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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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erkundigen?« Er hob die Öllampe auf und untersuchte die Verletzungen in ihrem Gesicht. »Wie steht es mit dem Rest Eures Körpers?«

    Erschrocken sah sie ihn an.
    »Ihr sollt Euch nicht entblößen. Glaubt mir, ich habe viele missbrauchte Frauen gesehen. Wenn es im Krieg geschah, haben die meisten es nicht überlebt. Habt Ihr geblutet?«
    Sie senkte den Blick.
    »Schmerzt es stark?« Er deutete auf seinen Unterleib.
    Jeanne hob die Schultern.
    »Wenn es nicht mehr allzu sehr schmerzt, sollte es keine Probleme geben.« Er löste einen kleinen Beutel von seinem Gürtel. »Darin sind eine Salbe für die Schwellungen und Blätter vom Beinwell, aus denen Ihr einen Sud aufgießt, mit dem Ihr Euch zwischen den Beinen säubert.«
    Schamvoll starrte sie auf ihre Füße.
    »Wenn etwas aus dem Gleichgewicht geraten ist, müssen wir danach trachten, es wieder ins Lot zu bringen. Eure Seele kann ich nicht heilen, aber Eurem Körper kann ich zumindest helfen, und ich bitte Euch, Euch selbst zu helfen, denn Euer Vater braucht Euch.«
    Alarmiert hob sie den Blick.
    »Die Klinge hat mehrere Sehnen durchtrennt auf eine Weise, dass ich sie nicht zusammenflicken kann.« Hippolyt seufzte. »Mindestens zwei Finger an jeder Hand werden versteifen. Außerdem werden die Verletzungen nur langsam heilen. Ihr müsstet also dafür Sorge tragen, dass Euer Vater die Finger möglichst ruhig hält und nicht mit Unrat in Berührung kommt.«
    »Natürlich. Erklärt mir genau, wie ich helfen kann«, sagte Jeanne, die inständig hoffte, dass es ihrem Vater weiterhin möglich sein würde, seinem Handwerk nachzugehen. Seine Hände, dachte sie, warum ausgerechnet seine Hände! Es war ihre Schuld, denn er hatte sie schützen wollen. Gott im Himmel, flehte sie, hilf ihm, bitte hilf meinem Vater!
    Anschließend erklärte Hippolyt: »Euer Mann hatte einen Durchschuss. Zumindest haben wir keine Kugelreste gefunden.
Ich müsste mich täuschen, wenn er das Knie je wieder bewegen kann. Es tut mir leid.«
    »Er wird es überleben. Ich stehe tief in Eurer Schuld, Medicus. Gott mit Euch und Gerwin.« Sie versuchte zu lächeln, verzog jedoch schmerzhaft das Gesicht.
    »Wir werden Euch zwei Tage begleiten. Dann allerdings trennen sich unsere Wege. Esst, schlaft und versucht zu vergessen. Ihr seid jung und schön.« Hippolyt reichte ihr die Hand und half ihr aufzustehen. Dann öffnete er die Tür und sagte beim Hinausgehen: »Non, si male nunc, et olim sic erit . 19 «

18
    Die Flussschiffer führen ein gemächliches Leben, dachte Gerwin und beobachtete den mit Säcken beladenen Kahn, der auf den grauen Fluten des Mains dahintrieb. Der Mai war mild, über den blühenden Wiesen und Bäumen schwirrten Bienen und Käfer, emsig bemüht, ihr Tagwerk zu erfüllen. Das Leben war ein steter, harter Kampf, und Gerwin begann zu verstehen, dass es sich lohnte, die seltenen Augenblicke vollkommener Stille und Schönheit zu schätzen, die sich einem boten, wenn man sich die Freiheit nahm, sie zu bemerken. Sein Pferd trabte gleichmäßig über den ausgefahrenen Uferweg, dem sie seit Frankfurt folgten. Er war an die Spitze des Reisezugs geritten, um für eine Weile seinen Gedanken nachhängen zu können. Solange er sich neben dem Wagen hielt, konnte er nicht aufhören, nach Jeanne zu sehen.
    Das strahlende, unschuldige junge Mädchen aus Dresden gab es nicht mehr. Sie hielt sich tapfer, kümmerte sich rührend um ihren Vater und zeigte sich ihrem Gatten gegenüber pflichtbewusst.
Letzteres schmerzte Gerwin am meisten. Er verdiente sie nicht. Dieser hochfahrende, frömmlerische Franzose hatte keine liebevollen Worte für seine geschundene Frau. Frauen, hatte Gerwin erkannt, waren ein Geschenk Gottes. Er stimmte nicht mit der Bibel überein, in der die Frau als hinterlistige Sünderin und Verführerin verteufelt wurde, die schuld sei an der Verstoßung der Menschen aus dem Paradies. Selbst die durchtriebene Adelia hatte ihre Vorzüge. Es galt, den Frauen gerecht zu werden, ihre Schönheit zu preisen und sie zu ehren - dann wurde man königlich belohnt. Und Jeanne, dachte Gerwin, war eine Rose, ein kostbares Juwel, das seine Liebe zum Strahlen bringen würde. Doch es schien so, als wollte das Schicksal es nicht zulassen. Seufzend glitt sein Blick über die Weinberge.
    »Ich, die Platane, bin dürr. Doch umrankt und umwoben vom Weinstock, trag ich das fremde Laub wie einen eigenen Schmuck. Aber ich stützte auch einst mit grünem Gezweige die Trauben, als ich an Blättern so reich wie

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