Die Laufmasche
genügend Gefühle für dich aufbringen kann.«
»Muss das denn ausgerechnet heute sein?« Till seufzte. »Du freust dich vielleicht zu hören, dass ich auch schon mit dem Gedanken gespielt habe, Schluss zu machen. Nur jetzt ist wirklich kein guter Zeitpunkt dafür.«
Da wurde ich aber böse. »Du wolltest unsere Beziehung gar nicht beenden. Das sagst du nur, weil ich damit angefangen habe.«
»Nein.« Till schüttelte den Kopf. »Ich hab's satt, immer ein schlechtes Gewissen zu haben, wenn ich mich mit anderen Frauen treffe. Aber ich wollte noch den Skiurlaub abwarten. Ich weiß schließlich, was sich gehört!«
»Aber der Skiurlaub ist erst in zwei Wochen.«
»Wir sind so viele Jahre zusammen. Da kommt es auf zwei Wochen auch nicht mehr an.«
»Mit dir kann man nicht mal vernünftig Schluss machen.«
»Also gut, von mir aus machen wir jetzt Schluss.
Aber nur, wenn wir das mit dem Skiurlaub noch durchziehen«, sagte Till.
»Kannst du nicht ein bisschen weinen?«
»Wieso? Ich wollte doch zuerst Schluss machen!«
»Ich habe es aber zuerst gesagt«, trumpfte ich auf.
»Und ich bin in einen anderen verliebt.«
»Dessen Namen du nicht mal kennst!«, höhnte Till und sah auf die Uhr. »Ich muss jetzt zu diesem Skiurlaubstreffen und danach die ganze Nacht Taxi fahren. Scheißtag.«
»Und warum soll ich nicht mitkommen zu diesem Skiurlaubstreffen?«, fragte ich. »Ich bin ja schließlich auch dabei!«
»Ach was«, sagte Till schnell. »Da geht es bloß um die Einkäufe. Wer was mitbringt und so. Da brauchst du nicht dabei zu sein.«
»Ich würde die Leute aber auch gerne mal kennen lernen.«
»Ist doch nicht nötig«, sagte Till und blickte an mir vorbei auf einen Nagel in der Wand. »Die anderen Frauen sind auch nicht dabei.«
»Aha«, sagte ich. Ich Doofi schöpfte nicht mal den Verdacht, da könne was faul sein.
Die dritte Gelegenheit
ICH SAH DEN Skiurlaub als willkommene Abwechslung, dem Regen und meinen Problemen zu entkommen und ein paar nette neue Leute kennen zu lernen.
Probleme hatte ich wirklich genug. Jorge und Kriechbaum, der Verlag, bei dem ich arbeitete, hatte tatsächlich Konkurs angemeldet, eine Tatsache, die mich von heute auf morgen arbeitslos machte. Man hatte uns versprochen, die Gehälter für November und Dezember in jedem Fall noch aus der Konkursmasse zu bezahlen. Von der
Geschäftsführung wurde den Mitarbeitern freigestellt, bis Ende November weiterzuarbeiten.
Ich fand es zwar dramatisch, ohne Job dazustehen, aber so schrecklich würde es nicht sein, ein paar Wochen lang auszuschlafen und nichts zu tun. Wie der Volksmund sagt: Müßiggang ist aller Laster Anfang, ein gutes Gewissen ist ein sanftes Ruhekissen, und am Abend werden die Faulen fleißig. Ich nahm meinen Resturlaub, packte meine Sachen zusammen und verließ das sinkende Schiff.
Der Freitag, an dem Till und Ollie mich zu unserem Skiurlaub abholten, war gleichzeitig mein letzter Ar-beitstag.
Als ich den beiden von meinem Unglück erzählte, reagierten sie weit mitfühlender, als ich es erwartet hätte. Ja, ich fand sogar, sie reagierten ein kleines bisschen zu mitfühlend.
»Auch das noch«, jammerten sie.
»Erst mal habe ich ja jetzt Ferien«, versuchte ich sie aufzumuntern. »Ihr werdet sehen, nach ein paar Tagen im Schnee geht es mir schon viel besser.«
Ollie und Till tauschten besorgte Blicke. Ich schenkte ihnen keine Beachtung, sondern tat, was ich auf länge- ren Autofahrten immer tat: Ich rollte mich zusammen und schlief.
Als ich aufwachte, waren wir schon in der Schweiz, das konnte ich riechen, ohne die Augen zu öffnen.
»Warum hast du es ihr denn nicht gesagt?«, hörte ich Ollie fragen.
Und Till antwortete: »Weil sie sonst nicht mitgefahren wäre. Und was dich das gekostet hätte, wenn jemand so kurzfristig abgesprungen wäre, brauche ich dir ja nicht vorzurechnen.«
»Wenn du dich um meine Ausgaben sorgst, wieso lässt du mich dann deinen Mietanteil zahlen und die Hälfte von deinem Skipass?«, knurrte Ollie.
»Ja, warum wohl!«, höhnte Till.
Ich setzte mich mit einem Ruck auf. »Das möchte ich auch mal wissen«, sagte ich klopfenden Herzens. Ollie und Till machten Gesichter wie ertappte Sünder.
»Sag es ihr«, forderte Ollie Till auf.
»Nein, du, es sind schließlich deine Freunde. Du hast uns diesen verdammten Heinz-Peter eingebrockt.«
Ich hätte gleich wissen sollen, dass da was faul war.
Deshalb hatte ich auch nicht zu den Vortreffen kommen dürfen! »Ihr habt mich
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