Die Lavendelschlacht
hatte ehrlich gesagt nicht damit gerechnet, dass du so früh zurück bist.« Was war los? Plagte ihn auf einmal das schlechte Gewissen, weil er Valerie an die Wäsche gegangen war? Diese Rücksichtnahme kam für meinen Geschmack ein bisschen spät, schließlich lebte ich schon seit Wochen in dem Glauben, dass es die beiden miteinander trieben.
»Kein Problem, Valerie und ich haben uns schon miteinander bekannt gemacht und ein bisschen geklönt.«
Sie nickte bestätigend.
»Ich kenne da übrigens ein paar tolle Geschäfte.« Verschwörerisch blinzelte ich ihr zu.
»Ihr wollt zusammen einkaufen gehen?« Ein halb geöffneter Mund lässt einen Mann nicht unbedingt intelligent aussehen, stellte ich mit Genugtuung fest. »Ihr beiden zusammen?«
Ich setzte ein vieldeutiges Lächeln auf. Schaun mer mal, wie der Franz zu sagen pflegt.
Zwölf
Am darauf folgenden Samstag ging ich tatsächlich einkaufen. Ohne Valerie! Ich hatte mich endlich dazu aufgerafft, das Weihnachtsgeschenk von meinen Eltern umzutauschen. Irgendjemand konnte es sicher kaum erwarten, sein Leben durch ein beheizbares Soßenkännchen zu bereichern, da wollte ich nicht im Wege stehen, indem ich das gute Stück in meinem Küchenschrank vergammeln ließ.
So wie’s aussah, war ich jedoch nicht die Einzige, der der Weihnachtsmann ein faules Ei ins Nest gelegt hatte. Die Stadt war proppenvoll, und vieles von dem, was im Dezember aus den Geschäften rausgeschleppt worden war, wurde jetzt wieder reingetragen. Ich entwickelte viel Geschicklichkeit darin, den mit finsterer Miene im Stechschritt durch die Stadt eilenden Passanten auszuweichen. Auch die offen zur Schau gestellte Griesgrämigkeit der Verkäufer prallte heute einfach an mir ab.
Mir ging es gut! Wirklich!
Das Wiedersehen mit Josch hatte mich wie ein lauter Paukenschlag aus meinen Grübeleien gerissen. Thomas und Valerie waren – zumindest vorübergehend – vergessen. Josch hatte auf mich die Wirkung eines Vitamincocktails. Belebend und wohltuend. Schön, dass er wieder da war, ich hatte ihn wirklich vermisst!
Der Bursche sah sogar fast noch attraktiver aus als vor seinem Urlaub. Die Wintersportbräune stand ihm blendend, auf seiner Nase hatten sich ein paar vorwitzige Sommersprossen breit gemacht, die – obwohl Josch ihre Existenz vehement leugnete – seinen lausbubenhaften Charme noch betonten. Er sprühte geradezu vor guter Laune und Energie. Wie immer schäkerten wir in der Redaktion miteinander herum. Doch seit ich wusste, dass er nicht so ein routinierter Schürzenjäger war wie angenommen, war meine Unbefangenheit futsch. Plötzlich nahm ich den Flirt ernst. Ernster, als mir lieb war. Dieses Wochenende hatte Josch schon etwas vor, aber am nächsten Freitag wollten wir das erste Mal zusammen ausgehen.
Bei der Vorstellung, mit Josch allein zu sein, bekam ich feuchte Hände. Und je länger ich über das bevorstehende Date nachdachte, desto mehr steigerte ich mich in meine Nervosität hinein. O Gott, bestimmt würde ich nur lauter sinnlosen Müll plappern, oder, schlimmer noch, wir würden uns den ganzen Abend anschweigen. Oje, wie sollte ich die kommende Woche bloß überstehen?
Nachdem ich das Soßenkännchen gegen mein zehntes Küchenmesser eingetauscht hatte, machte ich mich auf den Heimweg. Meine Gedanken drehten sich im Kreis. An der U-Bahn-Station war ich schon fast so weit, zu kneifen und die Verabredung einfach abzusagen. Andererseits freute ich mich darauf. Meine Güte, was für ein Dilemma! Musste denn immer alles so kompliziert sein?
Als ich auf der Rolltreppe in die Tiefe glitt, erspähte ich oben, umringt von einer dichten Menschentraube, Mona. Sie musste der Himmel geschickt haben! Ihren Rat und Zuspruch konnte ich jetzt dringend brauchen!
Ich musste sie auf mich aufmerksam machen! Doch mein Hallo-Ruf blieb mir zusammen mit einem Pfefferminzdrops im Hals stecken. Potz Blitz! Wenn ich das, was da über Monas Schulter lag, richtig identifizierte, handelte es sich dabei um einen Arm. Präzise gesagt: um einen Männerarm. Leider konnte ich nicht erkennen, zu wem dieses verwaiste Körperteil gehörte, denn Monas Begleiter wurde von einer Gruppe wild gestikulierender Touristen und einem riesigen Stadtplan, den sie in ihrer Mitte ausgebreitet hatten, verdeckt.
In der Zwischenzeit hatte es sich der Pfefferminzdrops in meiner Luftröhre gemütlich gemacht. Röchelnd und hustend rang ich nach Luft. Plötzlich machte es »plöpp«, und der kleine Quälgeist kam im hohen Bogen aus
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