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Die Laufmasche

Titel: Die Laufmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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reingelegt!«
    Ollie drehte sich zu mir um. »So schlimm sind die alle gar nicht«, sagte er. »Ehrlich, eigentlich sogar richtig nett.«
    Till lachte wieder höhnisch.
    »Aber, ähm, also«, stotterte Ollie.
    -Was ist jetzt mit denen?«, brüllte ich.
    »Weil Till gesagt hat, du würdest sonst nicht mitkommen, haben wir gedacht, es ist das Beste, wenn du es erst erfährst, wenn ...«, flüsterte Ollie.
    Ich griff mit meiner Hand nach seiner Kehle und quetschte seinen Adamsapfel zusammen.
    »Wir haben dir nur nicht gesagt«, krächzte Ollie,
    »dass Heinz-Peter seine Kinder mitgebracht hat!«
    Ich ließ seinen Adamsapfel los. Kinder also! Nach dem Theater hatte ich mit Schlimmerem gerechnet.

    So kinderfeindlich war ich doch gar nicht, dass man mit mir nicht darüber hätte reden können.
    »Und wegen der Kinder musst du Tills Mietanteil und die Hälfte seines Skipasses bezahlen?«, fragte ich ungläubig.
    Ollie nickte unglücklich. »Ja, und weil Till nicht so gut mit Jörg und Heinz-Peter klarkommt, deswegen.
    Aber die sind echt okay, ehrlich.«
    Ich ließ mich halbwegs beruhigt in den Sitz zurückfallen und hielt für den Rest der Fahrt hartnäckig an dem Glauben fest, dies würde ein schöner und erholsamer Urlaub werden. Bis ich Heinz-Peter sah. Dass der Typ Heinz-Peter hieß, konnte man sofort sehen. Er hatte so ein freundliches, sauberes Gesicht wie einer, der in seiner Jugend CVJM-Gruppenleiter gewesen und garantiert jungfräulich in die Ehe gegangen ist. Er schlidderte quer über den vereisten Parkplatz auf uns zu in einem Skianzug, eine halbe Nummer zu klein, und einer gefütterten Daunenmütze mit Schirm und wehenden Ohrenklappen.
    Till und Ollie wandten betreten ihren Blick ab.
    »Hallöle, da seids ihr jaha«, schrie Heinz-Peter aufgeregt.
    »Sieht doch nett aus«, raunte ich noch, aber keiner stimmte mir zu.
    Heinz-Peter schüttelte uns nacheinander die Hand. »Ihr kommts aber spähäät«, sagte er vorwurfsvoll. Meine Hand schüttelte er zuletzt.
    »Heinz-Päätär heiß ich. Und du bischt sichär die Fälitschitas?«
    »So ähnlich«, murmelte ich.
    »Jätscht habä mär abär scho gässä«, fuhr Heinz-Peter besorgt fort. »Eigentlich wärt ihr auch heut abänd mit däm Spüldienscht dran'gwäsä, aber jätscht häbt ihr jo ach kää Assäh kriegt.«
    »Was hat er gesagt?«, flüsterte ich Till zu.
    »Irgendwas mit Essen«, meinte der und lud eine Palette Orangensaft und Kisten mit Jogurt aus dem Kofferraum. »Ar hat ärnsthaftä Problämä mit däm Ä.
    Wie Ker- mit der Frosch.«
    Zu Heinz-Peter sagte er, er solle sich keine Sorgen machen. »Ich esse ein paar Jogurts und Butterbrote, das reicht mir für heute Abend.«
    Heinz-Peter machte ein beunruhigtes Gesicht.
    »Brote kannst du dir gerne machen. Aber die Jogurts sind abgezählt.«
    Till guckte mich an. Ich guckte Ollie' an. Ollie guckte unglücklich auf den Boden. Nur Heinz-Peter guckte freundlich von einem zum anderen. Beim Tragen erwies er sich als sehr hilfsbereit. Wir schafften Skier, Stöcke, Gepäck und Lebensmittel mit einem Gang ins Chalet. Jörg, Ollies Kollege, empfing uns im Flur.
    »Ich heiße Jörg Hansen«, sagte er akzentfrei und schüttelte meine Hand. »Und Ihr werter Name ist?«
    »Felicitas Trost«, antwortete ich perplex.
    »Freut mich«, sagte Ollies Kollege. »Aber ich schlage vor, dass wir uns duzen. Sonst wird das alles so förmlich.«
    Ich nickte stumm. Wie gut, dass dieser Jörg so locker
    drauf war. Wir hätten einander sonst mit Herr und Frau angesprochen! »Herr Hansen, brauchen Sie noch lange auf dem Klo? Ich muss nämlich mal, und Herr Meier will sich die Zähne putzen.' Meine Angst vor Frau Hansen und Heinz-Peters Frau, ganz zu schweigen von seinen Kindern, wuchs ins Unermessliche. Bevor ich die nächste Tür öffnete, holte ich tief Luft.
    Im Wohnzimmer war es heiß und stickig. Es roch auch nicht gut. Ein Säugling, den ich sofort im Verdacht hatte, die Quelle des schlechten Geruchs zu sein, quengelte auf einer Decke mitten im Raum.
    In einem riesigen Legohaufen saß das zweite Kind und lutschte an den Plastikklötzchen.
    Neben der Decke lagerten zwei blasse
    Frauengestalten. Eine von ihnen strickte etwas in Gelb.
    »Hallo!«, sagte ich und lächelte, so freundlich ich eben konnte. »Ich bin die Felicitas.«
    »Ich bin die Frauke«, sagte die Strickliesel mürrisch. »Jörgs Frau.«
    Frau Hansen, aha. Sie sah irgendwie schwanger aus.
    »Uff die Idää, die Dür zuzemache, kommscht du wohl net«, sagte die andere

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