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Die Lazarus-Formel

Die Lazarus-Formel

Titel: Die Lazarus-Formel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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ewige Leben erwartet uns nicht im Diesseits, nicht auf dieser vergänglichen Welt, sondern im Reich Gottes, wie es uns versprochen wurde. So wie er Lazarus von den Toten erweckte, so erweckt uns Jesus am Tage des Jüngsten Gerichts und schenkt uns das ewige Leben …«
    »… das die einen dann im Paradies und die anderen im Fegefeuer verbringen, richtig?«, warf Eve bissig ein.
    Erneut beachtete er sie nicht. »Nehmen wir uns aber, nur weil wir einen Weg gefunden haben, das ewige Leben mit eigenen Händen, ohne dass Gott vorher über uns zu Gericht gesessen hat, erlangen wir die Unsterblichkeit also nicht in seinem Reich, sondern hier auf Erden, verstoßen wir gegen Gottes Plan wie damals die Zweihundert, die er im Interesse seiner Schöpfung und der Sicherung seiner eigenen Macht vernichten musste .«
    »Aber die Aesirianer …«, wandte sie ein.
    »Die Aesirianer«, sagte der Bischof, »die ›Söhne der Ewigen Flamme‹. Eine bessere Bezeichnung wäre ›Die ewig mit dem Feuer spielen‹. Sie sind ein Dorn im Fleische Gottes, und wo immer wir sie treffen, vernichten wir sie. Doch solange ihre eigene Machtgier dafür sorgt, dass ihr Kreis klein bleibt, stellen sie keine Gefahr für Gott dar. Es sind Menschen wie Sie, Doktor, vor denen wir die Welt schützen müssen. Menschen, die das Geheimnis des ewigen Lebens hier im Diesseits lüften wollen, um es zu teilen, es allen zugänglich zu machen. Können Sie sich vorstellen, wenn plötzlich alle Menschen unsterblich sind? Über die Jahrhunderte würde sich jeder Mensch zwangsläufig so viel Wissen aneignen, dass sie ihre ohnehin schon pervers weit entwickelte Technologie dazu einsetzen, gegen ihn in den Krieg zu ziehen. Doch Gott wüsste das zu verhindern. Ihm bliebe auch keine Wahl.«
    »Wollen Sie damit sagen, Sie foltern und töten Menschen, weil Gott sonst die Erde vernichtet?« Eve konnte das kaum fassen.
    Der Bischof sah sie an, als hätte sie ihn immer noch nicht verstanden. »Was sollten wir Ihrer Meinung nach tun?«
    »Mann, Sie brauchen dringend Hilfe!«
    Er rieb sich angestrengt die Schläfen. »Ich verlange nicht, dass Sie glauben, was ich Ihnen gerade erzählt habe. Aber gehen Sie bitte davon aus, dass ich es glaube. Dass ich davon überzeugt bin. Und wenn Sie das tun, verstehen Sie, warum ich tue, was ich tue. Also, was können Sie mir über den Mann verraten, der Sie bis hierher begleitet hat?«
    »Das habe ich Ihnen doch schon mehrmals gesagt: Ich habe keine Ahnung, wer er ist, was er ist und wo er sich aufhält.«
    »Wenn ich nur sicher wäre, dass Sie auch die Wahrheit sagen.«
    »Ich sage die Wahrheit!«
    Der Bischof lächelte traurig und trat einen Schritt zur Seite, um dem Mann mit der Peitsche Platz zu machen.

48
    Der erste Schlag knallte und traf sie zwischen die Schulterblätter. Außer dass es höllisch wehtat, hatte Eve das Gefühl, als würde ihr sämtliche Luft aus den Lungen gepresst. Ihr Kopf wurde nach vorne geschleudert, ohne dass sie es hätte verhindern können, und sie schlug sich das linke Jochbein am Holz des Kreuzbalkens auf. Zudem verkrampfte sich ihr Körper so ruckartig, dass sie sich die Handgelenke in den Eisenschellen aufriss.
    Sie musste sich auf die nächsten Schläge besser vorbereiten.
    Wieder atmete sie tief ein und aus, um den Adrenalinpegel in ihrem Blut zu steigern, und im Takt ihres Atmens begann sie, stumm und im Geiste ihren liebsten Kinderreim aufzusagen, um sich in einen Trancezustand zu versetzen. Es war ein Reim über die berühmtesten Kirchen und Glocken Londons. Ihr Großvater hatte ihn ihr beigebracht.
    Gay go up and gay go down
    To ring the Bells of London Town.
    Der zweite Schlag überraschte sie nicht mehr ganz so sehr wie der erste. Beim dritten hatte Eve gelernt, dass es den Schmerz verstärkte, wenn sie den Körper vor dem Schlag anspannte, und dass es sie zudem zu viel Kraft kostete.
    » Oranges and Lemons«, say the Bells of St. Clements.
    »Bullseyes and Targets«, say the Bells of St. Margaret’s.
    Schlag vier und fünf trafen sie in der Nierengegend. Der Schmerz war so groß, dass sie glaubte, es würde sie in der Mitte auseinanderreißen. Tränen schossen ihr in die Augen.
    » Brickbats and Tiles«, say the Bells of St. Giles.
    »Halfpence and Farthings«, say the Bells of St. Martin’s.
    Nach den nächsten drei Schlägen lief ihr der Rotz aus der Nase. Sie musste schnauben, um trotz zusammengepresster Zähne überhaupt noch atmen zu können. Sie durfte sich nicht die Zunge abbeißen.
    »

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