Die Lanze Gottes (German Edition)
ereilt!«
Nach ihm folgte Rudolf von Rheinfelden. Auch er kniete vor dem jungen König nieder und tat den Schwur, aber er fügte noch etwas hinzu. »Deine Feinde sind meine Feinde, deine Freunde sind meine Freunde. Ich will dir allzeit treu und gewärtig sein, so du ein gerechter Herrscher wirst!« Ein Raunen ging durch die Menge. Hinter sich konnte er flüsternde Stimmen vernehmen. »Rheinfelden hat
recht!«
Hermann entging der missbilligende Blick Kaiser Heinrichs nicht. Er wusste, dass Rudolf ein mutiger Mann war, und auch, welche Ziele er verfolgte. Dass er jedoch soweit gehen würde, den Kaiser öffentlich zu demütigen, hätte er nicht für möglich
gehalten.
Am frühen Abend schickten sich die ersten Fürsten an, Tribur wieder zu verlassen und zu ihren Fürstentümern zurückzukehren. Hermann war zufrieden. Der Krönung des kleinen Heinrich stand nichts mehr im Wege. Eine Sorge weniger, dachte er, und schlenderte durch den Vorhof von Tribur. Sein Blick fiel auf Rheinfelden, der zusammen mit Wilfried von Breyde und einigen Waffenknechten bei den Stallungen stand. Offensichtlich wollte Wilfried
aufbrechen.
Misstrauisch beobachtete Hermann die Szene. Wilfried und die Männer bestiegen ihre Pferde und Rheinfelden gab ihnen Befehle, doch die Männer waren zu weit weg, Hermann konnte nicht verstehen, über was sie sprachen. Dann ritten sie los. Dass Wilfried offensichtlich nicht mit seinem Lehnsherrn Rheinfelden nach Schwaben zurückkehrte, stimmte Hermann nachdenklich. Wo wollte er hin?
IX
Ulrich und Janus folgten dem alten römischen Handelsweg in Richtung Süden. Köln hatten sie hinter sich gelassen und befanden sich nun unweit von Bingen. Es war ungewöhnlich warm für diese Jahreszeit. Gerne hätten sie die Stadt noch vor der Dunkelheit erreicht, um in einer Herberge ein anständiges Quartier zu finden, doch die Sonne ging langsam über dem Rheintal unter. Sie befanden sich inmitten von Weinbergen und Ulrich beschloss, an einem
Waldrand zu lagern. Er bat Janus, Feuerholz zu sammeln.
Eine Weile war Janus im Wald unterwegs gewesen, als es zu dämmern begann. Sicher sorgte sich Ulrich bereits. Er trug das Holz in den Armen und näherte sich ihrem Lagerplatz. Plötzlich hörte er Stimmen und hielt inne. Es war unverkennbar Ulrich, der da sprach. Doch er schien nicht allein zu sein. Wer war da bei ihm? Irgendetwas stimmte nicht. Furcht kroch in Janus hoch. Sein Magen krampfte sich zusammen. Langsam schlich er sich näher.
»Wo sind Eskens Welpen?», hörte er plötzlich eine Stimme rufen, die ihm auf schauerliche Art und Weise bekannt vorkam. »Zum letzten Mal, wo ist der Kodex? Rede endlich, bevor du deinem Schöpfer gegenübertrittst!« Stille, dann markerschütternde Schreie. Ulrich. Janus kroch durch das Unterholz langsam näher.
»Sag mir, was ich wissen will!«, rief die Stimme. Dann hörte er erneut Ulrichs Schreie.
Janus spürte sein Herz bis in den Hals klopfen. Diese Stimme, sie kam ihm so bekannt vor. Er hatte sie schon einmal gehört. Vorsichtig kroch er weiter. Aus seinem Versteck konnte er ein Flackern in der Dämmerung sehen. Langsam schob er sich nach vorn, sodass er sehen konnte, was unter dem Baum geschah.
Bei ihrer Lagerstätte standen drei Männer, offensichtlich ein Ritter mit zwei Waffenknechten. Der Ritter trug ein Kettenhemd über seinem Gambeson und als Janus ihn erkannte, stockte ihm der Atem. Es handelte sich um den Ritter mit den Habichtsaugen, der seinerzeit seinen Vater abgeholt hatte, um ihn zur Rüdenburg zu bringen.
Dann fiel Janus´ Blick auf den Baum, unter dem er Ulrich zurückgelassen hatte, um Holz zu sammeln. Janus erschauerte. Sie hatten dem Mönch die Hände zusammengebunden, das lange Ende des Seils über den Ast eines Baumes geschwungen und Ulrich in die Höhe gezogen. Seine nackten Füße baumelten unmittelbar über einem Feuer. Der Geruch von verbranntem Fleisch hing in der Luft und Ulrich wimmerte. Er musste unglaubliche Schmerzen haben.
»Bitte, haltet ein! Bitte!«, schrie er.
Kaltes Entsetzen kroch in Janus hoch. Was sollte er tun? Er war nicht einmal bewaffnet, außerdem hätte er gegen einen Ritter und zwei Waffenknechte ohnehin nichts ausrichten können.
»Graf von Breyde«, rief einer der Männer, die das Seil hielten, »nicht mehr lange und er verliert das Bewusstsein.«
»Sag mir, was ich wissen will, Mönch!«, brüllte der Ritter Ulrich an, der verzweifelt versuchte, seine Füße vor dem Feuer zu retten.
»Das Mädchen ist tot. Es war zu
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