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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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hierher. Ich gehe jetzt zu ihr hinüber und lenke sie ab. Und du gibst Fersengeld. Verstanden?«
    Es dauerte einen kleinen Augenblick, bis Benedicta wieder klar denken konnte. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie Conrat sich neben seine Mutter stellte und sie offenbar in ein Gespräch über die Waren am Stand verwickelte. Mit pochendem Herzen schlich sich Benedicta davon.
    Wortlos begleitete Gieselbert sie. »Ich werde dich beschützen, wer dir auch immer etwas antun will«, erklärte er im Brustton der Überzeugung.
    Erleichtert atmete Benedicta auf, als sie die Tür des Bäckerhauses hinter sich zuzog. Mit letzter Kraft bat sie Gieselbert, Anselm in der Backstube zu helfen. Er sollte sie nicht weinen sehen. Doch kaum stand sie in der Diele, überfielen sie Angst und Traurigkeit mit einer Heftigkeit, die sie erzittern ließ. Sie bebte am ganzen Körper, ließ die Tränen fließen und schluchzte leise vor sich hin. Anselm und Gieselbert sollten es nicht hören. Denn eines war klar: Im Haus von Anselm Heller war sie fortan nicht mehr sicher. Und auch in der Stadt Nürnberg konnte sie nicht mehr lange bleiben. Das hieß über kurz oder lang, Abschied zu nehmen, ob sie wollte oder nicht.
    Erst als sich eine Hand tröstend auf ihre Schulter legte, bemerkte sie, dass Anselm aus der Backstube gekommen war.
    »Anselm, sie sind mir auf den Fersen«, schluchzte sie jetzt laut heraus.
    »Wer? Hat es mit dem jungen Herrn etwas zu tun?«
    »Welchem jungen Herrn?«
    »Dann hatte er also recht. Vorhin war ein vornehmer Patrizier hier und fragte nach einer Benedicta. Ich sagte ihm, dass in meinem Haus keine Frauen leben. Er war ganz aufgeregt und behauptete, es sei dringend. Dir drohe Gefahr. Aber ich habe dich nicht verraten.«
    »Wie sah er aus?«, fragte sie. Dabei ahnte sie bereits, wer sich auf die Suche nach ihr gemacht hatte.
    »Er war groß, stattlich, hatte blondes Haar, ein kantiges Gesicht …«
    »Das war der Gewürzhändler, der nach mir suchte, aber das nutzt mir nun auch nichts mehr. In seinem Haus fände man mich allemal. Ich brächte ihn nur unnötig in Gefahr. Anselm, ich muss auch dieses Haus bald verlassen.«
    »Aber Leon braucht dich doch, und wohin willst du überhaupt?«
    »Ich werde mich vorerst im Haus verstecken und nicht mehr auf den Markt gehen. Und eines Tages, Anselm, werde ich einfach fort sein. Ich werde es hier spüren, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist.« Und sie deutete auf ihren Bauch.
    Anselm lächelte schief. »Hat Agnes dir den Mühlstein hinterlassen?«
    Benedicta nickte. Wenn er wüsste, wie schwer der Stein schon in mir lastet!, dachte sie. Ja, sie würde sich eines nicht allzu fernen Tages ohne Abschied fortschleichen …
    Anselm kämpfte offenbar selbst gegen die Tränen an, doch dann bat er sie zu warten. Nach einer Weile kehrte er mit einem Beutel voller Geldstücke zurück und reichte ihn ihr.
    »Das hast du dir verdient. Ich habe es die ganze Zeit für dich zurückgelegt für den Fall, dass du es einmal brauchst.«
    Benedicta zögerte nicht, den Beutel entgegenzunehmen. Sie hatte keine andere Wahl. »Ich werde mich rasch noch von Alisa, der Tochter des Fechtmeisters, verabschieden. Sie ist mir doch sehr ans Herz gewachsen. Aber nicht ohne mein Haupt zu verhüllen«, erklärte sie mit belegter Stimme. »Und heute Abend bereite ich uns ein köstliches Mahl zu.«
    Dann wandte sie sich hastig ab und stieg zu ihrer Kammer hinauf. Anselm hatte ihr die Kleidungsstücke der verstorbenen Freundin gegeben, aber sie hätte es niemals übers Herz gebracht, eines davon zu tragen, doch nun nahm sie mit zitternden Händen Agnes’ Gebände an sich.
    Ach, liebe Freundin, wenn du mich doch nur beschützen würdest von da oben, dachte Benedicta wehmütig und verließ das Haus als verheiratete Frau.

50
    Alisa schien völlig außer sich, als sie Benedicta die Tür öffnete. Sie stutzte zwar kurz beim Anblick des Gebändes, aber sie fragte nicht einmal danach. Benedicta wickelte es sich wortlos vom Kopf.
    »Komm schnell ins Haus! Stell dir vor, er ist wieder da, er ist völlig erschöpft, aber er lebt, er …«, stammelte die Tochter des Fechtmeisters aufgeregt. »Du kommst wie gerufen. Ich will ihm gerade ein Mahl zubereiten. Solange könntest du an seinem Bett wachen.«
    Alisa redete wie ein Wasserfall, ihre Wangen waren gerötet, und sie fuchtelte wild mit den Armen. Benedicta hatte vor lauter Verwunderung über Alisas seltsames Benehmen gar nicht auf ihre Worte geachtet.
    »Er lebt! Er

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