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Die Lebenskünstlerin (German Edition)

Die Lebenskünstlerin (German Edition)

Titel: Die Lebenskünstlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute R. Albrecht
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Diese stelle ich zwischen die heilsamen Aloepflanzen. Tara bedeutet sowohl Stern, als auch Retterin. In Tibet wird sie als Mutter aller Buddhas verehrt. Am Bedeutungsvollsten wirkt die Grüne Tara, die als Schützerin vor allen Gefahren verehrt wird; ihre rechte Hand ist in der Geste der Wunschgewährung nach unten gerichtet, die linke Hand zeigt die Geste der Schutzgewährung.
     
    Eine große rotgold schimmernde Seidendecke, die ich mal für furchtbar viel Geld in Berlin in einem nach Räucherstäbchen duftenden esoterischen Laden erstand, breite ich über meinen runden Holztisch aus. Das wirkt nun schon sehr mystisch und geheimnisvoll, so dass ich die große Glaskugel und diverse andere Utensilien zurück in die Kiste lege und in den Keller bringe.
    Nachdenklich lasse ich die mystische Stimmung in meiner Wohnung auf mich wirken. Ganz sicher weiß ich, dass es nur eine vorübergehende Phase in die spirituelle Welt sein wird.
    Keine Tätigkeit für die Ewigkeit. Keine Berufung.
    Ziemlich aufgeregt begrüße ich dann auch bald die kleine Gesellschaft. Nicole und Bernadette drücken mich sogleich recht herzlich, als ob wir uns niemals aus den Augen verloren hätten.
    Distanziert und ernst küsst mir Edith die Wangen und drückt mir ein Buch über Geistheilung in die Hände. Ich bedanke mich und verschweige, dass ich dieses Buch schon vor Jahren gelesen und längst dem Altpapiercontainer anvertraut habe.
     
    Umständlich erklärt mir Edith, was sie dazu bewogen hat, ausgerechnet dieses Buch auszuwählen. Eine Stimme des Engels Abariel, der in magischen Beschwörungszeremonien daherkommt, und als Inschrift auf dem zweiten Mondpentakel auftaucht, hätte ihr durch ein glorreiches Medium geraten, mir genau dieses Buch mitzubringen. Das fängt ja heiter an. Doch ihr komischer Engel ahnt glücklicherweise nichts von meinen Gedanken.
    Mit ausgebreiteten Armen steht Edith vor meiner Wohnungstür und rezitiert weiterhin salbungsvoll. Die ganze Situation nervt mich mehr als dass sie mich belustigt. Ich schiebe Edith in meinen Flur, um Hedwig zu begrüßen.
    Diese faltet die Hände vor ihrer Brust, indem die Daumen das Brustbein berühren und ihr Oberkörper sich vor mir verneigt. Aha, jetzt kommt ein stilechter indischer Gruß. Mir fällt ihr grauer Haaransatz in dem sonst so dunkel gefärbten Haar auf, als sie feierlich spricht:
    „Ich ehre den Ort in dir, in dem das Universum wohnt. Ich ehre den Ort in dir, der voller Liebe, Wahrheit und Frieden ist.“ Während sie noch weiter spricht, schiebe ich sie sanft zu den Anderen in die Wohnung. Namasté.
    „Wenn du an diesem Ort in dir verweilst und ich an diesem Ort in mir, existieren keine Grenzen mehr - und wir sind Eins.“
    Wer sagt, dass ich das möchte?
     
    Möglicherweise sollte ich die durchgeknallte Brut augenblicklich vor die Tür setzen. Ich muss nun endlich entscheiden, ob ich mich wenigstens heute auf das ganze mystische Procedere einlassen kann.
    Die Entscheidung fällt mir noch schwerer, als ich die letzte im Bunde vor mir sehe.
    Wilma, die Geisterbeschwörerin. Fassungslos starre ich auf ihr weißes grobes Leinengewand, die ausgestellten Ärmel, der kordelähnliche Bindegürtel. Sie hat meiner Erinnerung nach eine bombastische Figur und versteckt ihre ganzen Reize unter dem wallenden Stoff. Absolute Verschwendung. Regelrechte Blasphemie. Das würde bei mir niemals vorkommen.
    Ihre Augen sehen glasig und unwirklich aus. Nimmt die Gute Drogen oder sucht sie die Spiritualität bei den Spirituosen?
    Mit zitternder Stimme eröffnet Wilma mir, sie sei nun Sat Hari, dies sei ein spiritueller Name, mitgeteilt von ihren Ahnen, hat irgendetwas mit Mantras zu tun.
    „Gut, dann komm erst mal rein“, beruhige ich sie.
    Im Flur berichtet sie sogleich über den tieferen Sinn ihres neuen Namens und die darin enthaltenen Energien. Die Botschaften wurden gechannelt, samt Nutzungshinweisen.
    Alles klar. So sei es.
     
    Vielleicht wäre es doch einfacher gewesen Hartz IV zu beantragen, schießt es mir durch den Kopf, als die bunte Schar um den mystisch gedeckten Tisch sitzt. Die Kerzenleuchter verbreiten eine Stimmung im Raum, als ob es sich hier um eine Hexenküche handelt.
    Doch auf der Flurkommode liegt der diskret deponierte Umschlag der Damen. Sie sind allesamt gut betucht, da ihre Männer in verantwortungsvollen ehrenhaften Berufen viel Geld verdienen und wenig Zeit und Interesse an ihren Frauen zeigen.
    Als ich zum Tisch trete, verstummen die Frauen. Möglichst gelassen

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