Die Launen des Todes
Vielleicht ist ihr Neujahr lieber.«
»Nein, nein, ein gutkatholisches Mädel wie sie will an Weihnachten freihaben.«
»Gut katholisch! Sie wissen, dass sie mit diesem riesigen vollbärtigen Sergeant vom Bahnschutz was hat, und der ist verheiratet und hat vier Kinder.«
»Das muss sie schon mit sich und Vater Kerrigan ausmachen, der bei der Beichte zweifellos einen wortgewandten Bericht präsentiert bekommt, sparen wir uns also die religiösen Vorurteile, was?«
»Aber, Sarge …«, begann Hat flehentlich. Dann sah er in die Felslandschaft von Wields Gesicht und erkannte, dass ihn dort nichts anderes erwartete als eine harte Landung.
Er nahm seine wohlverdiente Strafe auf sich und quittierte DC Novellos Dankbarkeit, als sie hörte, dass er freiwillig für sie einsprang, mit einer selbstverleugnenden Grimasse und Ryes Mitgefühl mit einem gelassenenen Achselzucken. Einen Augenblick lang, als sie ihn aufs Sofa zog, um ihm zu zeigen, wie weit ihre Anteilnahme ging, wurde er sogar erneut von Schuldgefühlen geplagt, doch hielt dies nicht lange an.
Am Weihnachtsmorgen war es so ruhig, dass noch nicht einmal das Gefühl, er könnte sich hier als nützlich erweisen, ihn darüber hinwegtrösten konnte, nicht bei Rye zu sein.
Gegen elf Uhr kam Dalziel hereingeschlendert, auf leisen Sohlen, während er »God Rest Ye Merry, Gentlemen« pfiff. Er nickte zustimmend, als er den Papierberg sah, den Hat von der einen zur anderen Seite geschafft hatte, und sagte: »Genau, Bursche, nutze die Gunst der Stunde.«
»Ja, Sir. Gibt für uns also noch nichts zu tun?«
Der Dicke lachte, kratzte sich am Sack wie ein Pfadfinder, der ein Feuer zu entzünden versuchte, und sagte: »Mach dir da mal keine Sorgen, Junge. Es ist noch früh. Viele dort draußen haben große Mühen auf sich genommen und sind meilenweit gefahren, um ihre Nächsten und Liebsten auf Schlagdistanz zu haben, und bald ist es so weit, dann wird angepfiffen. Man macht die Päckchen auf, die Spannung steigt, verschwindet kurz ins Pub, um ein paar sedative Bierchen einzunehmen, kommt eine Stunde später gut gelaunt zurück, der Truthahn ist verbrannt, der Pudding hart wie Stein, die Kinder greinen, Schwiegermütter warten mit scharfen Kommentaren auf – ein Pulverfass, und alles kann der auslösende Funke sein. Hatten vor ein paar Jahren einen Kerl, der mit einem Tranchiermesser drei Leuten die Kehle aufgeschlitzt hat, und nur, weil seine Liebste sagte, er veranstalte mit dem Vogel ein Massaker, warum lasse er es nicht einfach ihren Dad machen?«
»Aber bei solchen Dingen wird man doch nicht gefordert. Ich meine, man muss ja keinen kriminalistischen Spürsinn mitbringen!«
»Wie man das aus den Krimis kennt? Auf diese aufgeblasenen Schreiberlinge darfst du nichts geben, Bursche. Was wissen die denn schon? Die meisten von denen kotzen sich doch die Seele aus dem Leib, wenn sie mal ein bisschen richtiges Blut sehen.«
Hats Bekanntschaft mit aufgeblasenen Schreiberlingen beschränkte sich auf Ellie Pascoe und Charley Penn. Seine Aversion gegen Letzteren war so stark, dass sie seine Sympathie zur Ersteren völlig in den Schatten stellte, sodass er enthusiastisch zustimmend nickte, was wahrscheinlich sowieso kein schlechter Zug für seine Karriere war.
Der Gedanke kam ihn, wieso der Dicke, der die Peitsche knallen und alle Tiere im Ring herumgaloppieren ließ, überhaupt an Weihnachten anwesend war. Eine Katastrophe im Privatleben? Oder ein plötzlicher Anfall von Altruismus? Hat hielt es nicht für besonders klug, sein Glück herauszufordern und ihn danach zu fragen.
Tatsächlich hatten weder Unglücksfälle noch edelmütiges Betragen die Entscheidung des Dicken beeinflusst, an Weihnachen Dienst zu schieben. Amanda »Cap« Marvell, seine Holdeste, verbrachte den Feiertag bei ihrem Sohn, dem Lieutenant Colonel Pitt-Evenlode MC (dem Helden, als den Dalziel ihn bezeichnete), der schließlich doch noch eine Frau gefunden hatte, die sich von seinen Heldentaten so wenig beeindrucken ließ, dass sie in Betracht zog, seine Frau zu werden. Dalziel war nicht eingeladen.
»Hast du Angst, dass ich sie vergraule?«, hatte Dalziel gefragt.
»Hab eher Angst, dass ich zu viel von dem Blubberzeug trinke und dir dann unter dem Tisch an die Wäsche gehe, was die anderen vergraulen könnte«, hatte Cap in ihrer netten Art geantwortet.
»Spar dir das Blubberzeug für den zweiten Weihnachtsfeiertag auf«, hatte er erwidert und dann seinen höheren Beamten mitgeteilt, sie könnten
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