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Die Launen des Todes

Die Launen des Todes

Titel: Die Launen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reginald Hill
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mal!«, sagte Lee mit einer Aggression, die Wield wieder daran erinnerte, dass hinter der Fassade des unschuldigen Kindes ein mit allen Wassern gewaschener Stricher lauerte. »Alles, was ich weiß, ist, dass sie diesen Carnwath bearbeiten wollen, damit er seine Aussage ändert und die Sache nicht vor das Krongericht kommt, und es ist völlig sinnlos, mich weiter danach zu fragen, denn das ist verdammt noch mal alles, was ich weiß.«
    »Ja, ja, aber schrei hier nicht so rum«, sagte Wield. Die Musik war laut, keiner achtete auf sie, aber allzu große Lebhaftigkeit in einem Lokal wie dem Turk’s war, als würde man auf einer Beerdigung in schallendes Gelächter ausbrechen. »Aber du weißt doch, woher diese Info kommt.«
    Ein Ausdruck uneinsichtiger Widerspenstigkeit legte sich wie eine Dunstglocke um die blassen Gesichtszüge des Jungen.
    Von einem Kunden, dachte Wield. Er würde nicht das Risiko eingehen, eine regelmäßige Einnahmequelle aufzugeben. Und vielleicht war es auch jemand, vor dem er ein wenig Angst hatte.
    Er sollte versuchen, Lee als offiziellen Polizeispitzel zu registrieren, damit dieser dadurch mögliche Einnahmeverluste ausgleichen konnte, allerdings glaubte er, dass es die Mühe kaum lohnte. Vielleicht wollte er es auch einfach nicht. War er erst mal registriert, würden zumindest Dalziel und Pascoe seine Identität kennen und kaum zögern, ihn zu ihren Zwecken einzusetzen, wobei er ihnen nur nützlich sein würde, solange er als Stricher sein Geld verdiente.
    »Okay, vergiss es. Wie wär’s mit einer vernünftigen Vermutung, was sie mit Carnwath vorhaben könnten? Irgendwas, Lee. Du hast Recht, ich will nicht, dass du dir was ausdenkst, aber ich will auch nicht, dass du überhaupt nichts sagst, nur weil es deiner Meinung nach unwichtig sein könnte.«
    Sein milder Tonfall zeitigte sofort Wirkung. Die widerspenstige Miene wurde von kindlicher Konzentration abgelöst.
    »Nichts … er hat nur gesagt, jemand würde am Mittwoch kommen … und frag mich nicht, wer und wann und wo jemand kommt … ich weiß es nicht … nur dass es am Mittwoch passiert …«
    Wield bohrte nicht nach. Wenn, was er bezweifelte, noch was da war, würde er es auch unter Druck nicht preisgeben. »Das ist gut, Lee«, sagte er. »Vielen Dank.«
    Und wieder gab es ihm einen Stich ins Herz, als er sah, wie sehr sich der Junge über das Lob freute.
    Er nahm einige Münzen aus der Tasche. »Hier, hol dir eine Coke.«
    »Nein, schon gut, ich bin dran. Noch ’nen Kaffee?«
    Ohne auf eine Antwort zu warten, ging Lee zum Tresen, wo der unergründliche Türke auf die muntere Begrüßung nicht weiter reagierte, allerdings mit der Gleichgültigkeit eines athenischen Henkers, der den Schierlingsbecher voll goss, die erbetenen Getränke bereitstellte.
    »Also, Lee«, sagte Wield. »Erzähl mir etwas mehr von dir. Hast du überhaupt eine Beschäftigung?«
    »Beschäftigung? Oh, ’ne ganze Menge«, erwiderte er mit einem wissenden Lachen.
    »Nein, das meine ich nicht«, sagte Wield. »Einen richtigen Beruf, mit dem du dir den Lebensunterhalt verdienen kannst. Das, wovon du sprichst, wird dich vielleicht noch mal umbringen. Das weißt du.«
    »Na und? Und überhaupt, wenn Männer zahlen, weil es die einzige Möglichkeit ist, dass sie das bekommen, was sie wollen, was ist daran so schlecht? Ich habe geglaubt, das sei dir klar.«
    Der forsche Blick erinnerte Wield daran, dass er durchschaut worden war.
    »Ich zahle nicht für Sex, Lee«, sagte er und sah ihn dabei unverwandt an. »Wenn ich was nicht freiwillig bekomme, verzichte ich darauf.«
    »Ja, schön, dann gehörst du zu den Glücklichen«, sagte der Junge und senkte den Blick. »Wie ist es mit Mädels, schon mal damit probiert?«
    Die Frage kam wie aus dem Nichts, und Wield versuchte gar nicht erst, seine Überraschung zu verbergen.
    »Tut mir Leid, ich wollte nicht … ich hab mich nur gefragt …«
    »Schon okay«, sagte Wield. »Ja, ich hab’s mit Mädchen probiert. Als ich jünger war … in deinem Alter … Man will so sein wie alle anderen, und bevor man weiß, was mit einem los ist, glaubt man, dass mit einem etwas nicht stimmt. Ist es nicht so?«
    Noch während er es sagte, wusste er, dass er von einer bescheuerten Voraussetzung ausging. Als Stricher musste er nicht unbedingt schwul sein. Lees Antwort allerdings bestätigte, was er insgeheim angenommen hatte.
    »Ja, ich weiß, was du meinst«, sagte er bekümmert. »Als ob alle in die eine Richtung rennen, und du

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