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Die Launen des Teufels

Die Launen des Teufels

Titel: Die Launen des Teufels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Stolzenburg
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begegnet.« Mit knappen Worten berichtete sie von der Suppenausgabe, beschrieb die Züge und die Tracht des Mannes, der sie so verunsichert hatte, und schloss mit einer gemurmelten Entschuldigung. Nach anfänglichem sprachlosem Staunen gruben sich zwei harte Falten um seinen Mund, bevor Bertram schließlich verächtlich die Schultern hob.
    »Ich habe keinen Vater mehr«, beschied er bitter und senkte die Lider, um seine Gefühle vor ihr zu verbergen, doch es war bereits zu spät. Zu deutlich kündete der Schleier, der seinen Blick verdunkelte, von dem Leid, das ihm der Steinmetz zugefügt hatte. »Bertram«, wiederholte sie zaghaft. »Er muss um Essen betteln.« In dem kurzen Moment, in dem der Kopf des jungen Mannes in die Höhe schoss, erkannte Anabel, wie sehr Bertram sein eigen Fleisch und Blut für das hasste, was es ihm angetan hatte, und schalt sich eine Närrin, die kaum verheilte Wunde wieder aufgerissen zu haben. Warum hatte sie die Entdeckung nicht für sich behalten?, fragte sie sich vorwurfsvoll und wollte gerade etwas hinzusetzen, als Bertram zwischen den Zähnen hervorstieß: »Vermutlich hat er das Geld, das er für mich erhalten hat, verzecht und verspielt!« Mahlend traten die Kiefermuskeln unter der gespannten Haut seiner Wangen hervor. Der ungeschminkte Schmerz, der trotz aller Selbstbeherrschung deutlich in seiner Körperhaltung zu lesen war, verleitete Anabel dazu, die Hand zu heben, um sie ihm auf die Wange zu legen, doch sie zuckte schuldbewusst mitten in der Bewegung zurück.
    »Es tut mir leid«, wiederholte sie ein letztes Mal und wandte sich mit schwerem Herzen von ihm ab. Mit gesenktem Kopf schlüpfte sie ohne einen Blick zurück durch die Tür in das Haus ihres Vaters und schlich in die Schlafkammer, wo sie sich auf ihrem klumpigen Lager hin und her warf, bis sie schließlich kurz vor Anbruch des neuen Tages in einen unruhigen Schlaf fiel.
    Als schließlich das Geläut der Kirche auf dem Felde den Morgen verkündete, schleppte sie sich mit schmerzendem Rücken in die Küche, um ein hastiges Mahl aus Hirsebrei und trockenem Brot zu sich zu nehmen, bevor sie sich auf den Weg ins Hospital machte. Froh darüber, niemandem begegnet zu sein, eilte sie kaum fünf Stunden nach ihrer Rückkehr in das Haus des Glockengießers erneut in Richtung Münsterplatz, wo sich bereits hunderte von Schaulustigen versammelt hatten, um die rauchenden Überreste des Pogroms zu bestaunen.
    Mit abgewandtem Blick schwamm Anabel gegen den Strom der Gaffer, um sich zur vereinbarten Stunde bei Schwester Adelheid zu melden. Gemeinsam mit dieser hatte sie den Auftrag, im etwa drei Meilen entfernten Söflingen Tränke, Salben und Kräuter zu besorgen, die den Beginen schon vor Tagen ausgegangen waren. Zuerst hatte die Meisterin Guta Staiger darauf gehofft, die Zutaten auf dem immer weiter schrumpfenden Markt auf dem Rathausplatz erstehen zu können, doch da die Zahl der in Ulm anlegenden Schiffe täglich sank, herrschte nicht nur an diesen Waren Mangel. »Hier drüben, Anabel!« Die Altstimme der schlanken Begine ließ Anabel herumfahren und auf das bereits vor den Mauern der Abtei wartende Fuhrwerk zusteuern, dessen Ladefläche von einer groben Leinwand überspannt wurde.
    Als sie sich nach einem kurzen Gruß auf den Wagen schwang, wandte Schwester Adelheid den Kopf und teilte ihr mit einer koboldhaften Grimasse mit: »Wir haben Begleitung.« Eine Reihe senkrechter Falten teilte ihre Oberlippe, als sie diese beinahe komisch kräuselte. »Franciscus hat beschlossen, den Zellerar mit nach Söflingen zu schicken. Was bedeutet, dass wir die Nacht dort verbringen.« Sie rümpfte die leicht gebogene Nase und fuchtelte vielsagend in der Luft herum. »Aber es gibt vermutlich Schlimmeres.«
    Nur mit Mühe verkniff sich Anabel, die beim Anblick der stets gut gelaunten Schwester für einen kurzen Nu ihre Sorgen vergaß, ein Kichern, als sie sich ausmalte, wie der lebenslustige Gaudenz und die Äbtissin des Klarissenklosters ihrer weithin bekannten Leidenschaft für gutes Essen und Trinken an einer mit Sicherheit reich gedeckten Tafel nachgehen würden. Mehr als einmal war der kleinwüchsige Zellerar in der Vergangenheit von Einkaufsfahrten zu der reichen Abtei zurückgekehrt und hatte mehr als deutliche Spuren eines vorangegangenen Gelages aufgewiesen. Das Schmunzeln, das ihr sorgenvolles Gesicht erhellte, vertiefte sich. Die Völlerei gehörte ganz gewiss nicht zu den Sünden, vor denen Gaudenz seine Seele bewahren wollte!
    Als

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