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Die Lazarus-Formel

Die Lazarus-Formel

Titel: Die Lazarus-Formel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivo Pala
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wenn sie versuchte, so zu denken, wie Ben dachte – oder gar so zu handeln. Sie konnte und musste sich einzig und allein auf sich selbst konzentrieren, auf ihre Fähigkeiten, ihr eigenes Können.
    Eve erinnerte sich daran, wie sie das brennende Treppenhaus im Klosterturm der Shrawley Wood Abbey bewältigt hatte.
    Tanze . Schnell wie der Wind, flink wie ein Reh . Du kannst dich schneller bewegen als die Männer . Nutze das zu deinem Vorteil . Schmerzen sind irrelevant . Denk an deine Lehrerin, Svetlana Lasky: »Konzentration und Entschlossenheit, ihr Küken! Wer zögert, stolpert. Wer stolpert, fällt. Wer fällt, ist raus!«
    Konzentration und Entschlossenheit.
    Sie begann, ihre Muskeln so unauffällig es ging warm zu machen und dabei so ängstlich wie möglich auszusehen.
    Der Einhändige behielt sie im Auge, während er mit der Linken das Schloss der Zellentür öffnete.
    Er hatte den Schlüssel gerade zu Ende herumgedreht, da sprintete Eve los und warf sich mit ganzer Kraft gegen die Tür.
    Das heißt, sie wollte sich mit ganzer Kraft gegen die Tür werfen.
    Doch der Einhändige hatte sofort durchschaut, was sie plante, war mit einem schnellen Schritt zur Seite getreten und hatte die Tür aufgerissen, ehe Eve sie erreichte.
    Eve sprang ins Leere.
    Der Schwung ihres Sprungs, den sie so kalkuliert hatte, dass der Aufprall gegen die Tür ihn bremsen würde, trug sie über die Schwelle ihrer Zelle hinaus nach draußen, und sie stolperte. Noch ehe sie sich fangen konnte, war Diakon Wall hinter ihr hergesprungen. Mit der Linken, in der er noch immer den schweren alten Schlüsselring hielt, holte er zu einer sensenförmig geführten Rückhand aus und traf sie voll am Hinterkopf.
    Eve schrie auf vor Schmerz und fiel nach vorn auf die Knie. Sie fühlte, wie ihr das Blut am Hinterkopf durch die Haare in den Nacken sickerte. Trotzdem versuchte sie aufzuspringen, um sich auf ihren Gegner zu stürzen.
    Doch der schlug ein zweites Mal zu und traf sie mit dem Schlüsselring am Jochbein. Ihr Kopf wurde zur Seite geschleudert, und sie sackte benommen zu Boden.
    »Ans Kreuz mit ihr!«, bellte Diakon Wall.

57
    Ben hatte den hintersten Raum der Galleria erreicht. Hier waren die beiden Caravaggios ausgestellt – Knabe mit Früchtekorb und David mit dem Haupte Goliaths . Und auch der Übergang zu den nichtöffentlichen Räumen des Ordens befand sich hier. Eine relativ schmucklose Tür, fast unscheinbar, wäre da nicht der Wachposten gewesen, der neben ihr stand. Ein Hüne in dem Kuttengewand der Hüter.
    Ohne die Maske der Geschäftigkeit abzulegen, ging Ben auf ihn zu. Er grüßte den Wachposten freundlich und blieb dann vor der Tür stehen. Die Tür hatte keinen Griff, nur ein elektronisches Schloss mit Tastenfeld. Der Wächter nickte freundlich zurück und sah ihn an. Erst nach einigen Sekunden nahm sein Gesicht einen fragenden Ausdruck an. »Worauf wartest du?«
    »Ich kenne die Kombination nicht«, sagte Ben höflich. Als er das letzte Mal hier gewesen war, hatte es noch keine elektronischen Schlösser gegeben. »Könntest du sie mir bitte öffnen?«
    Sofort wurde der eben noch freundliche Blick des Wachpostens misstrauisch, und der Mann zog eine Pistole unter der Kutte hervor und richtete sie auf Ben. Mit der anderen Hand griff er nach einem Funkgerät.
    Ben wartete seelenruhig, bis der Mann den Knopf betätigt hatte und hineinsprach. »Hier Posten Null-Eins. Ein unbekannter …«
    Weiter kam er nicht. Ben war mit einem schnellen Satz bei ihm, packte die Pistole und die Hand des Mannes so, dass er nicht abdrücken konnte – einen Finger hinter dem Abzug –, und griff ihm mit der anderen Hand in den Nacken. Auf die gleiche Weise, mit der er auch Eve Sinclair zweimal schlafen gelegt hatte, betäubte er den Wächter. Während der das Bewusstsein verlor, flüsterte Ben noch »Danke« und ließ ihn sanft zu Boden gleiten.
    Der Mann würde mindestens vier Stunden schlafen. Ben begann mit einer Herzmassage. Die war nur vorgetäuscht, würde dem Mann weder helfen noch schaden, aber für die beiden Kutten, die nun aus der Tür gerannt kamen, sah es so aus, als würde er dem Wachmann Erste Hilfe leisten.
    »Da entlang!«, rief Ben und deutete zum gegenüberliegenden Ausgang des Raums. »Groß. Dick. Lange Haare. Trägt ein Käppi und eine Sonnenbrille.«
    »Danke«, rief ihm einer der beiden zu, und sie eilten in die von Ben angegebene Richtung. Ben hingegen richtete sich auf, hielt die gerade zuschwingende Tür mit dem Fuß auf und

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