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Die Lebenskünstlerin (German Edition)

Die Lebenskünstlerin (German Edition)

Titel: Die Lebenskünstlerin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ute R. Albrecht
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Einstweilige Verfügung beantragen, so dass er sich nur eine bestimmte Anzahl von Metern nähern darf? Oder hartnäckig bleiben und absolut NICHT reagieren. Ich entscheide mich vorerst für das Letztere.
    Schon einmal hatte ich es mit einem durchgeknallten Mann zu tun. Mein Exmann Eduard, der Vater meiner Kinder. Als ich mich auch aufgrund seines Alkoholproblems trennen wollte, ist er regelrecht durchgeknallt und hat kurzerhand die Bremsen an meinem Auto manipuliert.
    Mit viel Glück konnte ich beim Bergabfahren am Bordstein und dann an einer dichten Hecke abbremsen. Eduards Motto war: Wenn ich dich nicht bekomme, soll dich keiner haben. Er drohte, mir die Kinder wegzunehmen und nachts das Haus anzuzünden. Etliche Schikanen gingen auf sein Beziehungskonto.
    Irgendwann nach einigen Monaten beruhigte er sich wieder und stellte die Aktionen und Boshaftigkeiten ein. Eine schlimme Zeit.
Doch Konrad scheint mir ja nicht eindeutig nach dem Leben zu trachten. Immerhin, beruhige ich mich.
    Ein geordnetes Leben mit einer normalen Beziehung, das wäre mein Traum. Aber ich bin dafür nun mal nicht geschaffen.
     
    Valentina behauptet, dass ich das ganze Ausmaß meiner Kindheitserlebnisse in Bezug auf mein jetziges Leben noch gar nicht erfassen würde. Sie stellt für mich das Maß des Normalen dar. An ihrem Verhalten und an ihren Reaktionen erkenne ich, was die Vergangenheit bei mir bewirkt hat.
    Schließlich bin ich im Chaos aufgewachsen, habe mein Weltbild größtenteils aus Büchern und aus dem Fernsehen. Der Blick für das sogenannte Normale fehlt mir augenscheinlich, deswegen ziehe ich auch chaotische Beziehungen und Umstände in mein Leben.
    Es ist besser für mich, alleine zu leben. Oder bin ich nur zu feige, mich ehrlich mit diesem Thema auseinander zu setzen?
    Freilich habe ich Angst vor wirklicher Nähe. Denn in meinem Leben gab es immer mal wieder einen netten Kerl, der sich für mich interessierte. Aber mir erschien diese Sorte Männer bisher immer als zu langweilig. Möglicherweise hätten sich gerade aus diesen Begegnungen gesunde und normale Beziehungen entwickelt.
    Zwei Tage verkrieche ich mich in meiner Wohnung und lasse den Kummer zu, schreibe Tagebuch, lese etliche Selbsthilfebücher und mache mir von Zeit zu Zeit eine Bettflasche, um den körperlichen Schmerz zu lindern. Und es hilft. Anscheinend gehe ich durch eine Heilkrise, die nun hoffentlich recht bald zu Ende geht.
     
    Was geht mich dieser Konrad an, dieser emotionale Neandertaler, soll er doch Päckchen schnüren und Briefe schreiben und rumlungern bis er schwarz wird. Das ganze Drama hat mich nur von meinem eigenen Trauma abgelenkt.
    Wieso schäme ich mich, dass ich im Moment keinen Job habe? Irgendwann wird es schon wieder klappen, bis dahin kann ich die Zeit für meine Weiterentwicklung nutzen.
    Ich habe zwei großartige und wunderbare Söhne liebevoll bis ins Erwachsenenalter begleitet, die mich schätzen und lieben. Das ist doch eine ganze Menge. Außerdem habe ich eine schuldenfreie Eigentumswohnung, die zudem noch frisch renoviert und originell und gemütlich eingerichtet ist. Dafür kann ich dankbar sein.
    Dankbarkeit statt Selbstmitleid, das scheint mir zu helfen. Ich sitze nicht in einer Psychiatrie mit aufgeritzten Armen und starrem Blick, ich bin gesund und am Leben. Bisschen neurotisch vielleicht, aber nicht psychisch krank, das grenzt an ein Wunder, so jedenfalls meine Therapeutin. Bestimmt hat sie Recht damit, es hätte für mich auch anders ausgehen können.
     
    Immerhin kann ich auf ein intensiv gelebtes Leben zurückblicken. Es heißt doch, die Seele will Erfahrungen.
    Nun, die konnte sie voll und ganz bei mir sammeln. So habe ich das noch nie gesehen. Ich könnte das ganze Drama kreativ zum Ausdruck bringen, oder Teile davon, bevor es zuviel wird.
    Ich bin Mutter, war mehrmals verlobt, einmal verheiratet, bin geschieden, habe es als Lesbierin versucht, habe getanzt, hatte Sex, habe gekotzt, geweint, gelacht, geschrieen, habe die Leiche meiner Mutter mit Rosenblättern bestreut, meinen Bruder beerdigt und Freundschaften gepflegt.
    Ich war verzweifelt, euphorisch, angefüllt mit Schmerz, müde, voller Leben und Ideen und Hoffnungen, traurig, zufrieden, kenne den Herzschmerz in allen Variationen, weiß um meine Ängste, entdecke Momente voller Glück. Kenne Träume, Enttäuschungen, Vergebung, Bereitschaft, Ausdauer. Ich habe Geister gerufen und gependelt, gemalt und zerstört, sogar in einer Garage habe ich gewohnt - ein voll

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