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Die Laufmasche

Titel: Die Laufmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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vorübergehendes Zwischentief, und eines Tages würde es aufhören zu regnen, ich würde einen wirklich guten Job angeboten bekommen, meinem David begegnen - und mein Leben würde endlich beginnen.
    »Geh weg«, sagte ich zu Till.
    Als nur noch vierundzwanzig Artikelnummern zur Bearbeitung ausstanden, kam Frau Müller-Seitz in meinen Glaskasten, um mir mitzuteilen, dass Wölf nebenan ein persönliches Gespräch mit mir wünsche.
    »Gut«, sagte ich und hoffte inständig, dass man bei Hoppe und Partner nicht auch noch vorhatte, einen französischen Katalog zu erstellen. Für die französischsprachigen Kunden.
    Wölf saß hinter seinem altenglischen Schreibtisch und rauchte eine Zigarette. Eine zweite Zigarette qualmte in einem Aschenbecher vor sich hin. Der Aschenbecher gehörte zur Produktpalette der Firma, wie ich mittlerweile wusste, Artikelnummer 799567, origineller Aschenbecher mit lustigen Reitermotiven, das ideale Geschenk für den rauchenden Pferdefreund.
    »Da bin ich«, sagte ich und klopfte an die offene Tür.
    »Ja, Felicitas«, Wölf räusperte sich ausführlich.
    »Du kommst wie gerufen.«
    »Ich wurde gerufen«, antwortete ich. »Von Frau Mül- ler-Seitz.«
    Wolf legte die halb aufgerauchte Zigarette zu der anderen in den Aschenbecher und zündete sich eine neue an.
    »Setz dich doch«, sagte er etwas gönnerhaft.
    Das tat ich. Der Qualm der beiden Zigaretten im Aschenbecher waberte genau auf meine Nase zu.
    Unauffällig versuchte ich den Stuhl zur Seite zu rücken, damit der Rauch an mir vorbeiziehen konnte. Vergeblich. Der Qualm änderte ebenfalls seine Richtung.
    »Ich habe dir doch von den Gepflogenheiten unserer Firma erzählt«, sagte Wölf. »Wie wir das mit Neueinstellungen handhaben.«
    Ich nickte und hoffte inständig, der Kelch würde an mir vorübergehen. Andererseits war mir bewusst, dass ich mir diese Art Hoffnung in meiner derzeitigen Lage gar nicht erlauben konnte.

    »So, wie es aussieht«, sagte Wölf, »können wir bei dir da eine Ausnahme machen. Heute ist nämlich eine Stelle frei geworden.«
    »Oh«, sagte ich erzitternd.
    »Eine sehr, sagen wir mal so, sehr interessante Stelle, von der ich denke, dass sie genau das Richtige für dich wäre. Meine Frau und unsere Natalie meinen das auch. Ich solle dir wenigstens eine Chance geben, sagen sie.« Wölf drückte die Zigarette halbherzig im Aschenbecher aus und zündete sich eine neue an. Ich sah ihn nur noch durch einen blau-grauen Schleier hindurch. »Sie sind ja alle beide sehr sozial eingestellt, aktiv im Tierschutz«, setzte er hinzu. »Du kennst sie ja, das Herz am rechten Fleck.«

Mir wurde schlecht.
    »Die bisherige Stelleninhaberin hat uns gestern Morgen mitgeteilt, dass sie doch noch mal studieren möchte«, fuhr Wolf fort. »Das finden wir zwar sehr bedauerlich, aber wir können es natürlich verstehen.
    Und ich habe auch sofort an dich gedacht, wo du doch bisher wirklich gute Leistungen gezeigt hast.«
    Ich räusperte mich ungläubig.
    »Es wäre die Stelle der persönlichen Assistentin meines Partners. Du müsstest dabei den Verkauf ins Ausland managen.« Wölf sah mich erwartungsvoll an.
    Ich konnte nicht umhin, von dieser Beschreibung beeindruckt zu sein. Persönliche Assistentin der Geschäftsleitung, managen des Exports, und das ich, Wahnsinn. Selbst, wenn es sich dabei um Reitgerten und Huffett handelte.
    »Ja«, murmelte ich. »Und wie ...?«

    »Du würdest unsere Auslandskunden betreuen.
    Du müsstest mit auf unsere Messestände in der ganzen Welt reisen - und was die, hchm, was die Bezahlung angeht: Die Stelle ist eine der« - räusper
    -, »der, sagen wir mal so, bestbesoldetsten im Hause. Und wenn du dich entsprechend engagierst, ich sage immer, sagen wir mal so, bei uns gibt es nach oben hin keine Grenzen, was den Verdienst angeht.«
    »Aha«, sagte ich schwer beeindruckt. Messen in aller Welt, nach oben offenes Gehalt - vielleicht lag es auch am Nikotin in der Luft, jedenfalls wurde mir ganz schwindelig.
    Wölf erhob sich. »Also, wenn du Interesse hast, dann führe ich dich am besten gleich mal zu Herrn Kernig, meinem Partner. Der kann dir das alles viel besser erklären.«
    Ich folgte ihm mit weichen Knien. Herr Kernig, er-klärte mir Wolf auf dem Weg zu dessen Büro, heiße eigentlich Kernig-Hufenschlag, und Agatha Hufenschlag,
    die Tochter des bekannten Gestütbesitzers Wilhelm Hufenschlag, eines guten Freundes von Wolf, nicht nur über den Golfclub übrigens, sei seine Gattin.
    Herr Ker- nig-Hufenschlag

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