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Die Lavendelschlacht

Die Lavendelschlacht

Titel: Die Lavendelschlacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Thewes
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kalten, nassen Waschlappen in meinem Gesicht. Wer auch immer dafür verantwortlich war, er würde es nicht überleben! Vorsichtig schlug ich die Augen auf. Mein Kopf brummte, als wenn eine ganze Bauarbeiterkolonne mit dem Presslufthammer neben der Couch stehen würde.
    Aber es war bloß Tillmann. Fröhlich grinste der kleine Lümmel mich an.
    »Na, warte, dich krieg ich!« Wütend warf ich meinen Schlafsack zur Seite und richtete mich abrupt auf. Ein Fehler, und zwar einer der besonders schmerzhaften Sorte. Dieses bestialische Stechen in meinem Kopf war ja nicht zum Aushalten! Mit einem unterdrückten Schmerzenslaut ließ ich mich auf die Couch zurückfallen. O Gott, was fühlte ich mich mies! Tillmanns Abreibung musste warten, bis ich, in schätzungsweise ein bis zwei Wochen, wieder auf dem Damm war.
    Nach und nach begann es in der Wohnung zu rumoren, denn Frauke und Mona waren ebenfalls in den Genuss von Tillmanns freundlichem Weckdienst gekommen. Ein Blick in ihre leichenblassen Gesichter, und mir war klar: Nicht wir hatten den Fürst, sondern der Fürst hatte uns gekillt.
    »Frühstück?«, fragte Frauke und verzog dabei angeekelt das Gesicht. »Spiegeleier mit Speck, Omelette oder lieber Pfannkuchen mit Ahornsirup?«
    »Hör auf! Bitte hör auf, von fettigen Pfannkuchen zu reden!« Schon bei dem Gedanken an Nahrungsaufnahme, gleich welcher Art, schlug mein Magen Purzelbäume. Der Alkohol hatte das natürliche Gleichgewicht meiner Darmflora und -fauna nachhaltig gestört. Das Einzige, was ich jetzt runterbekommen würde, war eine schöne Tasse Kaffee. Und die wollte ich zu Hause im stillen Kämmerlein zu mir nehmen. Allein!
    Aber daraus wurde nichts.
    »Frohes neues Jahr!«
    Waren das die Spätfolgen des Alkohols? Bildete ich mir diese Stimme bloß ein? Sah ich Dinge, die in Wirklichkeit gar nicht existierten? Hatte ich eine Erscheinung?
    »Mmm, das duftet aber köstlich. Könnte ich vielleicht auch eine Tasse bekommen?«, fragte die Erscheinung, die ihren schlanken, wohlgeformten Körper in meinen Bademantel gehüllt hatte.
    »Äh, ja, klar«, stammelte ich völlig perplex.
    Wie hätte ich der Geliebten meines Freundes, Pardon, Exfreundes, diesen bescheidenen Wunsch abschlagen können? Grrr, am liebsten hätte ich ihr Spülwasser kredenzt und zur Abrundung des Geschmacks kräftig reingespuckt! Doch gut erzogen, wie ich war, reichte ich ihr stattdessen einen Becher mit Kaffee.
    »Ich bin übrigens Valerie.« Sie fuhr ihre pfirsichfarbenen Krallen aus. Gott sei Dank in friedlicher Absicht! Mäßig begeistert schüttelte ich ihre Hand.
    »Annette.« Das »Sehr erfreut« verkniff ich mir, ich wollte das neue Jahr nicht gleich mit einer faustdicken Lüge beginnen. Wer kurz nach dem Aufstehen so unverschämt gut aussah, durfte nicht damit rechnen, bei mir auf Sympathie zu stoßen.
    Wie auf Kommando verzog sich mein Selbstbewusstsein in die tiefsten, dunklen Kellergewölbe. Ich konnte mich nicht daran erinnern, in meinem verschlissenen Bademantel jemals so sexy ausgesehen zu haben wie Valerie! Dummerweise stand ihr die Farbe hervorragend. Das dunkle Rot betonte ihren makellosen hellen Teint. Spontan wünschte ich ihr die Krätze oder zumindest eine schlimme Akne an den Hals. Auch meine Befürchtungen in Bezug auf ihre lange, dunkle Lockenmähne bewahrheiteten sich aufs Schlimmste: Mit offenen Haaren wirkte sie noch eine Spur attraktiver – falls das überhaupt möglich war.
    Mir entfuhr ein gequältes Seufzen. Sah ganz danach aus, als ob sich zu meinem Kater auch noch ein kleiner, possierlicher Katzenjammer dazugesellen würde.
    »Der Alkohol macht einen fertig, nicht wahr?«, interpretierte Valerie mein Stöhnen mitfühlend. »Werner hat eine himmlische Schlammbowle gemacht. Ich konnte gar nicht genug davon bekommen«, schwärmte sie fast im gleichen Atemzug.
    Und warum sah ich dann bitte schön nach einer durchzechten Nacht so fertig aus und sie nicht? Valerie wirkte frisch und munter wie der junge Morgen. Bei Gelegenheit würde ich mir von Werner das Rezept für diesen Zaubertrank geben lassen. Ich nahm ihr Gesicht auf der Suche nach Augenringen, Tränensäcken oder anderen Partysymptomen genauer unter die Lupe. Verflixt und zugenäht, erst jetzt bemerkte ich, dass sie bereits geschminkt war, zwar nur ganz dezent, ein bisschen Lidschatten, Wimperntusche und Rouge, aber immerhin! Dieser verdammte Kleister machte wirklich jede Chancengleichheit zunichte, fluchte ich innerlich.
    Als ich aufstand, um meine

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