Die Lautenspielerin - Roman
einer königlichen Order gekommen war. Es war Arnauld nichts anderes übrig geblieben, als den Anweisungen Folge zu leisten und sie mit einem Wagen nach Paris ins Hôtel Condé bringen zu lassen. Dort war Hippolyt der Erste gewesen, der sie begrüßt und am nächsten Tag zu einem vertraulichen Gespräch mit Katharina mitgenommen hatte. Die Königinmutter war überaus freundlich gewesen, hatte ihre Entführung mit keinem Wort erwähnt und ihr aufgetragen, Königin Johannas Nähe zu suchen und darauf zu achten, mit wem diese sich unterhielt. Katharina entschuldigte sich nicht. Eine Frau wie die Medici rechtfertigte keine ihrer Handlungen, und doch war diese Order, Jeanne in die Sicherheit des Hôtel Condé zu befehligen, eine Art Wiedergutmachung. Zumindest empfand es Jeanne so.
Seit zwei Wochen war sie nun wieder in Paris. In der Stadt herrschte eine Atmosphäre unterschwelliger Nervosität, eine Angespanntheit,
die sich jeden Moment entladen konnte. Es musste an der bevorstehenden Hochzeit von Prinzessin Margot und Heinrich von Navarra liegen. Das katholische Paris war ein Pulverfass, das nur auf den Funken zu warten schien. Die Tinte auf dem Papier des Edikts von Saint-Germain war noch nicht trocken gewesen, als Jeanne auf das Landgut der Paullets verbannt worden war. Über eineinhalb Jahre hatte sie ihren Vater nicht sehen dürfen. Sie hätte Cosmè alles verziehen, aber diese Grausamkeit konnte sie ihm nicht vergeben.
Die Königin wankte, und Hippolyt stürzte nach vorn, doch ihr treuer Wächter, Melchior, stützte sie bereits und geleitete sie zu ihrer Sänfte, die bei jedem Ausflug mitgeführt wurde. Die Sänfte war mit schwarzem Samt ausgeschlagen und trug das Wappen der Bourbonen und Navarras, eine weitere Provokation für den Pariser Pöbel, doch Johanna rückte nicht von ihrer streng hugenottischen Überzeugung ab und ermunterte jeden in ihrer Umgebung, es ihr gleichzutun. Sie war eine Kämpferin, welche das Schwert erst aus der Hand legen würde, wenn das Blut in ihren Adern aufhörte zu fließen. Katharina de Medici wusste das und lud Johanna regelmäßig in den Louvre. Johanna konnte sich den Wünschen der Königinmutter nicht widersetzen, deren Einladungen nichts anderes als Befehle waren mit dem Zweck, Feinde zu kontrollieren oder an sich zu binden. Durch die für den August geplante Hochzeit von Johannas Sohn Heinrich und Katharinas Tochter Margot glaubte die Königinmutter, ein weiteres Instrument zur Beilegung des französischen Bruderkriegs gefunden zu haben.
»Wir kehren um!«, befahl Melchior, und die Soldaten formierten sich schützend um die schwarze Sänfte.
Hippolyt und Jeanne folgten der kleinen Prozession durch die engen Gassen bis zum Hôtel Condé nahe der mächtigen Benediktinerabtei Saint-Germain des Prés. Oft drang der Duft von frisch gebackenem Brot aus der Rue du Four, wo das Backhaus der Mönche stand, herüber.
In den Bezirken der Adligen und Wohlhabenden fanden sich neben den üblichen Berufsständen auch solch exklusive Unternehmen wie die Werkstatt des Seidennaters Veuillot. Werkstatt und Wohnhaus des Seidenstickers lagen gegenüber dem Hôtel Condé, und das goldene Wappen auf der am Eingang wartenden Sänfte zeugte von hochrangiger Kundschaft. Die Wachen der Königin von Navarra sicherten die Straße, während die Tore des Hôtel geöffnet wurden. Jeanne nahm eine Bewegung am Fenstervorhang der Sänfte wahr, dann blickte ein weibliches Gesicht mit vorgehaltener Maske hindurch.
»Hippolyt, seht. Wer ist das?«, fragte Jeanne leise.
Der Arzt wandte sich um, winkte der unbekannten Dame zu und zog Jeanne am Ärmel mit auf die andere Straßenseite. Dort verneigte er sich höflich, und Jeanne sank automatisch in einen tiefen Knicks.
»Eure Durchlaucht, welche unverhoffte Freude!«, grüßte Hippolyt die Herzogin von Nemours.
Die Herzogin nahm die Maske herunter, sah an Hippolyt vorbei und bedeutete Jeanne, näher zu treten. »Liebe, verehrte Madame, welch seltene Freude, Euch in Paris zu sehen! Ihr habt diese langweilige Stadt viel zu lange Eurer herrlichen Musik beraubt.« Anna, die Herzogin, schenkte Jeanne ein warmes Lächeln.
»Nun, Durchlaucht, es stoßen einem Widrigkeiten zu, die …«
»Bitte sprecht nicht weiter. Mir sind Gerüchte zu Ohren gekommen, denen ich keinen Glauben schenken kann, so phantastisch scheinen sie. Meine Gute, Ihr müsst einfach wieder bei mir spielen. Maestro Adriaen wäre ebenfalls entzückt, schwärmt er doch noch immer von Eurer
Weitere Kostenlose Bücher