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Die Lebküchnerin

Die Lebküchnerin

Titel: Die Lebküchnerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Schrödter
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zurück.
    Benedicta lachte. »Wenn ihr alle davon kostet, bleibt nichts mehr zum Backen übrig.« Sie deutete auf Theresa. »Komm, du sollst probieren und mir sagen, ob du bereust, den verbotenen Zucker aus dem Schrank genommen zu haben.«
    Theresa strahlte über das ganze Gesicht, als sie einen Finger in den Teig tauchte und ihn genüsslich ableckte.
    »Ich bereue nichts. Es schmeckt himmlisch!«, rief sie entzückt aus.
    »Gut, dann lasst uns den Teig kneten und Lebkuchen daraus backen. Und wenn sie dann so köstlich munden wie der Teig, dann schafft ihr weitere Zutaten herbei, aber vorher soll Agnes kosten.«
    Die Köchin bohrte einen Finger in den Teig und schleckte ihn gierig ab.
    »Wunderbar!«, stöhnte sie und nickte ihrer Freundin aufmunternd zu. »Worauf wartet ihr noch?«, rief sie den Küchenmädchen zu und trieb sie zur Arbeit an. Doch plötzlich zögerte sie. »Haltet ein!«
    Verwirrt blickte Benedicta die Köchin an, doch diese hob mahnend den Finger in die Höhe. »Eier!«, befahl sie. »Wir haben die Eier vergessen.«
    Da fiel es Benedicta wieder ein. Letztes Mal hatten sie tatsächlich zum Schluss noch Eier dazugegeben. Sofort schickte sie eine Magd in den Keller, welche zu holen.
    »Wie schön, dass du daran gedacht hast!«, rief Benedicta der Freundin zu und umarmte sie überschwänglich. Wie hatte sie das bloß vergessen können, nachdem sie beim letzten Mal versehentlich ein schwarzes Ei in den Teig gerührt und damit erst einmal alles verdorben hatten?
    »Erinnerst du dich noch, wie das gestunken hat?«, fragte sie Agnes.
    Die nickte und hielt sich mit übertriebener Geste die Nase zu. »Ganz entsetzlich gestunken«, bestätigte sie.
    Als das Mädchen mit dem Korb voller Eier zurückehrte, seufzte Benedicta. »Schade, dass wir es von außen nicht erkennen können, welche Eier stinken.«
    »Von außen nicht«, bestätigte Agnes lächelnd. »Trotzdem lässt sich verhindern, dass der ganze Teig verdirbt. Das habe ich inzwischen gelernt.«
    Agnes gab einigen der Mädchen die Anweisung, das Eigelb von dem Weißen zu trennen, wobei diese sich recht geschickt anstellten.
    Als Benedicta in die Schüssel mit der hellen Flüssigkeit der Eiweiße blickte, klatschte sie vor Entzücken in die Hände. Doch in dem Gefäß mit dem Eigelb schwamm tatsächlich ein stinkendes dunkles Ei, und sie rümpfte die Nase.
    Agnes roch an der Schüssel mit dem Eiweiß. Da stank gar nichts. »Wenn ich im Gelb ein verdorbenes Ei finde, dann nehme ich zum Kochen stets nur das Helle und schlage es ein wenig auf. Dann wird es herrlich weiß und verleiht der Speise einen ganz besonderen Geschmack«, erklärte sie der Freundin.
    Benedicta beobachtete alles mit höchster Aufmerksamkeit. »Worauf wartet ihr noch?«, rief sie tatendurstig. »Rührt allein das Weiße noch ein wenig durch, und dann hinein damit in den Teig!«
    Als Benedicta das Eiweiß unter den Teig knetete, wurde er so geschmeidig, dass es eine wahre Freude war. Auch Agnes griff in den Teig, um dessen Festigkeit zu überprüfen.
    »Das Gelbe macht den Teig schwer, das Weiße macht ihn leicht«, frohlockte sie. »Wir werden nur noch das Weiße nehmen.«
    Vor Freude hüpfte Benedicta durch die Küche. »Und nun formen wir Lebkuchen daraus, die wirklich munden. Aber erst einmal backen wir nur zwanzig Küchlein und warten ab, was aus dem Ofen kommt.«
    Agnes lächelte beseelt. Auch sie hegte keinen Zweifel daran, dass ihnen die Lebkuchen mindestens so gut gelingen würden wie beim letzten Mal.
    Fleißige Hände formten aus dem weichen Teig eckige flache Kuchen und legten sie sorgfältig in den Ofen. Nun hieß es nur noch anheizen und abwarten.
    Als Benedicta nach einer kleinen Ewigkeit einen Blick in den Ofen warf, erstarrte sie. Wo sie vorhin wohlgeformte Küchlein in den Ofen geschoben hatten, fand sie nun nach allen Seiten zerlaufene Fladen vor. Teilweise war der Teig ineinander- und übereinandergeflossen. Der ganze Ofen war ein einziger formloser Lebkuchen, der überdies festklebte, auch wenn er köstlich duftete. Erhitzt entfaltete sich das Aroma der Gewürze zur vollen Blüte.
    Benedicta schaffte es, ein kleines Stück von dem Lebkuchen aus dem Ofen zu kratzen. Seufzend steckte sie es in den Mund und verdrehte beim ersten Bissen vor Entzücken die Augen.
    »Es mundet!«, rief sie aus, doch sogleich verfinsterte sich ihre Miene. »Aber was nützt uns der Geschmack, wenn der Teig zerläuft und im Ofen kleben bleibt? So können wir sie jedenfalls niemandem

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