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Die Lava

Die Lava

Titel: Die Lava Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Magin
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einer halben Stunde bestätigt. Selbst die toten Fische tragen keine Bakterien.« Er atmete tief durch, den Blick halb auf den Fernsehschirm gerichtet, über den die Nachrichten flimmerten. »Es kann einfach nicht sein.«
    Beim Anblick von Hautkrankheiten und Ausschlägen wenden sich die meisten voller Ekel ab. Auch Reginald MacGinnis verzog angewidert das Gesicht, als die Bilder im Fernsehen gezeigt wurden.
    »Wir müssen unbedingt nachprüfen«, meinte er, »ob sich ein paar von unseren Babys nach draußen gewühlt haben. Sollte das der Fall sein, entstünde auf der Stelle die Notwendigkeit, das Gebiet komplett zu evakuieren.«
    Er stellte das Fernsehen lauter. Der Reporter stand auf dem Parkplatz vor dem Kloster, hinter sich die spiegelnde Flächedes Sees, und berichtete, wie Badende ans Ufer gekommen waren, überall mit Quaddeln bedeckt und mit Pusteln übersät. Der Mann im Fernsehen, der seine Stimme zwischen nüchterner Reportage und aufrichtigem Zorn hin und her oszillieren ließ, hielt sein Mikrofon mehreren Leuten mit kreideweißen Gesichtern unter die Nase. Man konnte nicht sagen, ob sie alle betroffen waren, ob eine nahestehende Person betroffen war – man hielt ihnen ein Mikrofon vor und sie redeten. Einige klagten über Übelkeit, andere über Hautreizungen. Ein Mann im Muscle-Shirt, der eher nach einem Sonnenbrandopfer aussah, kratzte sich ständig die gerötete Haut und gab die Schuld »dem System«. Ein paar jung und lebendig aussehende Frauen in Bikinis wussten eigentlich nichts beizutragen, meinten aber, wenn hier tatsächlich etwas Schlimmes passiert sei, sei das »eine Schweinerei«.
    Schließlich kamen doch noch einige verwertbare Informationen. Ein älterer Mann war mit Atemnot auf der Wiese zusammengebrochen und musste nun notärztlich versorgt werden. Die Kamera schwenkte zum Parkplatz hinüber, vor dem Hintergrund der eingerüsteten Klosterkirche waren ein Krankenwagen und verschiedene Sanitäter zu erkennen. Sie schoben gerade eine Trage in den Notarztwagen.
    Ein Mann kam ins Bild, ein Mediziner, der die Sanitäter begleitet hatte und nun die weniger betroffenen Opfer versorgte. Er vermutete eine Algenblüte, wollte aber noch nicht sagen, welche Sorte die Ursache der verschiedenen Symptome sein könnte. Er nannte auch endlich Zahlen: Er selbst hatte nach eigenen Angaben mit über einem Dutzend Leute mit Beschwerden gesprochen. Ein Mann wurde gerade in den Krankenwagen geschoben, zwei weitere Krankenwagen waren unterwegs, um Patienten mit Dauererbrechen abzuholen. Rund siebzig bis achtzig Personen befanden sich am Badestrand, und einige davon waren noch nicht im Wasser gewesen.
    Machte, so überschlug es MacGinnis schnell im Kopf,zwischen einem Fünftel und einem Viertel aller Anwesenden, das Beschwerden zeigte.
    Eigentlich hätte der Erreger schneller und gnadenloser zuschlagen müssen. Aber wer wusste schon, was ein Dreivierteljahrhundert unter Wasser mit ihm anstellte? Die Wahrscheinlichkeit, zwei verschiedene Erreger im gleichen See zu haben, schätzte er gering ein. Die Möglichkeit ließ sich jedoch nicht ausschließen.
    »Wir müssen unbedingt prüfen, ob es unsere sind«, rief MacGinnis zu seiner Truppe gewandt.
    Alle wussten, was das hieß: Es konnte, sollte sich der Verdacht bestätigen, die augenblickliche Evakuierung der Seeregion, vielleicht des ganzen südlichen Rheinlands bedeuten.
    »Schnell, schnell: Haben Sie den Namen dieses Arztes notiert, Neal?« MacGinnis schrie beinahe.
    »Ich bin schon auf den Nachrichtenseiten im Internet – ich habe den Namen des Arztes und …«, er klickte etwas herum, »… hier auch schon seine Telefonnummer.«
    »Er soll uns sofort unterrichten, wenn es etwas Neues gibt. Und«, MacGinnis erhob mahnend den Finger, »besondere Vorsicht walten lassen, ja? Sagen Sie ihm, wir seien die Außenstelle des Gesundheitsministeriums für Katastrophenfälle. Er kann gerne nachfragen. Das ist so abgesprochen.«
    Neal murmelte, er sei sich dessen wohl bewusst, während er den Anschluss des Arztes wählte. Eine Sprechstundenhilfe erklärte ihm, dass der Doktor noch unterwegs sei.
    »Bitte, er soll sofort zurückrufen«, erklärte Neal mit offizieller Stimme.
    Er stand auf und wandte sich zur Tür. »Ich gehe gleich rüber, falls er noch da ist.« Er stülpte sich einen Mundschutz über, lief über die Kalkbrösel im Flur, der aussah, als werde er gerade renoviert, öffnete eine Hintertür und trat ins Freie. Aber der Herr verschaffte einen großen Fisch,

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