Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
Unterholz zusammen und wärmten uns gegenseitig.
»Wo liegt die Quelle eigentlich?«, fragte ich Raguna.
»Von hier nördlich des Sonnenaufgangs. Dort steigt ein kleiner Hügel an. Auf ihm stehen die aufrechten Steine eines uralten Menschengrabes.«
»Ist es noch weit bis dorthin?«
»Bei gutem Wetter könnten wir bis zum Abend dort sein. Aber so... Der Sturm wird heute Nacht nachlassen, der Regen wohl auch. Du wirst schon noch bis morgen warten müssen.«
Ich schickte mich drein und hoffte auf den nächsten Tag.
Doch es kam alles ganz anders.
Der Regen und der Sturm hatten wie erwartet ihr Wüten eingestellt, wir erreichten in der Mitte des Tages ebenes Gelände und kamen ein wenig zügiger voran. Doch als wir uns zu einer Rast niederließen, durchbrach plötzlich wildes Hundegekläff die Stille des Waldes.
»Weg hier!«, rief Diabolo und hetzte los. Auch Raguna brachte sich mit weiten Sprüngen in Sicherheit. Ich aber, mit dem Beutelchen im Maul, konnte ihnen nicht in gleicher Weise folgen.
Das Bellen kam näher, und schon hörte ich die Meute durch das Gesträuch brechen.
Ein Baum musste meine Rettung sein.
Kaum einer hatte hier niedrig hängende Äste. Rattenkacke!
Eine schlanke Birke war der einzige Baum, auf den ich gelangen konnte.
Ich sprang.
Kletterte auf schwankenden Zweigen nach oben. Klammerte mich verzweifelt fest.
Das Beutelchen fiel nach unten.
Die Hunde umtanzten den Baum und verbellten mich.
Mächtige Hunde mit mörderischen Fängen, aus denen der Geifer troff.
Ein Mann tauchte hinter ihnen auf, die Armbrust schussbereit.
»Verdammt, ihr sollt keine Katzen jagen!«, blaffte er die Köter an und gab ihnen ein paar kurze Befehle.
Winselnd ließen sie von mir ab und stürmten in eine andere Richtung.
Gerade zur rechten Zeit. Eine letzte Windböe erfasste die schwankende Birke, und ich wurde zu Boden geschleudert.
Natürlich kam ich auf den Pfoten auf, aber dennoch war ich einen Moment verwirrt.
»Der Feenstein!«, schoss es mir durch den Kopf. »Wo ist der Feenstein?«
Er musste irgendwo unter dem Baum liegen. Doch die Hunde und der Mann hatten den Boden zertrampelt. Es kostete mich viel Zeit und Geduld, bis ich das Beutelchen endlich unter dem feuchten, modrigen Laub ausgegraben hatte.
Nun hatte ich zwar meine Beute wieder, aber von Raguna und Diabolo keine Spur. Ihre Witterung aufzunehmen war wegen des nassen Bodens kaum möglich. Wie sollte ich so die Quelle finden? Ich fühlte mich nicht besonders glücklich und sehr alleine. Und in der Ferne bellten immer noch die Hunde.
Nördlich des Sonnenaufgangs, hatte Raguna gesagt, läge die Quelle. Es gab wohl keine andere Möglichkeit, ich musste es ohne sie versuchen. Also machte ich mich auf die Pfoten, wobei ich ständig auf die Geräusche achtete, die die blutrünstige Meute von sich gab. Sie schienen sich aber glücklicherweise zu entfernen.
Es wurde immer morastiger, je weiter sich das Gelände absenkte, und als die Nacht kam, fand ich ein Dornengestrüpp, in dem ich mich einigermaßen sicher fühlte. Aber mein Pelz wurde arg gezaust.
Auch die Morgendämmerung brachte mich nicht auf die Fährte meiner beiden Begleiter. Fuchs, Hase und Igel traf ich, musste mir das empörte Keckern eines Eichhörnchens gefallen lassen, das raue Krächzen eines Eichelhähers und das monotone Unken einer Kröte. In der sumpfigen Niederung wurden meine weißen Pfoten und mein Bauch schlammig, und ich wagte nicht einmal daran zu denken, welchen Aufwand ich haben würde, das alles wieder zu reinigen.
Meine höchste Aufmerksamkeit galt dem Feenstein zwischen meinen Zähnen, denn ihn hier im Schlamm zu verlieren wäre entsetzlich. Um einigermaßen trittfeste Stellen zu finden, musste ich mehrmals die Richtung wechseln, und allmählich gewann ich den Eindruck, mich ständig im Kreis zu bewegen. Irgendwann ruhte ich aus, hungrig und erschöpft. Aber nicht lange. Ich versuchte, die richtige Richtung zu finden, und machte mich wieder auf den Weg. Immerhin, das Wetter besserte sich, und manchmal malten sogar die Sonnenstrahlen ein paar wärmende Kringel auf den Boden.
Und so fand ich ihn. In einer Lache Sonnengold.
Verschmiert von Schlamm und verkrustetem Blut, die blonden Haare verklebt und die Kleider zerrissen. Er hatte die Augen geschlossen, und mein erster Gedanke war: »Sie haben ihn erwischt!«
Vorsichtig legte ich den Feenstein neben Jehan und roch an seiner Nase.
Da war noch Atem. Welch ein Glück! Aber wie viel Leben war noch in
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