Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
beim Anblick der Robe Magenbeschwerden, wandte sich ab und lenkte ihre Aufmerksamkeit auf das Geschenk der Lady.
    In dem hübschen Samtbeutel fand sie zuoberst eine kleine silberne Brosche in Form einer Laute. Das winzige Schmuckstück war wunderschön gearbeitet, und man konnte sogar die Wirbel
und einzelne Saiten sehen. Sie legte es zur Seite und nahm einen vielfach gefalteten Bogen heraus, der verschnürt und versiegelt war. Ihr Herz klopfte erwartungsvoll.
    Verehrteste, vielgeliebte Jeanne,
    verzeiht meine anmaßenden Worte, doch ich trage das Herz auf der Zunge und bin kein Galan, der bei Hofe geschult wurde, den Damen mit Worten schönzutun. Da ich meinen Brief in den vertrauenswürdigen Händen einer Dame weiß, die Euch nicht unbekannt ist, hoffe ich zumindest, Eure Aufmerksamkeit für wenige Augenblicke auf meine armseligen Zeilen lenken zu können. Ich habe lange überlegt, ob und was ich Euch schreiben soll. Wie es um meine Gefühle für Euch bestellt ist, dürfte Euch nicht verborgen geblieben sein, und es gab einen Moment in jener Nacht in der Herberge am Rhein … Nun, Ihr wisst schon, welchen. Damals fühlte ich mich Euch verbunden wie nie einem Menschen zuvor, auf eine Art, die mir bis dato unbekannt war.
    Ich sehe Euch noch vor mir, als Ihr mit Eurem Vater auf dem Ochsenkarren von Friedger Pindus, Gott sei seiner Seele gnädig, nach Helwigsdorff kamt. Es ist viel geschehen seither. Wenn Ihr mich sehen könntet - ich sitze an der Dronne unterhalb der Abtei von Brantôme, einem paradiesischen Fleckchen Erde, das der Krieg beschmutzt hat. Ich bin ein anderer geworden, genau wie das Schicksal Euch geformt hat. Es ist vermessen, mich nach Euch zu sehnen. Zerreißt dieses Papier, wenn Ihr Euch als verheiratete Frau beleidigt fühlt. Für mich seid Ihr immer Jeanne, die schöne Lautenistin, die an einem Abend nur für mich gespielt hat. Dafür danke ich Euch von Herzen.
    Wer kann sagen, was das Leben für uns bereithält? Der Krieg ist eine unzähmbare Bestie, die zupackt und zerfleischt, wenn man denkt, sie habe sich schlafen gelegt. Hippolyt und ich haben uns den reformierten Truppen angeschlossen, weil wir helfen können, und dabei ist es uns gleichgültig, welcher Konfession die armen Kerle mit zerfetzten Gliedmaßen sind, die vor uns auf dem Tisch liegen. Hippolyt lässt
Euch grüßen und sagen, dass er selten eine tapferere Frau als Euch gesehen hat. Das denke ich auch und noch viel mehr, aber das spare ich mir auf für den Tag, an dem ich Euch wiedersehen darf.
    Erlaubt mir, von Euch zu träumen, ewig der Eure
    G.
    Verschämt wischte sich Jeanne die Augen und faltete den Brief rasch wieder zusammen, um ihn samt Brosche zurück in den Samtbeutel zu stecken.
    »Ach, Gerwin …«, seufzte sie.
    »Ich hoffe, dass ich gute Nachrichten überbracht habe!« Lady Dousabella tippte ihr mit einem Fächer leicht auf die Schulter.
    »Habt vielen Dank, Mylady.« Ihre Hände hielten den Samtbeutel fest umschlungen.
    Lady Dousabella setzte sich wieder und ordnete ihre Röcke. Ihre Haut war fast durchscheinend weiß und mit feinen Sommersprossen übersät. Mehrere Ringe, darunter ein Siegelring, schmückten die schlanken Finger. »Wenn Ihr den Rat einer lebenserfahrenen Frau annehmen mögt …«
    Jeanne fühlte die sanften haselnussbraunen Augen auf sich ruhen und hob den Blick. »Mylady.«
    »Manche Frau geht die Ehe nur ein, damit sie sich auf schickliche Weise mit ihrem Liebhaber treffen kann. Viele mir bekannte Edeldamen erfüllen ihre ehelichen Pflichten und haben ansonsten alle Freiheiten, die sie sich wünschen. So ist beiden Seiten gedient, der Anschein wird gewahrt und der Name des Gatten nicht befleckt.«
    »Aber es ist nicht so. Ich meine, ich bin nicht in einer vergleichbaren Situation«, sagte Jeanne leise.
    »Nun, ich wollte Euch nur Mut machen. Irgendein weiser Mann hat gesagt, dass Glück und nicht Weisheit das Leben regiert, und ich sage, dass man das Glück erkennen muss, wenn es einem begegnet. Doch genug davon. Ich liebe Eure Musik und würde Euch
unendlich gern spielen hören. Und unser werter Gastgeber auch, da bin ich mir sicher.« Lady Dousabella erhob sich. Sie schien voller Energie und hatte Jeanne bereits in Bann gezogen.
    Die Musiker im Hause Morel wechselten, doch einen Pariser Theorbenspieler kannte Jeanne von ihrem letzten Besuch, und auch mit einem jungen italienischen Geiger hatte sie bereits musiziert. Die jüngste Tochter des Edelmanns hatte eine schöne Sopranstimme, und die

Weitere Kostenlose Bücher