Die Laute (German Edition)
der vergangenen Nacht eine Überdosis LSD in die Thermoskanne mit Tee gekippt. Wenn ich mich richtig erinnere, waren Lecter und Starling doch ineinander verliebt! Ist es das, was ihr in Bogdans Blick Angst gemacht hat? Als ich in den Badezimmerspiegel schaue, blickt mich ein Fremder an. Blutergüsse am ganzen Körper, Schürfwunden, Striemen. Doch alles, was ich rekonstruieren kann, hat die Konsistenz eines Traums. Immerhin habe ich es irgendwie nach Hause geschafft. Und außer einer Summe, die man gemeinhin für ein Taxi von Balice nach Nowa Huta zahlt, fehlt nichts in meiner Brieftasche.
Ich dusche lange, um diesen schmierigen Film von Schweiß und Tränen abzuwaschen.
Sie erklärt es nicht weiter. Hat ohnehin schon mehr Worte gemacht, als sie sonst in einem Dutzend Treffen mit mir verliert. Irgendetwas muss tatsächlich durch ihre harte Schale der Teilnahmslosigkeit gedrungen sein, irgendetwas zutiefst Unheimliches und Bedrohliches. Natürlich nervt mich Bogdan, jedes Rumpeln und Poltern aus seiner Wohnung unterbricht, ja tötet einen Gedanken. Für gefährlich aber halte ich ihn nicht.
Doch wer weiß, wozu Einsamkeit einen Menschen am Ende treibt.
Sie sitzt mir gegenüber auf dem Küchenstuhl, nippt von ihrem Wasser, blickt kurz auf meine Hände, mein Gesicht, und zeigt keinerlei Regung angesichts der Schürfwunden und Blutergüsse. Gerade für diese Regungslosigkeit liebe ich sie.
Immer liegt oder sitzt sie oben, auf mir, bestimmt den Rhythmus und die Dauer und bricht, wie sonst nur ein Mann, einfach ab, wenn sie gekommen ist oder genug hat, ohne Rücksicht auf meine Bedürfnisse.
Mir ist es nur recht. So nimmt sie mir die Verantwortung für unseren Sex, und normalerweise komme ich ja sehr schnell. Wenn ich nicht kurz vorher noch masturbiert habe.
Mein Glied fühlt sich in ihr wie zu Hause. Sie verströmt einen Geruch nach Oliven, wenn sie erregt ist. Ein vertrauter Geruch, der mich ruhig und erwartungslos werden lässt.
Beim Orgasmus hält sie ihre Lippen zusammengepresst. Mir rinnt der Schweiß in die Augen, sodass sie zu tränen beginnen und ich sie schließen muss. Ich schwitze, obwohl ich nicht viel mehr tue, als still zu halten. Ich schwitze bereits, wenn ein anderer Körper auch nur in Hautnähe ist. Ich schätze, sie fickt wie eine routinierte Frau. Eine Mutter. Eine Gläubige, die ihren Mann noch nie nackt gesehen, ihm aber zwölf Kinder geboren hat.
Ich wollte, sie ginge gleich und ließe mich allein. Sie steigt aus dem Bett, geht zu ihrer Tasche. Und so, von hinten, im Moment des Gehens, ist sie in meinen Augen plötzlich eine schöne Frau. Sichtlich älter als ich, aber nicht verbraucht, verlebt, gezeichnet, sondern umsichtig und geschmeidig in ihren Abwehrkämpfen.
Sie hat ihren eigenen Laptop mitgebracht und steigt mit ihm wieder zu mir ins Bett. Sie öffnet ihn und schiebt die DVD mit ihren Schnittabfällen in den Schlitz.
Jetzt würde ich sie gerne küssen. Aber ich weiß, sie mag es nicht. Zumindest keine Küsse auf den Mund.
Ein einziges Mal habe ich sie geküsst. Oder sie mich. Aus Versehen. Und ich habe in ihrem Kuss gespürt, wie traurig sie ist, kein Mann zu sein.
Sie will nicht, dass ich sie kenne. Sex ohne Erkennen. Im biblischen Sinne bleibt dann natürlich nicht mehr viel übrig. – Manchmal redet sie in der dritten Person von sich.
Sie umarmt mich nicht. Nicht einmal zur Begrüßung oder zum Abschied. Als bedeute Umarmung Gefangennahme. Nur einzelne Teile berühren sich, isoliert vom Rest des Körpers. Eine Erektion ohne Erregung, ein Fleischast im Astloch, gefühllos wie ein Spechtschnabel. Ausgefeilte Technik statt Gefühlskomplikation. Ein Doktorspiel oder ein Spiel mit Puppen, sie aus Gummi und ich aus Holz.
Damals, bei dieser kindischen Geschichte mit Inaja, hatte ich noch die Illusion, Liebe heiße, zu weit zu gehen, über jedes Maß, jede Grenze hinaus.
Nun, ein wenig weiß ich doch über sie. Steckt mein Glied in ihr, spürt es etwas davon. Rekrutenschwänze. Haarige Achseln und unrasierte Scham. Ja, und etwas Ungewaschenes, vor dem sie sich heute ekelt.
Alles lückenhaft, doch genug, um zu verstehen und sich nicht zu beschweren. All diese vorangegangenen Männer sind in ihrem Spalt immer noch gegenwärtig. Alle Wunden werden wieder aufgerissen.
Das größte Entgegenkommen, das ich ihr schenken kann, ist mein unverhohlenes Desinteresse.
Die Kamera befindet sich in einem Flugzeug. Filmt einen Luftkampf mit Fesselballons. Ein Dorf wird bombardiert, Kolonnen
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