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Die Lautenspielerin - Roman

Die Lautenspielerin - Roman

Titel: Die Lautenspielerin - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PeP eBooks
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und haltet Euch bis auf weiteres zu meiner Verfügung. Ich werde Eures
Beistands noch bedürfen.« Mit einem tiefen Seufzer beugte sie sich vor und nahm die schmale Hand des blassen Jungen in ihre. »Er ist so fahl, als hätte der Erzengel ihn bereits zu sich geholt.«
    Leanders ebenmäßiges Jungengesicht war eingefallen und schien wie aus grauem Marmor gemeißelt. Die Schatten unter den Augen waren tief, und durch die aufgesprungenen Lippen drangen nur rasselnde Atemzüge. Wenn die Wirkung des Opiats nachließ, schlug er die Augen auf und klagte sogleich über Schmerzen, weshalb Hippolyt ihm ständig höhere Dosen des einschläfernden Mittels verabreichte.
    »Ich bitte um Eure Erlaubnis, Herrin, dass mein Gehilfe nach Helwigsdorff geht und mir noch mehr von dem beruhigenden Trank holt, der Euren Sohn in gnädigen Schlaf versetzt«, sagte Hippolyt und trat an das Lager.
    In den Augen der Mutter lag kein Vorwurf, nur tiefe Trauer, als sie fragte: »Mehr könnt Ihr nicht für ihn tun?«
    »Ich wünschte bei allem, was mir heilig ist, dass ich es vermöchte, doch was an äußerlichen Wunden zu kurieren ist, haben wir geheilt. Ein kräftiger Junge seines Alters würde die Amputation durchaus überstehen. Doch seine Konstitution war bereits schwach, und es fehlt seinem Körper an Kraft.«
    Gerwin ahnte ebenso wie sein Lehrmeister, dass es dem Jungen vor allem an Lebenswillen mangelte. Der Pferdeknecht und Adelia hatten ihnen erzählt, dass Leander als einziger Erbe kein leichtes Los hatte und oft bittere Tränen vergossen hatte, wenn sein Vater die Enttäuschung über die physische Unzulänglichkeit des Kindes offen zum Ausdruck gebracht hatte. Selbst jetzt, da es um Leben und Tod seines Sohnes ging, zog Christoph von Alnbeck die Jagd dem Krankenlager vor.
    Elisabeth nickte. »Er soll sich ein Pferd geben lassen, damit er schnell wieder zurück ist. Wie lange reitet man bis zu Eurem Dorf?«
    »Ein bis zwei Stunden, Euer Hochwohlgeboren«, sagte Gerwin.

    Es klopfte kurz an der Tür, und der Hausvorsteher kam mit wichtiger Miene herein. »Euer Hochwohlgeboren, welche Räumlichkeiten sind für die herrschaftlichen Gäste vorgesehen? Es gibt da Unklarheiten, weil es doch in dem Zimmer, welches sonst für die Gräflichen vorgesehen ist, im Winter zieht.«
    Elisabeth krauste die Stirn. »Wer wird noch erwartet, der Junker Schönberg?«
    Wiklef erzitterte förmlich bei der Erwähnung des Namens. Hans Wolf von Schönberg war aus Frankreich in seine sächsische Heimat zurückgekehrt. Der Kammerjunker des Kurfürsten August gehörte dem meißnisch-sächsischen Uradelsgeschlecht derer von Schönberg, Herren von Borsen-, Frauen- und Purschenstein, an und war weitläufig verwandt mit den Alnbecks. Hans Wolf von Schönberg war der Sohn des als »Herr des Erzgebirges« bekannten Wolf von Schönberg. Der alte Schönberg blickte auf eine Karriere als Feldherr und hoher Beamter unter den Kurfürsten Moritz und August zurück und verfügte über hervorragende wirtschaftliche Beziehungen zu Kurfürst August und Kurfürstin Anna.
    Seit Gerwin sich auf Dörnthal befand, hatte er viel über das höfische Leben gelernt und begriffen, dass Rittertum mehr bedeutete, als nur ein Gut zu besitzen, vor allem, wenn man wie Alnbeck mit einflussreichen Leuten verwandt war. Bis dato war Gerwin nie aus dem Kurfürstentum herausgekommen und kannte niemanden vom Dresdner Hof, geschweige denn französische Edelleute. Politik machten die dort oben. Die erhoben die Steuern und pressten das Volk aus, bis die Armen nicht einmal mehr eine Zwiebel hatten, aus der sie sich einen Trank gegen den Schnupfen kochen konnten.
    »Richtig. Die erlauchte Person daselbst«, stotterte Wiklef.
    »Lass den großen Raum neben meinem richten. Der ist warm genug.« Sie wandte sich an Gerwin: »Eil dich! Was stehst du hier noch herum?!«
    Gerwin verneigte sich und verließ das Krankenzimmer. Draußen
lehnte er sich gegen die Balustrade des Balkons und wartete auf Hippolyt, der nach wenigen Minuten zu ihm kam.
    Der Wundarzt legte den Arm kameradschaftlich um seinen Lehrling und begleitete ihn die Treppen hinunter. Erst als sie im Stall neben dem Pferd standen, das der Knecht ihm zugewiesen hatte, begann Hippolyt leise zu sprechen. »Wer hätte ahnen können, dass der junge Schönberg jetzt kommt!«
    Gerwin sattelte das ruhige braune Tier und strich dem Hengst, der ihn neugierig beäugte, über die Flanken.
    »Die Lage ist ernst. Media in vita in morte sumus 6 «, murmelte Hippolyt

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