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Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl

Titel: Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Ohren und den tiefgründigen Augen. Ich musste es einfach... äh... vorschlagen.«
    Warum lügst du, Kristin?
    »Soll ich Euch ein Geheimnis verraten, Jungfer Kristin?«
    »Ihr kennt Geheimnisse, Meiko?«
    Kristins Stimme klang beklommen.
    »In dem Land, in dem ich einige Zeit gelebt habe, heißt es, Tiere mit roten Ohren stammen aus dem Feenreich.«
    »Oh!«, gluckste Kristin. »Das ist hübsch! Bist du eine kleine Fee im Katzenpelz, Mirza?«
    Klar. Was sonst, Mensch!
    Ich schnurrte sie abgrundtief an.
    Kristin fuhr fort: »Ich habe vor kurzem übrigens eine Geschichte von der Fee hier im Wald gehört, Meiko. Kennst du die auch?«
    »Das über die Herrin der Quelle – ja, davon habe ichgehört. Und – habt Ihr sie bei Euren Streifzügen durch den Wald schon getroffen?«
    »Nein, leider nicht, obwohl mir der Junge, der Jehan – du weißt, der zu Besuch bei der Dame Caroline weilt – mir die Quelle gezeigt hat. Es ist ein zauberhafter Platz mit alten, moosigen Felsen und einem beinahe runden Quelltopf. Doch das Wasser schmeckt scheußlich, genau wie es das Märchen sagt.«
    »Oder man hat das Märchen so erfunden, weil das Wasser bitter schmeckt, nicht wahr?«
    »Vielleicht. Aber ist es nicht hübscher zu glauben, die Tränen einer Fee machten es bitter?«
    »Jungfer Kristin, haltet es mit Eurem Glauben, wie Ihr es beliebt.«
    »Du schätzt solche Vorstellungen nicht, merke ich. Dennoch, es ist ein schöner Platz, und was das Herz bewegt, lädt auch zum Träumen ein, Meiko!«
    Meiko zog sich nun auch das Wams über und verschnürte es. Ich bemerkte, wie Kristins Blick einen Moment an seiner verstümmelten Hand hängen blieb. Er hingegen lächelte sie nachsichtig an und fragte dann: »Habt Ihr Euch mit Jehan angefreundet?«
    »Jehan? Oh ja, er ist ein höflicher und sehr aufgeweckter Junge. Aber er spricht unsere Sprache recht eigentümlich, Meiko – so ein wenig wie Pater Melvinius.«
    »Ach ja?«
    »Meiko – und ich habe schon mehr als einmal gedacht, dass zwischen dem alten Mann und dem Jungen eine gewisse Ähnlichkeit besteht, findest du nicht auch?«
    Ein scharfäugiges Jüngferchen, diese Kristin.
    »Was wollt Ihr unserem guten Pater damit unterstellen, Jungfer Kristin?«
    »Oh, nichts, das seine Ehre berührt. Ich dachte nur, sie könnten vielleicht miteinander verwandt sein.«
    »Nicht alle Menschen, die aus einem Land kommen, in dem man die fränkische Sprache spricht, sind untereinander verwandt.«
    »Nein. Nein, sicher nicht. Ihr müsst mich für töricht halten.«
    »Das tue ich nicht, Jungfer Kristin. Aber Ihr wisst, wie schnell dumme Gerüchte entstehen, darum sollte man derartige Vermutungen besser für sich behalten. Ich schätze Pater Melvinius sehr.«
    Kristin sah ein wenig betreten aus, und Meiko setzte sich ihr zu Füßen ins Gras.
    »Ich auch. Ich werde derartige Äußerungen nicht mehr machen. Aber sag, Meiko – Clemens und ich sind morgen auf dem Gut Rommerskirchen zu Gast, und dazu müssen wir den Karrenweg durch den Wald nehmen. Ich... ich habe jetzt Angst.«
    »Vor dem Herrn von Rommerskirchen?«
    Kristin ließ ein kleines verdutztes Lachen hören. »Nein, nein. Ich meine, wegen des Luchses. Wenn der hier sein Unwesen treibt...«
    »Ein Luchs vermeidet die von Menschen begangenen Wege gewöhnlich. Vorhin muss etwas Ungewöhnliches vorgefallen sein. Vielleicht war er auf der Jagd, und Ihr habt seine Beute aufgestöbert. Ihr werdet gefahrlos zum Gut gelangen, vor allem am helllichten Tag.«
    »Ja, vermutlich hast du Recht. Es ist wichtig für uns, weißt du. Der Herr Sivert spielt mit dem Gedanken,die Halle ausmalen zu lassen. Warst du schon mal dort, Meiko?«
    »Ich? Ein Gärtnerbursche?«
    Meiko sah sie treuherzig an, und ich fragte mich, warum auch er log. Kristin stellte sich offensichtlich die nämliche Frage.
    »Ich weiß nicht, Meiko. Manchmal will es mir scheinen, als ob du nicht immer ein Gärtner warst.«
    »Nein? Wie kommt Ihr darauf, Jungfer Kristin?«
    »Du sprichst nicht so gewöhnlich wie die Knechte und Arbeiter hier. Du arbeitest noch nicht lange im Kloster, nicht wahr?«
    »Seit August.«
    Sie nickte, und mit einem Blitzen in den Augen, das ich nur zu gut von mir selbst kannte, fragte sie: »Wo kommst du her?«
    »Oh, von hier und da, Jungfer Kristin.«
    »Und wie hast du die beiden Finger verloren?« »Ihr seid neugierig wie eine Katze!«
    Wie wahr! Wie ich! Ich legte mich in meiner besten Zuhörhaltung zurecht, die Vorderpfoten gekreuzt, das Kinn darauf

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