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Die Lanze des Herrn

Die Lanze des Herrn

Titel: Die Lanze des Herrn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arnaud Delalande
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ebenfalls. Ernst Heinrich zögerte einen Moment, schlug dann die Beine übereinander, lehnte sich bequem zurück, ein Glas Whisky mit Eis neben sich, und dachte nach.
    Die letzten Nachrichten waren nicht sehr erfreulich gewesen, aber noch war nichts entschieden. Seine einzige Sorge war das schnelle Vorankommen des Vatikans. Er glaubte aber an seinen guten Stern. Der hatte ihn schließlich dahin geführt, wo er heute war. Gedankenversunken sah er noch einmal auf seinen Kalender. Er nahm ihn und riss ein Blatt nach dem anderen ab, als entblättere er eine Margerite. Um ihn herum herrschte tiefe Stille. Jetzt, mitten in der Nacht, waren die Büros leer, nur das Sicherheitspersonal war anwesend. Er warf den Kalender in den Papierkorb, lehnte sich im Sessel zurück und unterdrückte ein Lachen. Wie schön war es, hier allein zu sein, weit weg von dem lauten Treiben der Welt. Und bald, wer weiß, würde die Geschichte von Neuem beginnen, und die Menschheit ebenfalls. Er würde das Jahr Null feiern und allen die neue frohe Botschaft verkünden. Während ihm diese Gedanken durch den Sinn gingen, zog er eine glänzende Tastatur zu sich heran. Er drückte auf Enter und die Bildwand leuchtete wieder auf. Die Kameras zeigten wieder die Labors aus verschiedenen Winkeln.
    Plötzlich hielt er inne und kniff die Augen zusammen.
    Ach, das ist ja interessant, dachte er.
    Er wählte den Monitor zwölf und betätigte den Zoom.
    Er sah einen seiner Angestellten über einen Rechner gebeugt, an einem Ort, an dem er sich nicht aufhalten durfte. Auf Ernst Heinrichs Gesicht erschien wieder ein Lächeln, diesmal ein bitteres. Die Zeit war gekommen, Kontakt zu Frank Duncan, dem Chef des Sicherheitsdienstes aufzunehmen, damit er diesen Eigenmächtigkeiten ein Ende setzte.
    Er stellte die Verbindung zu Duncan her. Seine Stimme war elektronisch unkenntlich gemacht. Ihre Unterhaltung war kurz.
    Einige Augenblicke später trat er wieder vor die Bildschirmwand. Sein Gesicht verdüsterte sich. Ihm war ein Gedanke gekommen, der ihn von Zeit zu Zeit heimsuchte. Ein Gedanke, den er ernst nehmen musste. Was war, wenn seine Wissenschaftler scheiterten? Er war nicht naiv. Er hatte immer gewusst, dass seine Chancen in Wirklichkeit nur sehr gering waren. Das Risiko, dass sie ihr Ziel nicht erreichten, war hoch. Er hatte aber bereits eine Idee, wie er reagieren würde. Das Wichtigste war, dass der Vatikan in ihm eine konkrete Bedrohung sah. Konkret genug, um nach seiner Pfeife zu tanzen. Die Umstände, unter denen er die Lanze in Megiddo an sich gebracht hatte, sprachen eine klare Sprache. Jetzt war es lebenswichtig, dass die Insemination stattfand, bevor jemand von außen eingriff. Mutter und Kind mussten rechtzeitig aus dem Labor in Sicherheit gebracht werden. Selbst bei einem Fehlschlag durfte sie niemand finden. Und die Lanze und die Blutproben Jesu mussten ebenfalls in Sicherheit gebracht werden.
    Solange der Vatikan daran glauben konnte, dass die Befruchtung gelungen war, hatte er ein leichtes Spiel. Seinen nächsten Schritt, die nächsten Botschaften an den Vatikan, hatte er schon vorbereitet. Wenn alles gut ging, würde er die letzte Grenze verschieben. Im gegenteiligen Fall würde er seinen Vorteil aus der Ungewissheit ziehen.
    Diesmal erschien eine leere Seite auf den Bildschirmen. Er konnte von seinem Büro aus Einfluss auf den endgültigen Wortlaut der Überschriften in seinen Zeitungen nehmen, da er direkt mit den etwa vierzig Redaktionen verbunden war.
    Die Schlagzeile, die er gerade entwerfen wollte, sollte natürlich erst erscheinen, wenn er grünes Licht gegeben hatte. Solange würde er sie zurückhalten. Aber er wollte sie mit aller Sorgfalt vorbereiten und sich den Spaß erlauben, sie zu formulieren. Langsam schrieb er:
     
    E-I-N K-L-O-N V-O-N J-E-S
    Er kannte die Mechanismen der Medien gut genug, um zu wissen, dass die Dinge nicht mehr aufzuhalten wären, wenn sie erst einmal lanciert waren. Sicher, man würde an der Richtigkeit der Information zweifeln. Die Redaktionen waren schließlich unabhängig… Aber es würde genügen, das Gerücht in die Welt zu setzen und im richtigen Augenblick unwiderlegbare Beweise aufzufahren. Nach und nach würden die Fachleute die Sache untersuchen und die Welt auf den Kopf stellen, um die Wahrheit herauszufinden. Sie würden auch ihre Meinung ändern, je nachdem, woher der Wind wehte. Und der Wind war er. Er konnte die Entwicklung steuern, ganz gleich, zu welchen Ergebnissen das Labor am Sinai

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