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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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Arm und begann zu weinen. »Es tut so weh! Vater, es tut so weh!«, schluchzte er und verlor erneut das Bewusstsein.
    »Gerwin, bereite alles vor. Wir brauchen heißes Wasser und Branntwein.«
    Gerwin nickte und holte die chirurgischen Instrumente aus der großen Umhängetasche. Als er die Säge auf den Schemel legte, wandte Christoph von Alnbeck sich mit knirschendem Kiefer ab.
    Bevor sie jedoch mit ihrer blutigen Arbeit begannen, öffnete Hippolyt den Verband des Beines, das zu seiner Zufriedenheit versorgt war. »Hätte die Fäulnis dort ebenfalls schon eingesetzt, wäre alles vergebens. So gibt es einen Funken Hoffnung«, flüsterte er Gerwin zu.
    Alnbeck rief Wiklef und eine Dienerin herein, die frische Tücher, Schüsseln und klares Wasser brachten.
    »Nur einen Funken?«, sagte Gerwin ebenso leise.
    »Der Rest liegt in Gottes Hand …«
    Gerwin wischte dem Jungen über das Gesicht und betrachtete besorgt den zarten Körperbau. Der Brustkorb war leicht eingefallen, wie es bei vielen Kindern vorkam. Und dieses Kind war kurzatmig und wenig belastbar.
    Hippolyt goss reichlich Branntwein auf den Arm, erhitzte seine Instrumente im Kaminfeuer und übergoss diese ebenfalls mit Branntwein. Dann band er den Arm oberhalb der Elle ab und
befahl Gerwin, Wiklef und dem Vater, den Jungen festzuhalten. Das scharfe Skalpell durchtrennte die Sehnen mit Leichtigkeit, und es genügten wenige Züge mit der Säge, den dünnen Kinderknochen zu durchtrennen.
    Alnbeck schrie auf, als der Arm seines Sohnes abgetrennt auf dem Laken lag. In diesem Augenblick stürzte seine Frau zur Tür herein und fiel in Ohnmacht.
    Mit einem Auge beobachtete Gerwin das familiäre Drama. Immer wieder suchte er im Gesicht des arroganten Edelmanns nach einem Hinweis darauf, woher er den Mann kennen möge, denn er wurde das Gefühl nicht los, ihm schon einmal begegnet zu sein.

3
    Von allen Räumen des Froehnerhauses war Jeanne die Werkstatt der liebste. Als sie dort neben ihrem Vater saß und ihre Laute spielte, fühlte sie sich an ihre verlorene Heimat erinnert. Hin und wieder sah Endres auf, legte sein Werkzeug nieder und lauschte der Musik. »Du hast denselben Anschlag wie deine Mutter, Jeanne. Wüsste ich es nicht besser, könnte ich glauben, Christine spielt dieses Madrigal. De Rore?«
    Jeanne nickte und spielte weiter. Sie liebte die Werke des Cyprian de Rore, diese herrlichen chromatischen Madrigale. Die Musik des Niederländers, der den Großteil seines Lebens in Italien verbracht hatte, war farbenfroh und bildreich. Durch die Anwendung der Chromatik, des Einfügens von Versetzungszeichen, welche die sieben Grundtöne der Tonleiter um Halbtöne erhöhen oder erniedrigen konnten, wurde die Musik ausdrucksstärker und erschütterte Musiker und Zuhörer gleichermaßen.
    Die friedliche Stimmung wurde jäh unterbrochen, als die Tür aufschwang und Afra hereinkam. Mit dem Finger auf Jeanne zeigend zeterte sie los: »Schlimm genug, dass wir diese beiden durchfüttern,
aber dass sie mitten am Tage hier sitzt, während wir arbeiten, das ist die Höhe! Wir haben noch Wäsche zu machen! Sie ist ein nutzloses, verwöhntes Ding, zum Wäschereiben reicht es gerade. Komm sofort her!«
    Bevor er ihr zu Hilfe eilen konnte, wurde Thomas, der an seiner Werkbank saß, von einem Hustenanfall überwältigt, und Jeanne fügte sich in ihr Schicksal. Sorgsam legte sie die Laute ab und folgte Afra, deren triumphierender Blick nichts Gutes verhieß. Die Töne klangen noch in Jeanne nach und füllten sie mit Wärme und Bildern einer glücklichen Vergangenheit. Wortlos ging sie über den Hof in das Waschhaus, wo Franz das Feuer am Kessel in Gang hielt und die Magd Zilla die geschrubbte Wäsche spülte.
    Franz zerbrach etwas Reisig, stopfte es unter den Kessel und stellte sich dicht hinter Jeanne, die sich über das Waschbrett beugen musste, um die eingeweichten Hemden und Tücher mit streng riechender Seife zu bearbeiten. Als sie seine Hand auf ihrem Gesäß spürte, fuhr sie herum und schleuderte ihm ein nasses Hemd ins Gesicht. »Lass deine dreckigen Finger von mir!«
    Empört wischte sich Franz die Augen und holte aus, um sie zu schlagen, doch Jeanne war schneller und sprang hinter den Kessel, in dem es brodelte und dampfte. »Komm mir zu nahe, und ich kippe die Brühe aus!«
    »Das wirst du nicht wagen …« Seine Wangen waren rot vor Hitze und Zorn.
    Zilla stand regungslos an ihrem Trog und atmete kaum.
    »Lass es drauf ankommen!« Jeanne packte den Griff des Kessels und

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