Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl

Titel: Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
Vom Netzwerk:
Morgen bei Tageslicht werden wir die sterblichen Reste des Burschen ausgraben lassen. Er soll doch ein christliches Begräbnis erhalten.«
    Arnoldus begleitete den alten Gärtner zum Kloster, und auch die Knechte zogen sich in ihre Unterkünfte zurück.
    Meiko neben mir zitterte in der Kälte. Aber erst, als endgültig Ruhe eingekehrt war, erlaubte er sich, aufzustehen. Er schwankte ein wenig, als er zum Bach ging. Dort an dem zertrampelten Ufer wäre er beinahe ausgerutscht. Aber er schaffte es, sich Ruß und Asche, Blut und Schweiß abzuwaschen. Dann stapfte er, nackt und bloß wie er war, zur Meierei. Als er wieder herauskam, hatte er einen kurzen, halb zerrissenen Kittel an, der nach Käse roch. Dann schlug er den Weg zum Kloster ein, was mich wunderte. Immerhin blieb ich ihm auf den Fersen.
    So ein richtiger Strohkopf war er eigentlich nicht. Er klopfte nämlich leise an Pater Melvinius’ Fenster. Ich wusste, der alte Mann hatte einen leichten Schlaf, und wirklich, nach einigen Versuchen hörten wir ihn fragen, wer da unbedingt stören müsse. Ich kratzte mit meinen rußverschmierten Pfoten an der verschlossenen Klappe, und Meiko bat in der fremden Sprache um Einlass.
    Melvinius erschien kurz darauf an der Abtpforte und forderte Meiko auf, hineinzukommen. Ich nichts wie hinterher.
    » Mon Dieu , was ist geschehen?«
    »Meine Hütte ist abgebrannt, mon Père . Und – wie ich vermute – nicht ganz zufällig.«
    Melvinius, der einen warmen Umhang über seinem Hemd trug, legte diesen um Meikos Schultern und griff nach seiner Kutte.
    »Setz dich, mein Junge. Wie überaus günstig, dass mich Yvain noch immer für krank hält und mit mehr Stärkung versorgt, als ich bewältigen kann. Trink diesen Rotwein.«
    »Danke.«
    »Oh, und hier ist ja auch Mirza. Meine Liebe, lauerst du etwa des Nachts vor meinem Fenster und bist jetzt heimlich mit reingeschlüpft?«
    Melvinius hob mich hoch und drückte mich an sich. Ich freute mich, dass es ihm wieder gut ging, und vergrub meine – vermutlich ebenfalls rußverschmierte – Nase in seinem weichen Bart.
    »Sie schlief in meinem Bett. Mirza hat mich gerettet. Sie roch das Feuer und schrie.«
    »Brave Katze. Wunderbare Katze. Großartige Mirza. Ein so kluges Tier, nicht wahr, Menard?«
    »Vermutlich sogar klüger, als ich dachte. Sie hat sich heute Abend, als ich nach Hause kam, sehr eigenwillig verhalten. Ich werde den Verdacht nicht los, dass sie etwas gesehen oder gerochen hat, was sie irritierte, was ich aber nicht wahrnehmen konnte. Katzen haben sehr feine Sinne.«
    »Ganz richtig. Was hat sie gemacht?«
    Melvinius setzte mich vorsichtig ab und füllte einen Teller aus dem Milchkrug.
    Das tat gut nach dem ganzen Rauch und den hässlichen Gerüchen. Ich schlappte ihn in großer Geschwindigkeitleer, begann meine Ganzkörperreinigung und hörte nur mit einem Ohr zu, wie Meiko das Geschehen der letzten Stunden schilderte.
    »Du vermutest, unter deinem Bett sei das Feuer ausgebrochen? Dazu hätte aber jemand in die Hütte kommen müssen. Kann es nicht doch von alleine geschehen sein? Ein vergessener Funke vom Herd, ein glimmendes Nachtlicht, eine Kerze, die nicht ganz verlöscht war?«
    »Pater Melvinius, wer in einem so dürftigen Holzschuppen haust wie ich, ist gewohnheitsmäßig mit Feuer sehr vorsichtig.«
    »Brandstiftung.«
    »Ich bin mir fast sicher. Ich weiß nur nicht, wie.« »Und warum?«
    »Fragt mich nicht.«
    »Menard – wenn nicht ich fragen darf, wer sonst?« Meiko stützte das Gesicht in die Hände.
    »Menard, du verbirgst etwas, aus Gründen, die dir gewiss wichtig sind. Aber wenn es Brandstiftung war, dann hast du dir hier einen Feind gemacht. Oder es verfolgt dich einer, den du dir an anderer Stelle gemacht hast. Das war kein Schabernack, mein Junge.«
    »Nein. Das war es nicht.«
    »Willst du dich mir nicht anvertrauen, Menard?« »Ich will Euch nicht darin verwickeln, mon Père . Es ist zu kompliziert.«
    »Indem du heute herkamst, Junge, hast du mich schon hineingezogen. Und bitte glaube nicht, ich sei dir deshalb böse. Oder liegt es daran, dass ich deines Vertrauens nicht mehr würdig bin?«
    »Aber nein! Warum sollte ich?«
    Meiko sah den Pater mit aufrichtigem Erstaunen an.
    »Weil auch ich dunkle Flecken in meiner Vergangenheit habe. Du wirst gewiss Gerüchte gehört haben.«
    »Pater Melvinius – Eure Vergangenheit ist Eure Sache. Die meine gehört mir.«
    »Nicht ganz, mein Junge, nicht ganz. Ich trage an großer Schuld, die dich

Weitere Kostenlose Bücher