Die Lebküchnerin
siehst mir ganz aus wie eine Kindsmörderin.« Er fasste ihr um die Hüften. Benedicta schrie auf.
»Lochwirt, nimm die Finger weg!«, herrschte ihn der junge Wärter an. »Sie ist eine anständige junge Frau, die nur ihren Vater bis zur Zelle begleitet.« Er blickte Benedicta freundlich an und fragte: »Soll ich lieber mitkommen?«
»Gern«, hauchte sie.
»Der Lochwirt spielt sich gern ein wenig auf, weil er die Zellen verteilt und den Gefangenen den Fraß vorsetzt«, erklärte ihr der Wärter flüsternd, während sie eine weitere Treppe hinabstiegen.
Es wurde immer dunkler, und es stank bestialisch nach menschlichem Unrat. Jetzt konnte sie auch die Gefangenen hören. Es war ein Gestöhn und Gejammer, ein Geheul und Geschrei. So hatte sich Benedicta einst das Fegefeuer vorgestellt. Sie atmete auf, als der Lochwirt gleich vor einer der ersten Zellen haltmachte.
»Du bist doch der Bäcker?«, fragte er Crippin. Der nickte.
»Gut, dann bleib hier, denn du wirst nur wenige Tage bleiben. Bis das Urteil in der Stadt verkündet ist.« Er lachte. »Das lasse ich mir nicht entgehen. Schade nur, dass sie bei uns keine Jauche nehmen. Ich habe mir sagen lassen, dass es ein köstlicher Anblick ist, wenn sie …«
»Lochwirt, lass sein!«, mahnte der junge Wärter, und der Lochwirt verstummte mit grimmiger Miene. Crippin sank erschöpft auf die hölzerne Pritsche. Benedicta wollte dieser Anblick schier das Herz zerreißen. Sie eilte zu ihm und nahm ihn in den Arm.
»Ich hole Hilfe«, versprach sie unter Tränen. Crippin versuchte zu lächeln, aber es gelang ihm nicht.
Völlig verstört folgte Benedicta den beiden Männern zurück bis zur Behausung des Lochwirts. Als ihr abermals der grausige Gestank nach Essensabfällen und Ausscheidungen jeglicher Art in die Nase stieg, würgte sie laut, schaffte es aber, sich nicht zu erbrechen.
»Das war das letzte Mal, dass ich Weibern den Zutritt erlaube«, knurrte der Lochwirt.
»Komm, ich glaube, du brauchst frische Luft«, bemerkte der Wärter fürsorglich.
Benedicta folgte ihm blind durch die düsteren Gänge. So ging es eine ganze Weile, bis sie stutzig wurde. Der Hinweg war ihr wesentlich kürzer vorgekommen. Unvermittelt blieb sie stehen. Der Wärter drehte sich um und drückte sie ohne Vorwarnung gegen die muffige Mauer. Sie wollte schreien, doch da hatte er ihr schon die Hand auf den Mund gepresst.
»Du willst doch nicht undankbar sein. Nach allem, was ich für dich getan habe«, zischte er. »Ich nehme jetzt meine Hand weg, und wenn du schön brav bist, dann wird es dein Vater gut hier haben. Wenn du dich zierst, nicht ganz so gut. Und wenn du schreist, dann wird er morgen auf dem Weg nach oben zum Stadtgericht gar die Treppen hinunterstolpern. Ein bedauerlicher Unglücksfall.«
Er nahm die Hand von ihrem Mund und nestelte an seinen Beinkleidern herum, bis seine Bruche zu Boden glitt und er ihr den bloßen Unterleib entgegenstreckte. Ihr Schrecken angesichts dessen, was sie da vor sich sah, hielt sich in Grenzen. Es sah so aus wie bei dem Klosterknecht. Nur größer.
»Schau mich nicht so verängstigt an! Ich mag dich. Darum werde ich dir auch nicht deine Jungfernschaft nehmen«, säuselte er, während er ihre Hand nahm und sie fordernd an sein Geschlecht presste.
»Los, fass es an und reib es sanft – und dann, wenn ich es dir sage, immer härter. Hörst du?«
Benedicta wurde erneut übel. In ihrem Kopf arbeitete es fieberhaft. Am liebsten hätte sie laut geschrien und dem Mann einen Tritt versetzt. Und zwar dorthin, wo sie Hand anlegen sollte.
»Hörst du schlecht, Mädchen? Ich sagte, anfassen …« Er stieß ihre Hand weg und machte es ihr vor. Dabei stöhnte er und verdrehte die Augen, doch dann hörte er unvermittelt auf.
»Und nun du!«
Benedicta dachte fieberhaft nach. Was konnte sie nur tun, damit ihr das erspart blieb und der Wärter seinen Ärger nicht an Crippin ausließ? Plötzlich hatte sie einen Einfall. Sie dachte an den Klostergärtner, der eines Tages fortgewesen und niemals zurückgekehrt war. Bei einer Messe in der Kirche hatten sie ihn verabschiedet. Und im Kloster war über nichts anderes gesprochen worden als über diese tödlichen Flecken.
»Ich weiß nicht, ob ich es dir antun darf«, flötete sie und blickte den Wärter treuherzig an.
»Mädchen, nun mach doch endlich! Ich habe nicht ewig Zeit«, knurrte er, und seine Männlichkeit schrumpfte gleich wieder ein wenig.
»Ich täte es ja, wenn ich nicht gerade diese roten Flecken an
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