Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Lazarus-Formel

Die Lazarus-Formel

Titel: Die Lazarus-Formel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
Vom Netzwerk:
Pancakes and Fritters«, say the Bells of St. Peter’s.
    »Two Sticks and an Apple«, say the Bells of Whitechapel.
    Die Schläge neun und zehn trafen wieder die Nierengegend. Sie schrie auf. Trotz der Demütigung ein befreiendes Gefühl.
    » Maids in white aprons«, say the Bells at St. Katherine’s.
    »Pokers and Tongs«, say the Bells of St. John’s.
    » Kettles and Pans«, say the Bells of St. Anne’s.
    »Old Father Baldpate«, say the slow Bells of Aldgate.
    Sie sah Sterne und riss die Augen auf, doch die Sterne wollten nicht verschwinden. Sie hatte das Gefühl, dass ihre Temperatur um mindestens drei Grad gestiegen war, worauf ihr System mit einem Ganzkörperschweißausbruch reagierte, um ihn zu kühlen.
    » You owe me Ten Shillings«, say the Bells of St. Helen’s.
    »When will you Pay me?«, say the Bells of Old Bailey.
    Als die nächsten zwei Peitschenhiebe sie wieder auf die Nieren trafen, fühlte sie, wie ihr der eigene Urin die Schenkel hinablief, und sie begann zu weinen. Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so hilflos gefühlt. So ausgeliefert. So menschenunwürdig.
    » When I grow Rich«, say the Bells of Shoreditch.
    »Pray when will that be?«, say the Bells of Stepney.
    Bei den nächsten Schlägen fingen die Sterne vor ihren Augen an wild zu tanzen, und sie biss die Zähne so fest zusammen, dass sie befürchtete, sie würden ausbrechen.
    » I do not know«, say the Great Bell of Bow.
    Gay go up and gay go down
    To ring the Bells of London Town.
    Beim letzten Schlag verlor Eve das Bewusstsein.

49
    Sie wurde davon geweckt, dass sich jemand lautstark an der Gittertür ihrer Zelle zu schaffen machte. Sie schlug die Augen auf – und sah Ben, wie er dort stand und mit einem Brecheisen das Schloss bearbeitete. Sie wollte es erst nicht glauben, aber dann war sie einfach nur unglaublich froh, ihn zu sehen.
    »O Ben«, sagte sie und stand schnell auf. »Es tut mir so leid. Es ist alles meine Schuld.« Seltsamerweise hatte sie überhaupt keine Schmerzen. Die Zelle neben ihr war leer. Wo war die Mädchenfrau?
    »Schon gut«, flüsterte Ben, und beim nächsten Ruck mit dem Werkzeug brach das Schloss. »Ich hätte offener zu dir sein und dir besser zuhören sollen. Dann wärst du nicht gezwungen gewesen, dir eine Kopie des Steins anfertigen zu lassen.«
    Er riss die Tür auf, und Eve flog ihm in die Arme – in seine unglaublich starken Arme. Noch nie war sie so erleichtert gewesen, jemanden wiederzusehen und ihn zu fühlen.
    »O Ben«, seufzte sie noch einmal. »Ich hätte dir einfach vertrauen sollen, wie du es von Anfang an gesagt hast. Du hast so oft bewiesen, dass ich dir vertrauen kann, und ich hab mich verhalten wie eine dumme Göre.« Sie schmiegte sich noch enger an ihn. Eine Träne der Erleichterung lief ihr über die Wange, und sie zerdrückte sie an seiner breiten Brust. Sie konnte sein Herz schlagen hören. Fest und ruhig. So stark.
    »Wir können uns später beieinander entschuldigen«, sagte er und löste sich lächelnd aus ihrer Umklammerung. »Jetzt müssen wir erst einmal hier raus.«
    Er nahm sie bei der Hand und führte sie an dem Folterkreuz vorbei aus der unterirdischen Grabhalle in einen Gang. Dort lagen zwei Männer in Kutten, bewusstlos oder tot. Eve beachtete sie nicht weiter.
    »Ich wusste, dass du mich retten wirst«, sagte sie.
    »Du hast dich insgeheim sogar darauf verlassen«, antwortete er, ohne stehen zu bleiben. »Und uns damit beide in Gefahr gebracht.«
    »Wo du bist, gibt es keine Gefahr für mich.« Sie konnte nicht glauben, dass sie das gerade gesagt hatte. Aber nun war es raus. Kein Mensch hatte ihr jemals ein solches Gefühl der Sicherheit gegeben wie Ben. In seiner Nähe fühlte sie sich, als könnte ihr niemand etwas anhaben. Er war stärker als jeder, den sie je gekannt hatte. Geduldiger. Klüger. Mutiger.
    Unsterblich.
    Und wenn sie Erfolg haben würden – woran sie nun, da er sie befreit hatte, kein bisschen mehr zweifelte –, würde auch sie bald unsterblich sein. Ihr Herz machte einen Hüpfer. Völlig irrational, wie sie fand. Es irritierte sie. Aber es brachte sie auch zum Lächeln.
    Sie bogen noch ein paar Mal ab und gelangten schließlich bei einem alten, mit Rosen umrankten Gittertor an. Es stand einen kleinen Spalt offen, und Ben drückte es auf. Er ließ ihr den Vortritt, und Eve schritt hindurch. Vor ihr lag eine mondbeschienene Waldlichtung. Sie atmete die frische Luft in so tiefen, gierigen Zügen, dass es ihr schwindlig wurde und sie nach

Weitere Kostenlose Bücher