Die Lautenspielerin - Roman
Hofdame in den Louvre beordert, wo sie jeden Nachmittag für die Damen musizieren musste. Das Musizieren an sich war eine Freude für Jeanne, nur das Leben im Louvre war ihr verhasst. Jeder beobachtete hier jeden, und Geheimnisse wurden sogleich in bare Münze umgesetzt, denn jede Information hatte einen Käufer. Außerdem war sie ständig den begierigen Blicken der Höflinge ausgesetzt.
Die Hitze war unerträglich. Selbst ihre Hände schwitzten, und die Fingerkuppen glitten auf den Saiten ab. Die Bünde aus gezurrten Darmsaiten verrutschten, so dass Jeanne ständig nachstimmen musste. Die Damen fächelten sich Luft mit ihren spanischen Fächern zu, ohne verhindern zu können, dass ihnen die Schminke verlief und sich hässliche Ränder an Nacken und Kragen bildeten. An den Gestank im Louvre hatte Jeanne sich gewöhnt, doch heute war es geradezu pestilenzartig, und immer wieder musste sie einen Brechreiz unterdrücken. Eines der Hoffräulein vor ihr kratzte sich eitrige Pusteln am Nacken auf, und Jeanne konnte sich nicht länger beherrschen. Mit vorgehaltener Hand rannte sie in das Vorzimmer, in dem sich ein Abort befand.
Sie übergab sich in das Loch in der Mitte der hölzernen Bank. Auch in ihrem Magen rumorte es, und sie hob ihre Röcke. Da hörte sie, wie sich vor der Tür leise einige Herren unterhielten.
»Und ich sage, dass er ihn in der Hand hat!«
»Red keinen Unsinn, Luigi. Das ist nichts weiter als eine der königlichen Launen. Er wird sich nicht darauf einlassen«, sagte ein anderer.
Eine tiefe Stimme mischte sich ein: »Dein Gottvertrauen in allen Ehren, Saulx, aber ich gebe Luigi recht. Frankreich wird von Coligny regiert! Der Admiral lenkt den König wie seine Marionette! Er wird den Flandernfeldzug bewilligen, und was das bedeutet, wissen wir!«
»Die Spanier haben das am besten ausgerüstete Heer Europas. Greifen wir in Flandern ein, hat Philipp endlich einen Grund, über uns herzufallen. Dazu darf es nicht kommen!«, flüsterte der erste Sprecher erregt.
»Aber wir können ihn nicht einfach umbringen! Das würde der König uns nie verzeihen, und die Hugenotten, die wie schwarze Asseln über unsere Stadt herfallen, würden uns das niemals vergeben! Wie viele protestantische Soldaten lagern draußen vor der Stadt? Tausend, zweitausend?«
»Nein, das wäre zu gefährlich. Pscht! Ah, unser lieber Guise! Ihr seht so zufrieden aus«, begrüßten sie den Herzog.
»Meine Herren, wird hier konspiriert?«, scherzte er, und alle lachten.
»Nicht doch! Dürfen wir nicht alle voller Freude der Hochzeit entgegensehen? Ich meine, für Euch wird sich doch nichts ändern! Ihr kommt doch gerade von der reizenden Margot. Schwerenöter!«
Mit einem unschönen Geräusch entleerte sich der Rest aus Jeannes gequältem Darm.
»Ah, widerlich! Verfluchte Tapetentüren! Lasst uns gehen!«
Die Herren entfernten sich, und Jeanne hörte noch, wie einer fragte: »Ob man uns belauscht hat?«
»Was denn, wir haben nichts …«
Jeanne wartete noch eine Weile, um sicher zu sein, dass die Mitglieder des königlichen Rates verschwunden waren. Dann öffnete
sie die Tür einen Spalt breit und schlüpfte hindurch. Sie war fast um die Ecke zu Katharinas Empfangssalon, da drehte sie sich einem plötzlichen Impuls folgend noch einmal um. Aber nur ein Rascheln und der leicht schleppende Schritt zartbeschuhter Frauenfüße waren aus dem Nebenraum zu hören, bevor eine Tür klappte. Jeanne raffte ihre Röcke und hastete an erstaunten Damen vorbei in den angrenzenden Salon. Die Tür in der blauen Wandbespannung war geschlossen. Wer auch immer gesehen hatte, dass sie Zeugin dieser Unterhaltung geworden war, hatte sich bereits aus dem Staub gemacht. Mit einer unguten Ahnung kehrte Jeanne zu ihrer Laute und den schwätzenden Damen zurück.
Den Rest des Tages verbrachte Jeanne in bangem Warten auf eine Nachricht von Gerwin und Hippolyt. Sie teilte sich eine Kammer mit dem Kammerfräulein einer Herzogin, die sich jedoch nicht ständig im Louvre aufhielt. Morgen würde sie zurück sein und dann bis zur Hochzeit im Louvre weilen.
Es war bereits die elfte Stunde, als es leise klopfte und Gerwin und Hippolyt zu ihr kamen.
»Wir machen Krankenbesuche, Jeanne. Wenn dich morgen jemand fragt, sagst du, dass dich Fieber plagte«, erklärte Gerwin und hauchte ihr einen Kuss auf die Wange.
»Ich warte schon den ganzen Tag auf eine Gelegenheit, euch zu berichten, was ich belauscht habe«, platzte Jeanne heraus.
Die beiden Männer hörten
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