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Die Laufmasche

Titel: Die Laufmasche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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haben wir nicht mehr. Das sind aber die gleichen.«
    Ich seufzte. »Aber wenn die Decke dem Pferd doch nicht passt! Das sind so wichtige Kunden, wirklich.
    Die haben im letzten Jahr tausende gelber Reitgerten bestellt.«
    Genau in diesem Augenblick kamen meine Araber um die Ecke.
    »Haben Sie die Decke?«, fragte Herr Nabadidi.
    Ich schüttelte bedauernd den Kopf.
    »Also, das ist etwas kompliziert«, begann ich, aber Herr Simmel ohne P nahm mir das Wort ab.
    »Das habe ich gerade schon erklärt. Das ist genau die gleiche Decke«, sagte er. »Genau die gleiche.«
    »Nein, das ist es nicht.« Das Mädchen erzählte noch einmal ausführlich von ihrem Pferd und der anderen Decke und listete sehr präzise sechs Punkte auf, in denen sich die eine Decke von der anderen unterschied. Ich glaubte es ihr mittlerweile aufs Wort.
    »Dat iss genau die gleische Decke«, wiederholte Herr Simmel jedoch unbelehrbar. »Entweder Sie nehmen die, oder Sie lassen's sein.«

Ich erlitt einen kurzen Atemstillstand.
    »Dann lassen wir es eben sein«, sagte das Mädchen eisig. »So geht das ja nicht. Ich weiß, dass Sie eine völlig andere, minderwertige Decke unter der gleichen Bezeichnung verkaufen, und das nenne ich Betrug. Oder, Papa?«

Der Vater nickte finster.
    »Ich glaub', ich werd' nicht mehr«, sagte Herr Simmel sehr laut. Gleich würde er sicher wieder zu brüllen anfangen. Ich konnte ihn im Geiste schon hören: >Dat iss die gleische Decke, geht dat nischt in Ihre Ausländerbirne? Wenn Se zu doof sind, um
    'ne Decke zu kaufen, dann gehn Se doch zurück nach Arabien oder wat!' »Ich verstehe, dass Sie die Decke nicht kaufen wollen«, plapperte ich schnell los. »Wenn sie Ihrem Pferd nicht passt, was sollen Sie dann damit, nicht wahr? Wir werden die einfach zurücknehmen. Das ist zwar sehr schade, dass genau die Decke, mit der Sie so gut zurechtkommen, aus dem Programm genommen wurde, aber das kommt manchmal vor, dass man den Hersteller wechselt. In der Regel sind wir natürlich darauf bedacht, dadurch eine Verbesserung der Qualität zu erreichen. Ich werde daher Ihre völlig korrekten Reklamationen an unsere Einkaufsabteilung weiterleiten.«
    Herr Simmel sah mich an, als hätte ich den Verstand
    verloren, aber Herr Nabadidi nickte grimmig. Er sah aus, als habe er soeben den Entschluss gefasst, nie wieder auch nur eine einzige gelbe Reitgerte bei uns zu bestellen.
    »Ja, dann werden wir die Decke wohl
    umtauschen.«
    »Die lassen wir gleich hier unten bei Herrn Simmel«, sagte ich und setzte mein
    Empfangsdamenlächeln wieder auf. »Und oben regeln wir die Formalitäten bei einer guten Tasse Tee. Ich finde, die haben Sie sich nach dem Durcheinander wirklich verdient.«
    »He«, rief Herr Simmel hinter uns her. »Das geht aber nicht so einfach. Da müssen Sie mir erst mal den Lieferschein zeigen und bei der Buchhaltung einen Beleg holen, dass die Decke überhaupt bezahlt war. Da kann ja sonst jeder kommen. Ich brauche auch die Auftragsnummer, bevor ich die Ware zurücknehme!«
    »Herr Simmel«, zischte ich über meine Schulter.
    »Ich komme in spätestens einer halben Stunde zurück, und dann regeln wir das ganz in Ruhe, ja?«
    »So geht das aber nicht«, brüllte Herr Simmel, aber da waren wir glücklicherweise schon durch die Tür. Oben im Vorführraum goss ich meinen guten Earl Grey Tee in die Tassen und nahm selber drei kräftige Schlucke.
    »Ein sehr unhöflicher Mann«, sagte Herr Nabadidi und meinte Herrn Simmel ohne P.
    »Ja«, stimmte ich zu. »Aber im Grunde eine herzensgute Seele.« Gott, was für einen Blödsinn ich redete! Herr Simmel hatte weder Herz noch Seele. Aber was tat man nicht alles zum Wohle der Firma! »Diese Pferdebälle, die haben mir sehr gefallen«, sagte das Mädchen versöhnlich.
    »Ja, nicht wahr?« Ich strahlte. »Das sind ganz wunderbare Bälle. Ich habe ein Video dazu gesehen, das hätte Ihnen sicher auch gefallen. Alle Welt möchte diese
    Bälle kaufen. Die sind in der nächsten Saison der Verkaufsschlager.«
    »Ich würde gerne einen für Laurence kaufen«, sagte das Mädchen.
    »Bei unserer nächsten Bestellung«, ergänzte der Vater.
    Halleluja!
    »Ach ja«, meinte das Mädchen. »Ich bräuchte noch einen Führstrick für Laurence. Könnte ich den sofort mitnehmen?«
    Aber selbstverständlich. »Welche Farbe? Und welche Qualität?«
    »Den blauen«, sagte das Mädchen. »Mit Karabinerhaken.«
    »Artikelnummer 698465«, hauchte ich. »Eine Sekunde, ich bin gleich wieder da.« Ich rauschte noch

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