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Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Die Lange Erde: Roman (German Edition)

Titel: Die Lange Erde: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terry Pratchett , Stephen Baxter
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konnte; ihre Position wurde vom Stand der Sterne abgeleitet, aber die Beschaffenheit der Landschaften, die sie auf diesen unerforschten Welten überquerten, basierte auf Vermutungen.
    Lobsang saß Joshua gegenüber auf dem Aussichtsdeck und lächelte sein Plastiklächeln. Beide hielten sich an Kaffeebechern fest, und Lobsang nippte sogar gelegentlich an seinem, wobei Joshua sich vorstellte, wie sich irgendein kleiner Tank in seinem Bauch langsam füllte.
    »Wie gefällt dir die Reise?«, fragte Lobsang.
    »Bis jetzt nicht übel.« Eigentlich war sie wesentlich angenehmer als nicht übel. Wie immer, wenn er die Datum hinter sich ließ, löste sich das beklemmende Gefühl der Enge, das Joshua dort unweigerlich befiel, rasch in Wohlgefallen auf: dieser Druck, dessen er sich nicht bewusst gewesen war, als er dort aufwuchs, sondern erst später, als er nicht mehr da lebte. Der Druck einer Welt, in der es zu viele andere menschliche Existenzen gab, wie er vermutete, zu viele andere denkende Köpfe. Es schien sich um eine sehr ausgeprägte Sensibilität zu handeln; sogar auf entfernten Wechselwelten merkte er immer, wenn dort andere Menschen auftauchten, zumindest irgendwo in seiner Nähe, selbst wenn es sich nur um eine kleine Gruppe handelte. Aber abgesehen von Schwester Agnes hatte er noch mit niemandem über diese eigenartige, quasitelepathische Fähigkeit gesprochen, nicht einmal mit Monica Jansson. Auch jetzt hatte er keine Lust, Lobsang davon zu erzählen. Trotzdem war das Gefühl von Freiheit, von Erlösung deutlich zu spüren. Und seine ausgeprägte Sensibilität für diese Stille, als handelte es sich um ein weit entferntes Bewusstsein, das er gedämpft wahrnahm, wie das Läuten einer gewaltigen, uralten Glocke in einem weit entfernten Bergmassiv. Genauer gesagt konnte er sie spüren, wenn Lobsang gerade mal nicht redete, so wie jetzt.
    »Wir folgen in etwa dem Breitengrad und schaffen locker dreißig Meilen in der Stunde. Eine angenehme Reisegeschwindigkeit. Wir sind zu Forschungszwecken hier. Auf diese Weise dürften wir in ein paar Wochen das Profil der Kontinental-USA überquert haben …«
    Lobsangs Gesicht war nicht ganz echt, dachte Joshua, wie eine nicht hundertprozentige CGI-Simulation. Hier, in diesem fantastischen Flugapparat, in dieser Verwirklichung von Lobsangs erstaunlichen Träumen, wurde ihm Lobsang jedoch seltsam vertraut.
    »Weißt du, Lobsang, ich habe mich nach unserem Gespräch bei transEarth über dich informiert, als ich wieder im Heim war. Es heißt, das Schlaueste, was ein Supercomputer in dem Moment, nachdem er angeschaltet wurde, tun kann, ist, dafür zu sorgen, dass er nicht wieder ausgeschaltet wird. Und dass die Geschichte mit dem wiedergeborenen Tibeter lediglich Fassade gewesen sei, und zwar genau aus diesem Grund: damit du nicht wieder abgeschaltet wirst. Wir haben uns alle darüber unterhalten, und Schwester Agnes meinte, wenn ein Computer das Verlangen hat, nicht abgeschaltet zu werden, dann hat er eine gewisse Selbstwahrnehmung entwickelt, und das heißt: eine Seele. Ich weiß, dass der Papst später anders darüber entschieden hat, aber wenn ich die Wahl zwischen dem Vatikan und Schwester Agnes habe, entscheide ich mich immer für Schwester Agnes.«
    Lobsang dachte darüber nach. »Ich hoffe sehr, dass ich Schwester Agnes eines Tages kennenlerne. Und ich habe sehr wohl vernommen, was du gesagt hast, Joshua. Vielen Dank, Joshua.«
    Joshua zögerte. »Statt mir zu danken, kannst du mir vielleicht lieber eine Frage beantworten. Bist du das, Lobsang? Oder bist du immer noch auf der Datum, in irgendeinem Massenspeicher des MIT? Ist das eine sinnvolle Frage?«
    »Selbstverständlich ist es eine sinnvolle Frage. Auf der Datum bin ich auf viele Speicher und Datenbanken verteilt. Zum Teil aus Sicherheitsgründen und zum Teil wegen der Effizienz und Effektivität von Datenabruf und Datenverarbeitung. Wenn ich wollte, könnte ich mich als dezentrales Bewusstsein bezeichnen. Aber ich bin ein Mensch, ich bin Lobsang. Ich weiß, wie es war, aus einer Knochenhöhle herauszuschauen, mit offenkundig nur einem Fokus des Bewusstseins zu operieren. Und so habe ich es beibehalten. Es gibt nur mich, Joshua, nur einen Lobsang, auch wenn ich Memory-Sicherungsspeicher auf mehrere Welten verteilt habe. Und dieses ›Ich‹ ist hier bei dir auf dieser Reise. Ich habe mich dieser Mission rückhaltlos verschrieben. Und wo wir gerade dabei sind: Wenn ich die mobile Einheit bewohne, bin ich, solange es

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