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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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willst in die andere.«
    Er nahm einen Schluck von seiner Coke. »Du trinkst ja gar nicht deinen Kaffee«, sagte er. »Er ist doch in Ordnung?«
    Wield führte die Tasse an die Lippen und ließ einen Schwall schlammigen Schaums über seine Zähne hereinbrechen.
    »Ja«, sagte er. »Wunderbar.«
     
    Mittlerweile im
latte
-Land, in Hal’s Café-Bar, beliebt zu jeder Jahreszeit, drängten sich an diesem Dezembertag um elf Uhr morgens, mitten im vorweihnachtlichen Einkaufstrubel, mit Tüten und Taschen beladene Yorkshire-Maiden und -Matronen, um ihren müden Füßen eine Rast zu gönnen und sich selbst mit einem raffinierten Kaffee oder traditionellen starken Tee zu erfrischen.
    Alle Tische waren besetzt, kaum ein Stuhl war frei. Platz versprach nur noch ein Tisch für vier Personen, an dem ein einzelner Mann saß, wobei die über Tisch und Stühle verstreuten Bücher und Papiere allerdings andeuteten, dass er auf Gesellschaft nicht erpicht war. Mid-Yorkshire-Frauen auf der Suche nach Erholung und Erquickung lassen sich jedoch so leicht nicht einschüchtern, weshalb von Zeit zu Zeit ein Grüpplein kühn voranschritt, um den Angriff auf besagte Jammergestalt zu wagen. Ach, weh ihren Hoffnungen! Alarmiert von ihrem Vormarsch, ließ er sie bis auf einige Schritte herankommen, um sie dann mit einem finsteren Blick zu belegen, in dem Misanthropie und Lykanthropie um die Herrschaft über seine hohlwangigen, stoppelbärtigen Gesichtszüge wetteiferten und der von solcher Durchschlagskraft war, dass selbst der heilige Georg in seiner Rüstung erbebt wäre. Die meisten flohen auf der Suche nach leichterer Beute, doch eine – eine jüngere, nicht uncharmante, untersetzte Frau mit rundem, liebenswürdigem Gesicht – schritt wacker voran, als wäre Feindseligkeit ihr gänzlich unbekannt, und schien bereits im Begriff, Platz zu nehmen, als eine noch Furcht einflößendere Gestalt sich hinter dem Ungeheuer aufbaute und ihm ins Ohr bellte: »Was ist los, Bursche? Haben die Pubs noch nicht auf?«
    Die Frau, sichtlich schockiert, zog sich zurück, und Charley Penn, denn er war es, hob es zehn Zentimeter von seinem Stuhl, bevor er sich nach hinten umwandte und kraftlos erwiderte: »Das könnte ich dich auch fragen, du fetter Drecksack.«
    »Nein«, sagte Andy Dalziel. »Ich bin ein gewöhnlicher Arbeiter, ich muss dahin, wohin mein Job mich führt. Du bist Gelehrter und Künstler. Das meiste findet bei dir in der Birne statt. Du kannst deine Arbeit überall mit hinnehmen, solang du nicht den Kopf verlierst. Den hast du doch nicht verloren, oder, Charley?«
    Der Dicke wischte von einem der Stühle die ausgebreiteten Papiere und sank schwer darauf nieder, sodass die spindeligen Metallbeine protestierend über den Kachelfußboden quietschten.
    »Am besten holst du dir noch einen für die andere Hälfte deines Arsches, Andy«, sagte Penn, der sich langsam erholte.
    »Nein, wird schon halten, und wenn nicht, kann ich sie verklagen. Du hast meine Frage nicht beantwortet.«
    »Hilf mir auf die Sprünge.«
    »Setzt das Kurzzeitgedächtnis aus? Das ist ein schlechtes Zeichen.«
    »Wofür?«
    »Hab ich vergessen.«
    Penn lachte, was sein wölfisches Aussehen nicht gerade minderte.
    »Hab ich vor kurzem den Kopf verloren? Ich nehme an, du meinst es figurativ. Und nicht physisch? Oder vielleicht metaphysisch? Oder sogar metempsychotisch?«
    »Ich liebe es, wenn du so mit mir sprichst, Charley. Macht mich richtig bescheiden, mit so einem berühmten Menschen befreundet zu sein.«
    Penns begrenzter Reichtum und Ruhm basierten auf einer von ihm verfassten Reihe historischer Romane, aus der eine populäre TV -Serie entstand, in der zu den wogenden Dekolletés ausgelassen die Rotwein-Bouteillen geschwungen wurden. Seine Hoffnung auf bleibende Anerkennung gründete sich auf eine kritische Biographie über Heinrich Heine, zu der er seit Jahren Recherchen betrieb, Recherchen, die ihm den Stoff für seine belletristischen Ergüsse lieferten. Ein ironischer Sachverhalt, der nur seine zynische Sichtweise auf die Dinge bestätigte. Das wäre so, erklärte er, als hätte der angelsächsische Mönch und Kirchengelehrte Bede im Dunkeln leuchtende und »Swing Low Sweet Chariot« spielende Plastikkruzifixe verkaufen müssen, damit er Leib und Seele zusammenhalten konnte.
    »Andy, lassen wir doch den ungehobelten Scheiß. Sag mir einfach, was ich deiner Meinung nach verbrochen habe, damit du dich hier draußen auf die Suche nach mir machst.«
    Eine Kellnerin

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