Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
Vom Netzwerk:
!« Sie kicherte verhalten.
    »Verrückt, meint Ihr?«, fragte Jeanne leise nach.
    »Ganz genau. Imbezill, umnachtet, aber gefährlich!« Sie zog Jeanne außer Hörweite. »Noch weilt der Hof in Blois, doch im Winter kehren sie alle nach Paris zurück, und Ihr werdet das Vergnügen haben, den gesamten Zirkus kennenzulernen.«
    »O nein! Ich glaube, das möchte ich gar nicht mehr«, wehrte Jeanne ab, der die eben gewonnenen Einblicke in die höfische Welt respektvollen Abstand zu selbiger nahezulegen schienen.
    »Liebste Jeanne, Ihr seid ja schon mittendrin! Habt Ihr nicht bereits eine Einladung von der Herzogin von Nemours erhalten?«, lächelte die Engländerin.

    »Das wisst Ihr?«
    »Alle wissen es. So ist das hier. Das Hôtel de Nemours ist ein Treffpunkt für die Großen des Hofes. Ihr werdet es erleben. Oh, und keine Angst, bis dahin weihe ich Euch in die Gepflogenheiten höfischer Diplomatie ein. Eure Reaktion auf Ronsards Spitzfindigkeit war beherzt, aber viel zu ehrlich und damit verfänglich.«
    »Ich will eigentlich nur Musikerin sein …« Sie dachte an ihren Onkel, dessen politisch motivierte Beteiligung an der Ermordung François de Guise’ ihre Mutter das Leben gekostet hatte.
    »Dann versteckt Euch im düsteren hugenottischen Haus Eures Gatten und zupft hinter verschlossenen Türen die Laute«, sagte Lady Dousabella trocken.
    Jeanne presste die Lippen aufeinander und tastete unwillkürlich nach dem Samtbeutel an ihrem Gürtel.
    Der aufmerksamen Lady entging nichts. »Meine Liebe, willkommen in der Welt! Und ich sehe es Euch an, Ihr werdet die Aufregungen, die sich Euch bieten, lieben! Und eines Tages kommt Ihr mit mir nach England. Die Königin ist eine geistvolle und witzige Frau. Sie wird Euch gefallen!«
    Doch Jeannes Gedanken hatten eine andere Richtung eingeschlagen. »Wisst Ihr, wo Gerwin jetzt ist?«
    »Als ich sie verließ, hieß es, die Truppen zögen nach Niort und dann weiter nach La Rochelle. Wollt Ihr etwa dorthin?«
    »Aber nein!« Jeanne legte eine Hand auf ihre Leibesmitte.
    »Ihr seid guter Hoffnung, habe ich es mir doch gedacht! Meine Liebe, setzt Euch. Soll ich Euch etwas zu trinken bringen lassen?«, erkundigte sich Lady Dousabella besorgt. »Es ist Euer erstes Kind, nicht wahr?«
    »Ja«, antwortete sie knapp.
    »Wenn Ihr Glück habt, geht es schnell. Meine Geburten waren wie Spaziergänge, und als ich für genügend Nachkommen gesorgt hatte, habe ich Vorsorge getragen.« Sie zwinkerte Jeanne verschwörerisch zu.

    »Das müsst Ihr mir unbedingt erklären!«, sagte Jeanne voller Hoffnung.

22
    La Rochelle Winter 1569/70
    Nach den verlustreichen Schlachten im Périgord hatte sich Admiral Coligny in den Süden begeben, wo er neue Truppen ausheben wollte. Gerwin vermisste den herrischen und unnachgiebigen Mann nicht und war froh, dass sie mit Heinrich von Navarra und dessen Vetter, dem Prinzen de Condé, weitergezogen waren. Condé war nach dem Tod seines Vaters ein Prinz von Geblüt, ein premier prince du sang, und konnte deshalb ebenfalls Ansprüche auf den Lilienthron erheben.
    Ein armseliger Truppenrest begleitete sie nach La Rochelle, vor dessen Mauern die Anführer der deutschen Söldner erneut ihre Lager hatten aufschlagen lassen - zum großen Bedauern von Königin Johanna von Navarra, die den Truppen noch immer fünfzigtausend Écus schuldete. Finanziell war der Krieg ein Fass ohne Boden; auch die Diamanten, welche Gerwin und Hippolyt unter Lebensgefahr nach Frankreich geschmuggelt hatten, waren wie ein Wassertropfen in der Wüste verdampft. Die Schlachten der vergangenen Monate waren derart verlustreich gewesen, dass es an allen Ecken und Enden mangelte.
    Vom Atlantik wehte stetig ein feuchter Wind über die Mauern von La Rochelle und brachte eine Feuchtigkeit mit sich, die durch Mark und Bein ging. Wäre die Lage in der viel umkämpften Feste der Hugenotten nicht so prekär gewesen, hätten die beiden Ärzte die unwirtliche Stadt längst verlassen. Doch ausgerechnet gegen Ende des Christmonats war ein Fleckfieber ausgebrochen, das bereits viele Todesopfer gefordert hatte.

    Gerwin und Hippolyt standen nebeneinander in ihre Umhänge gehüllt an der Nordwestecke des Hafens. In ihrem Rücken befand sich die imposante Porte de la Grosse Horloge. Vor ihnen erstreckte sich das Hafenbecken, der Eingang flankiert von den zwei riesenhaft aufragenden Türmen Saint-Nicolas und de la Chaîne. Es war noch früh am Morgen, und der Nebel lag dick über dem Meer. Für den Binnenländer

Weitere Kostenlose Bücher