Die langen Schatten der Erleuchtung
O-Beinen geboren wurden, die allesamt kaum Ähnlichkeit mit den Vätern aufwiesen.
Soweit zu unserem Freund Hanif…. Im Moment überschlagen sich hier ein wenig die Ereignisse: Die reine, heilige Stimmung an den geweihten Wassern des Ganges am Fuße des ehrwürdigen Himalajas scheint in der letzten Zeit etwas in Aufruhr zu geraten. Demnächst berichten wir Genaueres darüber…
Wir umarmen Euch alle. Kümmert euch bitte ein wenig um unsere Eremiten und behaltet Hanif im Auge, sollte er jemandem Likör und Abbildungen aus dem Kamasutra anbieten...ihr seid nun gewarnt.
Eure Freunde Hubertus und Mathilda.
„Und was lernt uns das, Vera?“, meinte Käthchen aus ihrem beengten Notsitz, als Jutta den Brief auf den Tisch legte und in die Runde schaute.
„Jeder lernt nur das, was er lernen kann!“
S oweit ich das ermessen kann,
sehe ich alles –
mehr ist mir nicht bekannt.
Jojo
Giaccomo oder wie Jojo allen den Spaß an der Zerstreuung verdirbt.
In der geräumigen Wohnküche lief die meiste Zeit stumm der Fernseher - ein ständiges Flimmern, dem man sich nur schwer entziehen konnte. Bis auf Vera und Gary hatten alle anderen Mitglieder der WG noch ein zusätzliches Gerät in ihren Zimmern. Bei den aktuellen Nachrichten stellte Harald jedoch stets den Ton an, da er unbedingt wissen wollte, was in der Welt inzwischen geschehen war. Oft sah man nach dem Abendbrot noch gemeinsam Shows, Filme oder die Sportschau in geselliger Runde.
Hanif schaute anfangs noch interessiert zu. Besonders beim Anblick leicht bekleideter Frauen wurde seine Aufmerksamkeit vom Bildschirm regelrecht aufgesogen, und er vergaß darüber das Essen. Jojo hingegen hatte von Anfang an kaum einen Blick auf die Mattscheibe geworfen. Bald setzte er sich so, dass er den Fernseher möglichst im Rücken hatte. Da er nun mit seiner Brille noch besser sehen konnte, war sein Interesse an dieser viereckigen Flimmerkiste vollends erloschen.
„Magst du denn gar nicht fernsehen, Jojo?“, fragte Marlies. „Oder lehnst du es ab wie Vera, die meint, wir werden hier in unserer Gesellschaft von den Politikern und der Wirtschaft zu folgsamen Lämmern und Verbrauchern erzogen?“
„Es sind nur blasse Abbilder vom wahren Leben, Marlies! Warum sollte ich meine Zeit mit den flachen Ablichtungen einer Scheibenwelt vergeuden? Viel lieber schaue ich mir an, was tatsächlich jetzt in Reichweite um mich herum geschieht!“
„Aber es ist doch eine Darstellung des echten Lebens, so wie es gerade an einem anderen Ort passiert“, beharrte Marlies, „viele Dinge, die wir sehen, geschehen häufig zur gleichen Zeit tatsächlich!“
„Das Universum ist unendlich weit – muss man sich denn für alles interessieren!?“
„Wo kämen wir hin mit dieser Gleichgültigkeit gegenüber dem Unrecht, das an allen Ecken und Enden der Welt geschieht?!“, empörte sich Vera.
„Jedes Lebewesen trägt das Licht der Aufmerksamkeit in sich und erhellt seinen Umkreis wie mit einem Scheinwerfer. Eine Ameise trägt Sorge für ihren kleinen Bereich – sie ist ganz und gar nicht gleichgültig. Ein Bergbauer in einem entlegenen Tal im Himalaja hat jeden Tag genug zu tun, seine Felder zu bestellen. Und wenn die Ernte ausreichend ist, sind er und seine Familie glücklich. Stell dir vor, er müsste sich zusätzlich noch all die Bilder von den entsetzlichen Gräueltaten und den Kriegen am anderen Ende der Welt anschauen! Dann beginnt er sich zu sorgen und kann nachts nicht mehr richtig schlafen, weil er sich nun alle möglichen Katastrophen vorstellt. Und bald schon wird er nicht mehr in der Lage sein, in gleicher Weise für seine Familie zu sorgen, als er noch nicht all diese Bilder kannte…. In absehbarer Zeit werdet ihr schon zu anderen Sternen fliegen – und dann fangt ihr an, euch für zehn Lichtjahre entfernte Ereignisse verantwortlich zu fühlen! - Du hast Recht, Marlies, viele Dinge geschehen tatsächlich zur gleichen Zeit, aber es ist gut zu wissen, wo für jeden einzelnen das echte Leben stattfindet. Du bist frei, deinen Bereich so groß oder so klein abzustecken, wie es dir gut tut.“
„Also, ich interessiere mich ja hauptsächlich für kulturelle Themen, Psychologie usw.“, rechtfertigte sich Marlies, „wir wollen uns ja schließlich auch unterhalten und nicht ständig alle Probleme dieser Welt wälzen!“
„Das alles gehört zu dieser Welt“, schaltete sich nun Giaccomo ein, den Jutta
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