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Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl

Titel: Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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auf meinem morgendlichen Spaziergang mit Pater Melvinius. Wir schlenderten – er ging gerne langsam und gemütlich, sodass ich ihm gut folgen konnte – über die Obstwiesen zu den Stallungen. Dort hielt er einen kleinen Plausch mit dem Hufschmied, einem gemütlichen Mann mit Armen, dick wie Baumstämme, während ich hinter ein paar herabgefallenen Blättern herjagte, die der Wind aufwirbelte.
    Aus heiterem Himmel fiel ein schwarzer Schatten auf meinen Kopf. Erst im allerletzten Moment konnte ich dem scharfen Schnabel ausweichen. Schon zog dieses schwarz-weiße Biest wieder hoch und begann seinen nächsten Angriff. Mit einem ohrenbetäubenden Krächzen stieß die Elster auf mich herab. Ich sprang zur Seite. Sie flatterte wieder hoch. Plante einen erneuten Schnabelhieb.
    Melvinius bemerkte jetzt auch meine ungemütliche Lage und kam auf mich zu gelaufen, wobei er heftig in die Hände klatschte. Das behagte dem Vogel nicht, und er stieg wieder in die Lüfte. Höhnisch krächzend hockte er dann in einem Apfelbaum und gab Beleidigungen von sich.
    »Blödes Geflügel. So was wie dich verzehre ich normalerweisezum Frühstück!«, fauchte ich zurück und spurtete los. Der Apfelbaum eignete sich wunderbar zum Klettern, und schon hatte ich die Astgabel erreicht, in der die Elster ihr Nest hatte. Sie machte Anstalten, es zu verteidigen, und verlor dabei eine Anzahl schwarzer und weißer Federn. Ein wenig gerupft ließ ich sie dann aber doch entkommen, nur dem Nest versetzte ich noch einen ordentlichen Hieb. Ästchen und Moosfasern, Stoffrestchen und Lederbändchen flogen vom Baum.
    Und dann sah ich es. Mitten in dem Nest glitzerte etwas. Ein wenig musste ich mit der Balance kämpfen, aber dann hatte ich das Ding im Maul. Mal sehen, was Melvinius dazu sagte.
    »Sieh da, Mirza hat das Nest einer diebischen Elster geplündert. Schaut, Hufschmied, sie hat einen Goldflorin mitgebracht.«
    Der Hufschmied, der ebenfalls herbeigekommen war, streckte staunend die Hand aus, um sich das goldene Scheibchen anzusehen. Und ich hatte jetzt Gewissheit. Dies war das gleiche Ding, mit dem die Moen und ich gespielt hatten.
    »Da wird sich aber jemand grämen, den an die Elster verloren zu haben.«
    »Wird wohl einer der Besucher gewesen sein, der sein Pferd bei Euch einstellt«, vermutete Melvinius und drehte die Münze in den Fingern, sodass sie aufblitzte.
    »Wenn Ihr mich fragt, Pater, so wird es eher einer der Euren gewesen sein. Ich sah Diakon Arnoldus vor kurzem hier eifrig das Gras durchsuchen. Immerhin, es ist viel Geld. Diese Münze ist ein Viertel meines Jahreslohns wert!«
    Kein Hungerlohn also, denn der Hufschmied sah wohlgenährt aus!
    Die Moen hatte eine Menge davon. Aber anscheinend hatten sie ihr nichts bedeutet. Für den Stalljungen war eine kleine Kupfermünze schon von hohem Wert, Meiko jedoch achtete sie sehr gering.
    »Aber Hufschmied, der Diakon wird schwerlich Goldmünzen sein Eigen nennen. Ihr wisst doch, wir haben dem persönlichen Eigentum entsagt.«
    Der Schmied hob nur die Schultern.
    »Wenn Ihr es sagt.«
    Melvinius ging auch nicht weiter darauf ein, aber ich merkte, wie nachdenklich er plötzlich geworden war.
    Ich auch. Ich dachte über die Bedeutung des Geldes nach.
    Das musste so sein wie mit Mäusen. Wenn man hungrig ist, freut man sich über die kleinste, verstaubte Hausmaus. So wie sich die mageren Stalljungen über die Kupfermünze gefreut hatten. Hat man hingegen einen vollen Magen, lässt man auch schon mal eine fette Haselmaus entwischen. So, wie die Moen es mit ihren Goldtalern tat, wenn sie mit mir spielte.
    Ich hatte verstanden.
    Nein, ich hatte nicht verstanden.
    Meiko besaß nichts, und er bekam einen Hungerlohn – der ihm gleichgültig war.
    Die Moen hatte einen Goldschatz gehabt – der ihr nichts bedeutete.
    Arnoldus hatte seinen Besitz aufgegeben, aber das Goldstück war ihm wichtig.
    Eine Erklärung fand ich nicht, und resolut schob ich das Problem vorerst zur Seite.
    Pater Melvinius hatte dem Hufschmied das Goldstück überlassen. Ihm war es wohl auch nicht wichtig. Und er forderte mich auf, ihn zur Kirche zu begleiten. Das tat ich gerne, denn nach meinen Berechnungen würde Kristin heute wieder den Pinsel schwingen.
    Wir hörten sie schon leise hinter dem Vorhang summen, als wir in das Gebäude traten. Ich lockte Melvinius zu ihr hin, indem ich ihm schnurrend um die Beine strich.
    »Gott zum Gruße, Meister Clemens.«
    Kristin legte den Pinsel ordentlich auf dem Tiegelrand ab und sprang von

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