Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
Gärtnerburschen hin.
»Was bringst du denn da an, Mirza? Einen Stopfen.«
Richtig, mein Junge. Und nun zeig, was du kannst.
Er betrachtete das Ding ziemlich irritiert. Aber plötzlich schien ihm eine Erleuchtung zu kommen. Er grinste und warf es mit Schwung durch den Raum.
Ich hinterher. Kurzes Abbremsen. Zuschnappen. Zurück!
»Heia, das macht Spaß!«, lachte Meiko und flammte den Stopfen hinter den Altar.
Kein Problem. Drüber und drauf. Zurück.
Er hatte eine verdammt gute Wurftechnik. Ich hetzte mit dem größten Vergnügen um Kanzel und Taufbecken, Säulen und Beichtstuhl.
Leider passierte uns just, als Meister Clemens dieBasilika betrat, ein kleines Missgeschick. Der Stopfen knallte auf das Brett, auf dem die Farbtiegel standen, ich sprang drauf, und die ganze Angelegenheit kam ins Rutschen.
Clemens und Meiko retteten im allerletzten Augenblick die Töpfe.
Lachend sahen sich die beiden Männer an.
»So hast du auch schon Mirzas Lieblingsspiel entdeckt, Meiko?«
»Nachdem sie mir bei der Handwerksarbeit geholfen hat. Aber nun ist Schluss, Katze. Jetzt wird ernsthaft gearbeitet.«
Das war mir recht, ich hatte Anstrengung genug gehabt.
Meiko stellte die Töpfe wieder in Reih und Glied und sah dann zur Wand auf.
»Ihr seid ein äußerst talentierter Maler, Meister Clemens. Man vermeint förmlich, durch die Säulen hindurchgehen zu können.«
»Eine Frage der Perspektive. Ich liebe es, damit zu experimentieren.«
Noch einmal lachte Meiko auf.
»Oh, und Ihr habt sogar Motive aus dem Leben mit eingebracht. Hier lugt ja Mirza unter einem Gewandsaum hervor!«
»Das war die Idee meiner Schwester. Wenn es den Mönchen nicht gefällt, werde ich es wieder übermalen.«
»Nun, Pater Melvinius wird es sicher zu schätzen wissen. Und – oh, Ihr habt ja dem heiligen Joseph, unter dessen Mantel sie sitzt, sogar des Paters Gesicht gegeben.«
»Ich – ähm – ja, das scheint so. Das ist mir gar nicht recht klar geworden.«
»Nun, es sieht ihm sehr ähnlich, und warum auch nicht? Melvinius ist ein guter und freundlicher Mann. Fast ein Heiliger. Darum lasst es nur.«
»Warten wir ab, was er selbst dazu sagt. Nun werde ich erst einmal den Putz für den Himmel auftragen.«
Meister Clemens legte seine Schürze an, und Meiko bot sich an, ihm einen Eimer Wasser zu holen. Ich hingegen bewunderte noch einmal kurz mein Konterfei und machte mich anschließend von dannen.
Es war ein wenig trüb, aber nicht regnerisch, und ich unternahm einen vorsichtigen Abstecher über die alte Mauer. Das hatte ich bisher noch nicht gewagt. Es war Diabolos Revier.
Eibenbüsche, uralt, standen hier, finster und giftig. Dazwischen steinerne Kreuze, moosig, manche von Efeu überrankt.
»Sie verscharren ihre Toten hier!«, sagte Diabolo, der wie ein Geist unter der Eibe auftauchte.
»Ach ja? Machen sie so etwas? Na ja, Aas riecht ja auch nicht gut.«
»Sie singen dazu.«
»Hm. «
Katzen singen auch, aber aus anderen Gründen. Versteh einer die Menschen.
»Aber oft kommt das nicht vor.«
»Nein?«
»Sie verscharren hier nur die, die im Kloster wohnen.«
»Und die anderen?«
»Keine Ahnung. Es gibt ja noch den Misthaufen.«
»Ja. Natürlich.«
Da sang man auch vermutlich nicht. Komisches Volk, diese Menschen.
»Du bist im Wald gewesen!«
»Was dagegen, Diabolo?«, fragte ich etwas spitz, denn seine Einschüchterungsversuche waren mir noch deutlich in Erinnerung.
»Kannst da rumstreunen, solange du willst. Aber leg dich nicht mit Raguna an.«
» Ich lege mich mit niemandem an.«
»Nein, du bist ja auch ein verwöhntes Schoßkätzchen...!«
Ein warnendes Grollen kroch in meiner Kehle hoch.
»Willst du mit mir kämpfen?«, fragte Diabolo grinsend.
»Willst du mich immer weiter beleidigen?«, schoss ich zurück.
»Empfindest du die Wahrheit als beleidigend?« »Ich bin kein Schoßkätzchen!«
Mein Schwanz plusterte sich vor Empörung auf, und ich stimmte ihm ausnahmsweise mal zu. »Puschelschwänzchen!«
»Aasfresser! Totengräber!
»Bettelprinzess!«
»Prinzessin ja, aber ich bettele nicht!«
»O doch! Du lässt dich von jedem Dahergelaufenen kraulen und bettelst um Futter!«
»Ich lasse mich nur von Menschen anfassen, die mich mit Achtung behandeln.«
»Menschen behandeln unsereins nicht mit Achtung!«
»Manche schon.«
»Du wirst deine Erfahrung noch machen!«
»Wenn du meinst!«
»Willst du mein Revier sehen?«
Das war sozusagen ein Friedensangebot, und ich schloss mich mit einem gewissen Zögern
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