Die Lauscherin im Beichtstuhl - Die Lauscherin im Beichtstuhl
paar Lumpen lagen, die die Stallburschen hin und wiederbenutzten, um heimlich ein Schläfchen zu halten. Er ließ sich hineinfallen, streichelte mich noch einmal und rollte sich erschöpft zusammen. Aus seiner Hand fiel das Beutelchen.
Ich nahm es auf und schleppte es müde die letzten Schritte bis zu Melvinius’ Fenster. Eine letzte Anstrengung kostete es mich noch, dann war ich in der Kammer und fiel, schlammig und zerzaust wie ich war, mitsamt dem Feenstein auf die schönen, weichen, sauberen Decken seines Bettes.
Das abenteuerlichste Kapitel meines Lebens schien damit beendet zu sein.
Ein enthüllendes Kapitel
Irgendwann bemerkte ich, wie mich jemand mit einem feuchten Lappen putzte. Sehr sanft und geduldig, fast wie die raue Bürstenzunge meiner Mutter. Aber ich war zu erschöpft, um auch nur das leiseste Schnurren von mir zu geben. Ich schlief wieder ein.
Als ich das nächste Mal erwachte, waren es Stimmen, die mich aus der Traumwelt holten. Vertraute Stimmen.
Melvinius und Meiko.
»Sie hat sich die ganze Nacht nicht gerührt, Meiko. Ich fürchte, sie ist ernstlich krank.«
Wieder berührten mich Hände, diesmal sehr kundig und einfühlsam.
»Sie hat aber keine Verletzungen, Pater. Nur mager ist sie geworden. Wahrscheinlich ist sie weit umhergestreunt und einfach nur erschöpft.«
»Aber müsste sie dann nicht wenigstens hungrig sein?«
»Müsste sie. Mirza, Mirza, was hältst du von diesem schönen Futter?«
Viel, aber es war so anstrengend, die Augen zu öffnen. Obwohl das gesottene Hühnerfleisch verlockend duftete.
»Mirza, meine Liebe, ein paar Häppchen. Du musst an die Kleinen denken!«
Ach ja, die Kleinen!
»Die Kleinen?«
»Pater Melvinius, Mirza ist nur noch Fell und Knochen, aber ein rundes Bäuchlein hat sie noch. Ich fürchte, wir haben Nachwuchs zu erwarten.«
»Oh! Mh, ja, sie wurde rollig, bald nachdem du sie hergebracht hast.«
»Pech, dass sie damals entwischt ist. Stoppelkätzchen kommen selten durch.«
Meine Augen gingen auf.
Diese Stoppelkätzchen würde mir keiner nehmen. Es war gar nicht so schwer, sich über den Teller zu beugen.
Nach ein paar Bissen fühlte ich mich schon wesentlich besser.
Als der Teller leer war, hatte ich auch noch die Kraft, die Sahneschüssel auszulecken.
Und mich – wenigstens ein bisschen – zu putzen.
»Na also!«, stellte Meiko fest. Er sah gut aus, der Gärtnerbursche. Er trug ein neues Wams aus weichem, rehbraunem Leder, ein weites, fleckenlos weißes Hemd, glatt anliegende dunkle Lederhosen und neue Stiefel. Sein Gesicht war sauber rasiert, seine Haare waren glänzend gebürstet und ordentlich mit einem schwarzen Samtband zurückgebunden. Wie ein Edelmann, wenn auch in ländlicher Tracht, so wirkte er.
»Und was ist das hier?«, fragte er dann. »Hast du eine tote Maus mitgebracht?«
»Irgendeinen Stofffetzen hatte sie bei sich, als sie kam. Sie hat ihn nicht losgelassen, mich sogar im Schlaf angefaucht, als ich ihn ihr fortnehmen wollte.«
Ich saß auf dem Beutelchen, und als Meiko danach griff, rückte ich zur Seite, damit er ihn an sich nehmen konnte. Irgendwas sagte mir, er habe ein Recht dazu.
»Das ist schmutziger Samt. Seltsam – wo mag sie das her haben? Oh, es ist etwas darin!«
Meiko entknotete die Bänder, und der Feenstein glitt in seine Hand.
»Allmächtiger!«, war sein einziger Kommentar. Melvinius trat näher hinzu und betrachtete den Kristall ebenfalls.
»Darf ich?«
»Nehmt ihn, Pater.«
Der alte Mann hob den Stein hoch und hielt ihn gegen das Licht, das durch das Fenster fiel. Seine Augen verdunkelten sich, und ein Beben ging durch ihn hindurch. Ich hatte große Furcht, sein Herz würde wieder zu holpern anfangen, doch ganz im Gegenteil. Es schien, als ob er plötzlich jünger wurde. Seine Haltung straffte sich, sein Gesicht leuchtete, und ein strahlendes Lächeln glitt über seine Züge.
»Ein goldenes Haar in einem Kristall«, flüsterte er ergriffen.
»Man sagt, es sei eines der Haare Mariens. Diese Amulett hat sich vor vielen Jahren meine Mutter von einem Reliquien-Krämer andrehen lassen.«
»Meiko?«
Meiko zuckte mit den Schultern.
»Mögen die Götter wissen, wo Mirza das gefunden hat. Ich dachte, es sei entweder abhanden gekommen oder mit meiner Mutter ins Grab gewandert.«
Melvinius legte es in seine Hand zurück und schüttelte den Kopf.
»Deine Mutter lebte also hier in der Nähe?«
»Ja, Pater. Es scheint, ich muss Euch alles erklären.«
Er kam nicht dazu, denn Yvain polterte in
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