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Die Lava

Die Lava

Titel: Die Lava Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ulrich Magin
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zwei, drei, vier, fünf … Jetzt befand sie sich bereits gegenüber der Abtei und musste durch Gesträuch und Unterholz, um zum Ufer zu gelangen. Sie fühlte sich wie ein Urwaldforscher, der unberührtes Gebiet betrat. Mehr als einmal blieb sie im Gestrüpp hängen. Fast wäre sie einen Schrittzu weit gegangen und ins Wasser getreten. Klick! Ein weiteres Foto.
    Über vier Stunden war sie am Seeufer entlanggegangen, über aus dem Boden ragende Wurzeln gestolpert und in feuchte Riedpfützen getreten. Franziska fühlte sich erschöpft, wertete aber noch in derselben Nacht die Digitalbilder am Computer aus. Sie setzte sie so zusammen, dass sich gleiche Bereiche überlappten, dass die verschiedenen Einzelaufnahmen als Mosaik das Gesamtbild der Seeoberfläche ergaben. Dann ließ sie den Rechner die Winkel und GPS-Positionen kalkulieren und aus dem Mosaikbild der Seeoberfläche, das ja durch die Aufnahmewinkel verzerrt dargestellt wurde, ein ideales Luftbild erstellen.
    Sie hatte es schon befürchtet: Was sie aber erblickte, nachdem das Gerät dieses Idealbild präsentiert hatte, verschlug ihr den Atem.
    Der See schien als tief dunkelblauer, am Rand leicht ausgebeulter Kreis auf. Dunkelblau war die Farbe für die tiefsten Temperaturen, hier war er am kältesten. Zu den Rändern hin färbte sich der unregelmäßige Kreis hellblau, manchmal sogar grün – die seichten Uferzonen hatten sich am Tage stärker erhitzt, waren jetzt in der Nacht noch wärmer als die tiefen Stellen. Irgendwo im Schilf, dort, wo das Feld in den Wald überging, saß ein dicker roter Strich, etwa menschengroß. Das konnte nur jemand sein, den sie beim Nachtbaden oder Tauchen erwischt hatte. Kein wirkliches Problem!
    Das wirkliche Problem lag im See. Dort zeigte sich, im besten Fall orange, was warm bedeutete, oder rot, was sehr warm bedeutete – so wie der kleine rote Strich auf einen Menschen hinwies –, ein länglicher Ring aus teils runden, teils ovalen Flecken, die viel wärmer waren als das sie umgebende Wasser. Der Ring glich einem Südseeatoll – insgesamt gesehen praktisch ein perfekter Kreis. Er zerfiel in zahllosekleine und größere Einzelelemente, die aber nie weit genug voneinander entfernt lagen, um keine deutlich sichtbare Einheit zu bilden.
    Einzig heiße unterseeische Quellen konnten das Seewasser so erwärmt haben, dass es sich so drastisch auf den Wärmebildaufnahmen zeigte. Der Ring – oder das Atoll – zog sich von der Seemitte bis knapp vor das Land im südwestlichen Teil des Laacher Trichters hin. An einer Stelle reichte es bis fast an das Ufer. Franziska blendete die topographische Karte des Gewässers über das Wärmebild und stellte fest, dass das Wasser in der Region um die beiden Landestege bis etwa zur Seemitte von einem eigenen, kleinen und lichtschwacheren Kreis umschlossen wurde. Er wurde weniger heiß angezeigt, aber auf das Zentrum hin gab es auch mehr und tieferes Wasser, das erwärmt werden musste.
    Für diese beiden, sich praktisch ineinanderschachtelnden Kreise konnte es nur eine Erklärung geben. Die Anordnung der Quellen – oder des warmen, vom Boden nach oben wallenden Wassers – verriet, dass sich der Seeboden ringförmig erhitzte.
    Franziska vermutete dahinter Anzeichen für einen neuen Krater.
    Aufsteigendes Magma, das intensiv genug ist, eine Wassersäule von fünfzig Metern Tiefe aufzuheizen, liegt verdammt nahe an der Oberfläche, viel zu nahe.
    Franziska hatte, auch wenn es so schwer zu begreifen war, das Foto eines kommenden Vulkanausbruchs vor sich.
    Oder doch nicht? Die ineinander verschlungenen Kreise lagen zu sauber da, zu regelmäßig. Es gab noch eine zweite Option: Es konnte sich um ein Artefakt des Rechners handeln, eine nur scheinbare Formation, so wie seltsame Wellenlinien, das sogenannte Moiré, entstehen, wenn man zwei gerasterte Bilder übereinander projiziert. Vielleicht handelte es sich tatsächlich nur um einen Rechenfehler?
    Sie ordnete die Aufnahmen zu einem neuen Mosaik an, startete die Simulation ein weiteres Mal, ließ jeweils nur ein Viertel des Sees errechnen, dann noch ein Fehlerprogramm darüberlaufen und die Aufnahmen neu zusammensetzen.
    Aber es stimmte. Sie hatte sich nicht geirrt. Leider: Die beiden Ringe waren noch immer da. Das Atoll hatte sich leicht verändert, manche Stellen erschienen nun weniger heiß, andere heißer, aber an der Tatsache änderte sich nichts. Der Ring aus Wasser, der wärmer war als seine Umgebung, zeigte sich unverändert deutlich.
    Es war

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