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Die Larve

Die Larve

Titel: Die Larve Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Nesbø
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hätte man ihn schon aus rein ästhetischen Gründen eingeschläfert.
    »Ich weiß nicht, wer du bist«, flüsterte er. »Aber ich kann es mir denken, und ich will verdammt noch mal nicht auf diese Weise kontaktiert werden, ist das klar?«
    »Klar.«
    »Los, reden Sie schon.«
    Ich erzählte ihm von dem Treffpunkt und der Uhrzeit. Und dass Odin damit gedroht hatte, seine ganze Mannschaft mitzubringen.
    »Etwas anderes wagt er wohl nicht«, sagte Berntsen und grunzte.
    »Wir haben die Information bekommen, dass die gerade eine Lieferung Schnee gekriegt haben«, sagte ich. Die Männer hatten sich auf der Terrasse wieder ihren Bierdosen zugewandt, aber der Orgkrim-Chef warf immer wieder einen Blick zu uns herüber. Ich sprach leise und versuchte, nichts zu vergessen. »Das liegt angeblich im Clublager in Alnabru, soll aber in ein paar Tagen verteilt werden.«
    »Hört sich nach ein paar Festnahmen und einer kleinen Razzia an.« Berntsen grunzte wieder, und erst jetzt verstand ich, dass das ein Lachen sein sollte.
    »Das war alles«, sagte ich und machte mich auf den Rückweg.
    Nach ein paar Metern hörte ich jemanden hinter mir rufen. Auch ohne mich umzudrehen, wusste ich, wer das war. Ich hatte seinen Blick gesehen, und das ist schließlich meine Spezialität. Er schloss zu mir auf, und ich blieb stehen.
    »Wer sind Sie?«, fragte er.
    »Gusto.« Ich strich mir die Haare aus den Augen, damit er sie besser sehen konnte. »Und Sie?«
    Eine Sekunde lang musterte er mich überrascht, als wäre das eine höchst seltsame Frage. Dann antwortete er mit einem Lächeln: »Mikael.«
    »Hallo, Mikael. Wo trainieren Sie?«
    Er räusperte sich. »Was wollen Sie hier?«
    »Wie schon gesagt, ich hatte eine Nachricht für Truls. Kriege ich einen Schluck von Ihrem Bier?«
    Plötzlich schienen die seltsamen, weißen Flecken auf seinem Gesicht aufzuleuchten, und er fauchte wütend: »Wenn Sie Ihren Auftrag erledigt haben, sollten Sie hier besser verschwinden. Und zwar sofort.«
    Ich begegnete seinem Blick. Wütende, grüne Augen. Mikael Bellman war so verflucht schön, dass ich Lust hatte, ihm meine Hand auf die Brust zu legen und seine sonnengewärmte, verschwitzte Haut unter meinen Fingern zu spüren. Seine Muskeln, die sich schockiert von meiner Dreistigkeit automatisch anspannen würden. Seine Brustwarze, die zwischen meinen Fingern hart werden würde, und den wohligen Schmerz, wenn er mich schlug, um seinen guten Namen und seinen Ruf zu retten. Mikael Bellman. Ich spürte die Begierde. Meine eigene verfluchte Begierde.
    »Bis dann«, sagte ich.
    Am selben Abend kam mir die Idee. Plötzlich wusste ich, wie ich schaffen konnte, was du vermutlich nie geschafft hast. Denn hättest du es geschafft, hättest du mich wohl nie fallengelassen, oder? Wie ich ganz werden konnte. Ein echter Mensch. Ein Millionär.
    Kapitel 20
    D as Sonnenlicht glitzerte so hell auf dem Fjord, dass Harry trotz seiner Damensonnenbrille die Augen zusammenkneifen musste.
    Oslo arbeitete nicht nur in Bjørvika an seiner Fassade, es hatte sich sogar einen Silikonbusen in Gestalt eines komplett neuen Stadtteils geleistet, der an einer Stelle in den Fjord ragte, an der die Stadt zuvor nur flachbrüstig und langweilig gewesen war. Das Silikonwunder hieß Tjuvholmen und sah in erster Linie teuer aus. Teure Wohnungen mit teurem Fjordblick, teuren Bootsliegeplätzen, kleinen, teuren Modeboutiquen mit Unikaten und Galerien mit Dielen aus irgendwelchen Dschungelhölzern, von denen man nie gehört hatte, die aber sehenswerter waren als die Kunst an den Wänden. Die Brustwarze am äußersten Ende hieß Sjømagazin, wobei es sich allerdings nicht um ein Bootsjournal handelte, sondern um ein Restaurant der etwas exklusiveren Sorte. Mit seinen Preisen trug es dazu bei, dass Oslo Tokio den Rang der teuersten Stadt der Welt abgelaufen hatte.
    Harry trat ein, und ein freundlicher Oberkellner hieß ihn willkommen.
    »Ich bin auf der Suche nach Isabelle Skøyen«, sagte Harry und warf einen Blick in das bis zum letzten Platz besetzte Lokal.
    »Wissen Sie, auf welchen Namen der Tisch bestellt worden ist?«, fragte der Kellner mit einem Lächeln, das keinen Zweifel daran ließ, dass hier jeder Tisch reserviert werden musste.
    Die Frau, die Harrys Anruf im Rathaus entgegengenommen hatte, wollte erst nicht mehr sagen, als dass Isabelle Skøyen gerade zum Lunch gegangen war. Als Harry dann aber vorgab, genau deshalb anzurufen, schließlich warte er schon eine ganze Weile im Continental auf

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