Die Lautenspielerin - Roman
doch die berühmten Ärzte aus Sachsen. Darf ich Euren Rat erbitten?« Plumeaut, dessen Name so viel wie Federwisch bedeutete, schob seine Leibesfülle dicht an Gerwins Stuhl heran und zog eine Münze aus seinem Geldbeutel.
Hippolyt runzelte die Stirn, ließ den ungebetenen Gast jedoch gewähren.
Plumeaut legte einen Écu auf den Tisch. »Sagt mir, was ich nehmen muss, um besser Luft holen zu können und …« Hier senkte er die Stimme. »Wie ich meinen Leib von Gasen freihalten kann.«
»Guter Mann, nehmt Euren Écu.« Hippolyt schob dem verdutzten Fleischer die Münze hin. »Mäßigt Eure Fresslust, trinkt wenig Wein, bewegt Euch viel an frischer Luft, und ich versichere Euch, dass der Leib sich verringert und Euer Wohlbefinden um ein Vielfaches steigen wird.«
»Aber das ist ja unerhört!«, entrüstete sich Plumeaut, und sein massiger Brustkorb wogte. »Mein Geld ist Euch wohl nicht gut genug!«
»Im Gegenteil. Doch ich nehme für einen guten Rat, der nur gesunden Menschenverstands bedarf, kein Honorar. Einen guten Tag, Monsieur«, beendete Hippolyt das Gespräch.
Der Fleischer beugte sich vor und schien zu einer wütenden Erwiderung ansetzen zu wollen, doch Seraphin, der sich im Hintergrund gehalten hatte, richtete sich auf, legte eine Hand an seinen Degen, und Monsieur Plumeaut stapfte schnaufend davon.
»Ihr hättet das Geld einstecken und ihm eine Arznei empfehlen sollen«, meinte Seraphin. »Dann wäre er zufrieden wieder abgezogen. Jetzt habt Ihr einen Feind in La Rochelle.«
»Ach was, ein uneinsichtiger Narr ist das. Seraphin, heb deinen Becher. Und du, Gerwin. Auf Jerg, den besten Freund und
Bruder! Auf Freundschaft und Treue!«, sprach Hippolyt und sah den beiden jüngeren Männern in die Augen.
Doch da wurden sie erneut unterbrochen. Diesmal von Hauptmann Hinrik, der sich ohne Umschweife einen Schemel holte und sich zu ihnen setzte. Als die Magd das Essen auf einer Platte brachte, zog er sie kurz an sich, was sie mit einem koketten Kichern quittierte. »Einen Becher für mich, Täubchen, und einen neuen Krug Wein. Ich wusste, ich finde euch hier, denn das ist das einzige Lokal mit anständigem Essen.« Dann musterte er den jungen Tänzer. »Du bist Seraphin, nicht? Da du allein hier bist, gehe ich davon aus, dass etwas mit Jerg ist?«
Sie klärten Hinrik auf, der mehrmals hustete und sich blinzelnd die Augen rieb. Dann stürzte er einen Becher Wein hinunter. »Verflucht, ich hätte Jerg besuchen sollen. In all den Jahren habe ich es wieder und wieder aufgeschoben. Und jetzt?«
»Er hat oft von euch gesprochen, besonders in den letzten Wochen«, sagte Seraphin. »Und es klang immer so, als wäret ihr alle euch nahe, obwohl Jahre und Länder oder gar Meere euch trennten.«
»Wir sollten hingehen und diesen Dreckskerl Alnbeck zerhacken und an die Hühner verfüttern. Sich das Gut unter den Nagel zu reißen!«, wetterte Hinrik und ballte die Fäuste.
Die Leute an den Nebentischen horchten auf, und Hippolyt legte dem Freund beruhigend eine Hand auf den Arm. »Wir haben Wichtigeres zu tun. Seraphin hat Walters Briefe dabei.«
»Ah!« Erwartungsvoll sah Hinrik Seraphin an. »Können wir auf die Unterstützung der englischen Königin zählen?«
»Ist es das? Arbeitet ihr für Elisabeth von England?«, fragte Gerwin ungeduldig und bemüht, seine Stimme nicht mehr als ein Flüstern sein zu lassen.
»Nicht für Elisabeth, Gerwin, aber in diesem Fall mit ihr, weil sie unsere Sache befürwortet, wenn auch nicht offiziell«, erklärte Hippolyt. »An wen sollen wir uns hier wenden?«
»Sie schicken einen weiteren Agenten nach Paris, Walsingham, und eine gewisse Lady Dousabella hat wohl beste Kontakte zum Hof. Seltsamer Name«, bemerkte Seraphin.
»Exzentrisch, genau wie seine Trägerin«, sagte Hippolyt mit einem feinen Lächeln. »Hat sie nicht einen Brief für dich nach Paris mitgenommen, Gerwin?«
Gerwin wurde rot. »Ich, ja, aber ich wusste nicht, dass sie …«, stotterte er.
»Etwa eine Liebesbotschaft? Sag nicht, du bist noch immer hinter dieser Lautenspielerin her?«, fragte Seraphin mit spöttischem Blick.
»Aber das ist doch unter diesen Umständen sogar ganz passend!« Hinrik lächelte. »Die Guisen würden keinen Verdacht schöpfen, wenn Liebesbotschaften aus unseren Reihen nach Paris gehen. Auf diese Weise könnten wir mit unseren Leuten dort in regelmäßigem Kontakt stehen.«
»Ich weiß doch noch nicht einmal, wie sie zu mir steht. Vielleicht hat sie mich vergessen. Außerdem
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