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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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im Haus war, nicht geschafft hat?«
    »Ich weiß, dass du ihn nicht magst. Aber ich glaube, er ist wirklich ein guter Chef. Der war im Kriminalamt sehr beliebt, die sind richtiggehend sauer, weil die Polizeipräsidentin ihn abgeworben hat.«
    »Hm.« Harry inhalierte. Spürte, wie das Nikotin den Hunger seines Blutes stillte. Drei Silben, Ende auf -in. »Und wer ist dann noch da?«
    »Das ist der Nachteil, wenn man Ungeziefer vernichtet. Man greift in eine Nahrungskette ein und weiß nicht, ob man dadurch nicht Raum für etwas anderes schafft. Etwas, das vielleicht noch schlimmer ist als das, was man entfernt hat …«
    »Gibt es Anzeichen dafür?«
    Beate zuckte mit den Schultern.
    »Wir kriegen plötzlich keine Infos mehr von der Straße. Die Informanten scheinen nichts mehr zu wissen. Oder sie halten den Mund. Immer ist nur von dem Mann aus Dubai die Rede. Aber gesehen hat den niemand, und es weiß auch keiner, wie der heißt. Der ist unsichtbar wie ein Puppenspieler. Wir sehen, dass Violin umgesetzt wird, schaffen es aber nicht, dieses Zeug zurückzuverfolgen. Die Dealer, die wir schnappen, geben vor, es von anderen Dealern gekauft zu haben, die auch nicht mehr wissen. Es ist einfach nicht normal, dass jemand seine Spuren so gut verwischt. Aber das sagt uns auf jeden Fall, dass wir es mit einem einfachen, höchst professionellen Netzwerk zu tun haben, das sich sowohl um die Einfuhr als auch um die Verteilung kümmert.«
    »Der Mann aus Dubai. Wieder so ein genialer Unbekannter? Hatten wir das nicht schon mal? Irgendwann entpuppt der sich dann doch als ganz normaler Krimineller.«
    »Der Fall liegt hier anders, Harry. Um den Jahreswechsel herum gab es ein paar Morde im Drogenmilieu. Aber die waren von einer solchen Brutalität, wie wir sie nie zuvor erlebt hatten. Trotzdem sagt keiner was. Zwei vietnamesische Dealer wurden tot in der Wohnung gefunden, in der sie gedealt haben. Man hatte sie mit den Füßen an einem Deckenbalken aufgehängt. Ertrunken. Beiden war eine mit Wasser gefüllte Plastiktüte um den Kopf gebunden worden.«
    »Das ist keine arabische Methode, sondern eine russische.«
    »Wie bitte?«
    »Man hängt die Opfer falsch herum auf, bindet ihnen eine Plastiktüte um den Kopf und sticht in Halshöhe Löcher hinein, damit sie Luft bekommen. Dann lassen sie von den Fußsohlen her Wasser rinnen. Das Wasser fließt am Körper entlang bis in die Plastiktüte und füllt diese langsam. Man nennt diese Methode Man On The Moon .«
    »Woher weißt du das?«
    Harry zuckte mit den Schultern. »Es gab da mal so einen steinreichen kirgisischen Boss namens Birajev. In den Achtzigern kriegte er irgendwie einen dieser Original-Raumfahreranzüge von Apollo 11 in die Finger. Zwei Millionen Dollar auf dem Schwarzmarkt. Wer Birajev zu betrügen versuchte oder seine Schulden nicht zahlte, wurde in diesen Anzug gesteckt. Und dann haben sie das Gesicht des Ärmsten gefilmt, während sie das Wasser laufen ließen. Anschließend wurde dieser Film dann allen anderen geschickt, die mit ihren Raten in Verzug waren.«
    Harry blies den Rauch zum Himmel.
    Beate sah ihn an und schüttelte langsam den Kopf. »Was machst du eigentlich da unten in Hongkong, Harry?«
    »Das hast du mich schon am Telefon gefragt.«
    »Und du hast mir keine Antwort gegeben.«
    »Genau. Hagen hat gesagt, er könne mir statt diesem Fall einen anderen geben. Er hat etwas von einem toten Fahnder gesagt.«
    »Ja«, sagte Beate. Sie schien erleichtert darüber zu sein, dass sie nicht mehr über den Gusto-Fall und Oleg sprachen.
    »Was ist das für ein Fall?«
    »Ein junger Drogenfahnder. Trieb etwa da an Land, wo das Dach der Oper ins Meer abfällt. Vor den Augen von Touristen, Familien und Kindern. Das hat natürlich ein Riesenaufsehen gegeben.«
    »Erschossen?«
    »Ertrunken.«
    »Und woher wisst ihr dann, dass er ermordet worden ist?«
    »Keine äußeren Verletzungen, es sah wirklich so aus, als wäre er durch irgendeinen blöden Unfall ins Meer gefallen, er war ja häufig im Bereich der Oper unterwegs. Aber dann hat Bjørn Holm das Wasser in seiner Lunge untersucht. Und siehe da – es war Süßwasser. Und das Wasser im Oslofjord ist nun mal bekanntlich salzig. Jemand scheint ihn ins Meer geworfen zu haben, damit es so aussieht, als wäre er dort ertrunken.«
    »Tja«, sagte Harry. »Als Fahnder war er sicher auch hier am Fluss unterwegs. Da haben wir Süßwasser, das dann auch noch in den Oslofjord fließt – direkt bei der Oper.«
    Beate lächelte.

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