Die Lebküchnerin
schon gut«, lachte Benedicta. »Mäßigt euch und esst den Schwestern nicht die Fastenspeise weg! Nun werden wir die Aufgaben verteilen, bevor wir uns an die richtige Arbeit machen, denn morgen kommt ein Reiter aus Nürnberg, um die Lebkuchen für die Mönche und die Schwestern zu holen. Wir müssen also heute noch einmal so viele herstellen, wie wir sie den Schweinen zum Fressen gegeben haben …«
Da hob Theresa eifrig den Finger. »Ehrwürdige Schwester, ich glaube kaum, dass der Vorrat an Kardamom und Zimt genügt, um einen solchen Berg von Lebkuchen zu backen, wie die Priorin es uns befohlen hat.«
»O je, dass uns die Gewürze ausgehen könnten, habe ich nicht bedacht«, seufzte Benedicta und warf der Köchin einen fragenden Blick zu.
»Der Gewürzhändler kommt in den nächsten Tagen mit Nachschub, aber das kann für unseren Plan zu spät sein.« Agnes runzelte die Stirn, überlegte und wandte sich schließlich an Benedicta. »Vielleicht hat mein Bäcker derlei Gewürze.«
»Was soll ein Bäcker mit den Gewürzen des Orients, wenn er doch schwarzes Brot backt?«, gab Benedicta zweifelnd zurück.
»Anselm hat mich auf dem Markt zu einem Stand mitgenommen. Der Händler hielt ganz köstliche Gewürze feil. Anselm schien ihn gut zu kennen und sagte, dass ich später, wenn ich erst seine Frau bin, auf dem Markt einkaufen kann, wonach mir der Sinn steht«, ergänzte Agnes verschämt.
»Dann nichts wie hin zu deinem Bäcker!«, rief Benedicta übermütig und lachte über das empörte Gesicht der Freundin. Dann fügte sie ernst hinzu: »Nein, du kannst sicher nicht zu ihm gehen, bevor er um deine Hand angehalten hat, aber ihn über einen Boten um einen Gefallen bitten, das kannst du wohl.«
»Über welchen Boten?«, erwiderte Agnes unschlüssig.
»Wir beauftragen den Abgesandten des Nürnberger Klosters, den Bäcker um die nötigen Gewürze zu bitten. Der Bote soll sie uns sogleich bringen. Dann haben wir schon übermorgen alles, was wir brauchen. Und heute kommen wir mit den Vorräten aus, die wir noch haben. Aber nun lass mich überlegen, in welchem Verhältnis ich die Zutaten in den Trog gerührt habe.«
Benedicta legte die Stirn in Falten, und nachdem sie die fertigen Lebkuchen gezählt hatte, dachte sie scharf nach. Dreiunddreißig der köstlichsten Lebkuchen lagen noch auf dem Tisch. Bisher hatte jedes Küchenmädchen höchstens zwei der Gebäckstücke gegessen, Agnes und sie je eins.
Benedicta rechnete. Wenn sie für vierzig Lebkuchen diese Menge an Zutaten gebraucht hatte, wie viel benötigte sie dann für hundert? Denn genau hundert Stück wollte der Abgesandte des Klosters morgen abholen. Ein paar mehr musste sie wohl herstellen, damit die Schwestern in Engelthal auch am morgigen Tag etwas zum Essen hatten. Und morgen im Laufe des Tages würden sie sich auch daranmachen, den Vorrat für Engelthal zu backen. Übermorgen dann würde, wenn alles nach Plan ging, auch der Nachschub an Gewürzen eintreffen.
Und wenn wir dem Boten sagen, es geschieht alles auf Befehl der Priorin, dann kann es nur gelingen, dachte Benedicta befriedigt und rieb sich die Hände.
Das alles bedeutete zwar noch ungemein viel Arbeit, aber trotzdem war sie erfüllt von dem Gedanken, dass sie den Gaumen der Nonnen und Mönche bald mit dem Geschmack ihrer Lebkuchen kitzeln würde. Das erzeugte ein völlig anderes Gefühl in ihr, als wenn sie auf dem Boden kniete und den Herrn anrief. Insgeheim hoffte sie, der Herr werde diese Art von Mühe genauso würdigen wie stundenlanges Beten.
Zur achten Nachtstunde brachte Theresa die Lebkuchen zum Speisesaal der Schwestern. In der Küche herrschte große Aufregung. Was würden sie sagen? Wie würden sie diese Köstlichkeit aufnehmen?
Kaum war Theresa zurückgekehrt, wurde sie mit neugierigen Fragen bedrängt, und sie schilderte haargenau, wie überrascht die Schwestern gewesen waren, als sie in die süße Köstlichkeit gebissen hatten. Schwester Walburga habe immer nur geseufzt: »Ein Geschenk des Himmels, ein Geschenk des Himmels!«
»Und dann?«, fragte Agnes gespannt.
»Dann musste ich fort, sonst wäre aufgefallen, wie ich den Schwestern auf Mund und Augen starrte«, erwiderte Theresa artig.
Benedicta strahlte, als sie hörte, wie gut ihr Backwerk angekommen war. Mit Feuereifer machte sie sich daran, die Zutaten erneut zusammenzuschütten. Mittels der warmen, flüssigen Masse aus Honig und Zucker, vermischt mit dem Eiweiß, gelang es ihr tatsächlich, im größten aller Tröge
Weitere Kostenlose Bücher