht bei unseren Freundinnen übernachten!
Ich kann ein Lagerfeuer machen! Ich habe eine Linse, mit der ich die Flammen mache, und ich kann mit Zunder und Anmachholz umgehen, und ich weiß, welches Holz am besten brennt. Ich kann auch Sachen zu essen finden, Grünzeug, Wurzeln, Pilze. Ich kenne mich mit Haselnüssen und Obst und so weiter aus, aber dafür ist jetzt nicht die richtige Jahreszeit. Ich kann aus altem Garn und sogar aus Nesselstängeln eine Angelschnur basteln. Ich weiß, wo man nach Fischen suchen muss. Cool.
Heute hat uns Mr Henry gezeigt, wie man im Fluss eine Forellenfalle baut. Man formt so ein kleines Becken, in das sie reinschwimmen, und dort hängen sie dann fest. Mr Henry grinst immer, wenn er die Fische erschlägt. Ich hätte fast geheult. Mr Henry sagt: Die Jungen müssen alles erst lernen.
Marge Doak war auch Cheerleader! Manchmal üben wir unsere Schritte.
Tag 8
Gestern sind wir auf ein Eisschelf gestoßen.
Wir folgen einem Trampelpfad, mit Markierungen und kleinen Steinhaufen und so, und mit Schildern mit der Nummer der Welt drauf, in der man sich befindet, wie Straßenschilder, und manchmal gibt es auch kleine Vorratslager mit irgendwelchen Sachen drin. Es gibt sogar kleine Kästen, wo man Post reinstecken kann, die dann nach Osten oder Westen mitgenommen wird, je nachdem, wer so vorbeikommt.
Wir kamen also an ein Schild, auf dem stand EIS FOLGT. Wir
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