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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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verlassen, ihre widerstreitenden Gefühle dem edlen Spender gegenüber verwirrten sie zutiefst.

40
    Als Benedicta in die Torgasse zurückkehrte, war
    Anselm noch nicht wieder zurück.
    Agnes packte juchzend die köstlichen Gewürze aus und konnte sich gar nicht mehr beruhigen, so sehr begeisterten sie die Schätze, die Benedicta aus dem Haus des Gewürzhändlers Berthold von Ehrenreit mitgebracht hatte. Dann stutzte sie plötzlich.
    »Und das hat er dir alles freiwillig mitgegeben? Du musstest ihm doch nichts versprechen oder zahlen?«
    »Doch, ich musste ihm hoch und heilig versprechen, ihm Lebkuchen mitzubringen, wenn ich neue Gewürze hole.«
    »Das ist alles?«, fragte Agnes zweifelnd. »Und warum strahlen deine Augen so? Erst verliebst du dich in den einen Bruder und kaum, dass er tot ist, in den anderen …«
    »Das ist gemein von dir!«, fauchte Benedicta.
    »Ich habe doch nur Sorge, dass er dich von hier fortholt«, erklärte Agnes entschuldigend.
    »Niemals werde ich mit ihm gehen!«, erwiderte Benedicta mit schneidender Stimme. »Ich gehöre zu euch. Komm, lass uns in die Backstube gehen und alles vorbereiten, dann können wir schon bald Lebkuchen auf dem Markt feilbieten.«
    Auf dem Backtisch breiteten sie alle ihre Köstlichkeiten aus, um sie zu bewundern. Gieselbert staunte nicht schlecht. Solche edlen Gewürze in diesen Mengen hatte er nie zuvor gesehen, und begierig schnupperte er daran.
    Benedicta und Agnes stellten derweil die restlichen Zutaten bereit. Sie wollten gerade anfangen, das Weißmehl in einen Trog zu schütten, als Anselm nach Hause kam. Er blickte düster drein.
    Stumm fiel sein Blick auf die teuren Gewürze, die auf dem Tisch bereitstanden, doch er verzog keine Miene.
    »Haben sie dir das Meisterstück nicht abgenommen?«, fragte Agnes erschrocken.
    »Doch, das haben sie. Ich habe selten ein solches Geschmatze erlebt. Sie waren hingerissen vom würzigen Geschmack Eurer Lebkuchen …«
    »Ja, und warum schaust du dann so sauertöpfisch drein? Hat Meister Burchard dir übel mitgespielt?«
    Anselm schüttelte den Kopf. »Nein, er hat sich krankgemeldet, sich zuvor aber eindeutig dafür ausgesprochen, dass ich das Backhaus übernehme.«
    Agnes wurde ungeduldig. »Ja, muss ich dir denn jedes Wort aus der Nase ziehen? Was ist geschehen? Nachdem du jetzt Meister bist und wir alle Zutaten beisammen haben, gibt es doch nur noch Grund zum Jubeln.«
    »Ihr dürft die Lebkuchen nicht backen.«
    »Was sagst du da?«, fragten Benedicta und Agnes erschrocken wie aus einem Mund.
    Anselm stöhnte schwer. »Es gibt eine neue Verordnung der Zunft, die bei Strafe einzuhalten ist. Wir Schwarzbäcker dürfen kein Weißmehl mehr benutzen.«
    »Aber, das ist doch nicht möglich! Das können sie doch nicht einfach so bestimmen.«
    »Doch, sie können. So ist es den Weißbäckern nicht erlaubt, Roggenmehl zu nehmen. Auf diese Weise will man den ständigen Streitereien zwischen Weiß- und Schwarzbäckern Einhalt gebieten.«
    Agnes standen die Tränen in den Augen. Benedicta warf einen traurigen Blick auf die Zutaten, die sie nun nicht mehr verarbeiten konnten, denn eines war sicher: Mit Roggenmehl ließen sich keine köstlichen Lebkuchen backen.
    »Vielleicht könnte man Nüsse nehmen«, mischte Gieselbert sich plötzlich schüchtern ein.
    Die Frauen sahen ihn zweifelnd an. »Mit Nüssen kann man doch nicht backen.« Abschätzig tat Agnes den Vorschlag ab.
    »Nicht mit den ganzen Haselnüssen, sondern …«
    »Das ist Unsinn!«, schimpfte Agnes.
    »Lass ihn doch erst einmal ausreden! Wie kommst du auf Nüsse?«, fragte Benedicta voller Aufmerksamkeit.
    »Meine Mutter wollte an einem Feiertag süßes Brot für uns backen, aber Vater hatte kein Weißmehl. Da behalf sie sich mit Nüssen. Sie zermahlte sie so lange, bis Mehl daraus wurde. Es war nicht ganz so fein wie Weißmehl, aber der Geschmack war vorzüglich.«
    »Mehl aus Haselnüssen«, dachte Anselm laut.
    Doch Benedicta klatschte freudig in die Hände. »Es hat dir keiner verboten, Nussmehl zu nehmen. Also lasst es uns versuchen! Gieselbert, eil du zum Obstmarkt und bring reichlich Haselnüsse mit!«
    Seufzend griff Anselm in seinen Geldbeutel und reichte Gieselbert ein paar Pfennige.
    »Wenn wir mit dem Nussmehl wirklich backen können, dann hast du dir eine Belohnung verdient«, versprach ihm Benedicta und befahl ihm, sich zu sputen.
    Unterdessen berichtete Anselm in allen Einzelheiten von seiner Meisterprüfung. Die Herren seien schier begeistert

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